Vor drei Wochen berichtete ich in diesem Blog über eine groß angelegte Polizeiaktion in Gütersloh, die unter anderem zum Ziel hatte, Gehwegradler und Linksfahrer auf ihr Fehlverhalten aufmerksam zu machen. Prinzipiell ist das gut und richtig, denn Radfahrer sollten in erster Linie die Fahrbahn benutzen. Unter anderem wurden bei der Polizeiaktion aber auch dort Verwarngelder verhängt, wo Radfahrer gar nicht zweifelsfrei ihr Fehlverhalten erkennen konnten.
Während sich die verantwortliche Kreispolizeibehörde inkl. des Behördenleiters Sven-Georg Adendauer recht bedeckt halten und auf die Anfrage des ADFC Gütersloh nur reagierten, indem sie eine Prüfung zusagten, hält die Stadt Gütersloh die Kontrollen für gerechtfertigt und sieht kein Versäumnis der Stadt:
„Nur durch eine rote Pflasterung wird ein Gehweg nicht “automatisch” zum Radweg. Der (rote) Radweg entlang der Straße Unter den Ulmen wird hochbordig neben dem (grauen) Gehweg geführt. Höhe Bibliothek wird der Radweg dann gut erkennbar auf die Fahrbahn der Blessenstätte geführt. Die Annahme, nur weil der Sonderweg um die Bibliothek herum “rot” ist, sei das ein Radweg, ist doch wohl nicht nachvollziehbar. Die Polizei hat hier völlig zu Recht kontrolliert. […] Die Straßenverkehrsbehörden sind verpflichtet, Schilder abzubauen. Dadurch soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Aufmerksamkeit und das Verantwortungsbewußtsein eines jeden Verkehrsteilnehmers gestärkt werden. Es wäre wohl kontraproduktiv, jetzt wieder Gehwegschilder aufzustellen. In Absprache mit der Bezirksregierung und dem Kreis Gütersloh werden Gehwege, für die zusätzlich ein Benutzungsrecht für Radfahrer eingeräumt werden soll, aktuell nur noch durch Piktogramme gekennzeichnet. Also ist es doch unzweifelhaft, dass ein Gehweg – ohne Verkehrszeichen oder Piktogramm – nur von Fußgängern genutzt werden darf.“
Auf den Einwand des ADFC, dass es in Gütersloh zahlreiche weitere rot gepflasterte Seitenanlagen gibt, die eindeutig für den Radverkehr vorgesehen sind, jedoch in keinster Weise durch Markierungen oder Schilder gekennzeichnet sind, wird nicht eingegangen. So sei hier einmal das Beispiel Grenzweg aufgeführt, der in Höhe des Nordrings mit einer einheitlich rot gepflasterten Seitenanlage – ähnlich wie an der Stadtbibliothek – beginnt. Hier könnte man ja vielleicht noch denken: Das ist ein reiner Gehweg!
Spätestens jedoch an der Einmündung Ohlbrocksweg wird klar, dass die Stadt auf dieser Seitenanlage auch Radverkehr zulassen möchte, denn es existiert eine Radfahrerfurt!
Am Ende des Sonderwegs gibt es sogar eine Führung des Radverkehrs auf die Fahrbahn.
All dies erkennt der Radfahrer jedoch nicht zu Beginn der Seitenanlage. Es gibt dort keine Markierungen und keine Schilder. Hiermit ist die Aussage der Stadt Gütersloh widerlegt, dass ein einheitlich rot eingefärbter Sonderweg „- ohne Verkehrszeichen oder Piktogramm – nur von Fußgängern genutzt werden darf.“
Hier eine mangelnde Aufmerksamkeit und mangelndes Verantwortungsbewusstsein der Verkehrsteilnehmer zu unterstellen, ist dreist. Die Ausweisung von Radfahrerflächen in der Stadt Gütersloh ist wie in wahrscheinlich den meisten anderen Städten in Deutschland an Inkonsistenz nicht zu übertreffen. Dies hat neben dem finanziellen Aspekt – der unberechtigten oder zumindest zweifelhaften Verhängung von Verwarngeldern – im Falle eines Unfalls auch privatrechtliche Konsequenzen. Egal wie sich ein Radfahrer verhält, wenn eine Fläche nicht eindeutig als Radverkehrsfläche oder Gehwegfläche erkennbar ist, kann dies im Zweifelsfall zu seinen Ungunsten ausgelegt werden. Der ADFC Gütersloh fordert die Stadt Gütersloh daher auf, endlich für klare Verhältnisse zu sorgen und wird auch übergeordnete Behörden einschalten.
Die Antwort der Stadt Gütersloh ist schon recht merkwürdig. Ich bin ortsunkundig, aber auf dem Foto der Kreuzung vor der Bibliothek kann ich keine Führung für Rechtsabbieger auf die Fahrbahn erkennen. Lasst euch die doch mal zeigen. Beim Beispiel Grenzweg würde ich hingegen vermuten, dass dort Radfahren unzulässig ist. Das solltet ihr bei eurer Straßenverkehrsbehörde offiziell erfragen. Die Straßenmarkierungen können Reste eines früheren Radweges dort sein und entfalten selbst keine verkehrsrechtliche Wirkung.
Bei dem Beispiel Grenzweg ist eigentlich nur klar, dass es kein benutzungspflichtiger Radweg sein kann, weil es sich um eine Tempo-30-Zone handelt. Denkbar wäre in der Tat, dass es dort irgendwann einmal einen gemeinsamen Geh- und Radweg gegeben hat, der dann an der gezeigten Stelle endete. Ansonsten ist da vieles unklar – außer vielleicht, dass man wie stets auch dort gut daran tut, einfach auf der Fahrbahn zu fahren.
kann ein landwirtschaftlicher weg für (anliegerfrei) für radfahrer favorisiert sein