Toter Winkel – tote Radfahrer

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BlackSpotMirror Foto: CitroenAZU http://www.flickr.com/photos/citroen250/626942880

Der riesige Bereich im toten Winkel ihrer Außenspiegel ist für LKW-Fahrer, die an Ampeln rechts abbiegen wollen, ein kaum beherrschbares Problem.
Die Folge sind Unfälle mit Radfahrern, die sich an der Ampel neben dem LKW befunden haben – oft mit tödlichem Ausgang.

Neben technischen Lösungen mit zusätzlichen Spiegeln, Kameras und Sensoren an den LKW selbst werden auch an den Ampelmasten installierte Spiegel getestet.

Solche Spiegel sind relativ preisgünstig und schnell und einfach anzubringen. Die technische Aufrüstung aller im Verkehr befindlichen LKW und Busse mit geeigneten Systemen steht dagegen in den Sternen.

Die Fahrradstadt Freiburg hat schon vor Jahren damit begonnen, Ampelanlagen mit Spiegeln auszustatten. Der TRIXI-Spiegel wurde vom Vater eines 1994 an einer Kreuzung schwer verunglückten Kindes entwickelt und nach seiner Tochter benannt.

Auf Initiative des Round Table 25 und mit Unterstützung des Lions-Clubs wurden seit 2007 an 160 Kreuzungen in Freiburg solche Spiegel installiert. Der Nutzen der Spiegel wird in einem begleitenden Forschungsprojekt der TU Karlsruhe untersucht.

Das vorläufige Ergebnis:

  • Fast 90 Prozent der befragten LKW- und Busfahrer beurteilen Trixi Spiegel als hilfreich.
  • Der Trixi-Spiegel kann zwar vor dem Abbiegevorgang helfen, aus der Fahrt heraus und beim Abbiegevorgang selbst verschafft er dem Fahrzeugführer keine zusätzliche Sicht.

Auch an 25 Kreuzungen in Krefeld wurde der knapp 200 € teure TRIXI-Spiegel installiert. Obwohl an der Ampel ein Spiegel angebracht war, wurde in Krefeld im Januar 2013 ein 74 Jahre alter Radfahrer bei einer Kollision mit einem abbiegenden Lkw getötet.

Zum TRIXI-Spiegel:
http://toter-winkel.hcpy.de/7_0.html
http://www.bauing.uni-kl.de/imove/forschung/trixi1/
Pressemitteilung Projektbericht Trixispiegel (Pdf)

Ausgereifter als der TRIXI-Spiegel erscheint der in den Niederlanden entwickelte BlackSpotMirror, der in den Niederlanden bereits an vielen Kreuzungen installiert ist und als Erfolg eingewschätzt wird. Außerhalb der Niederlande wird der Spiegel jetzt zuerst jetzt an zwei Kreuzungen in Münster getestet.

Der 750 € teure Weitwinkel-Spiegel wird direkt unter dem Grünsignal angebracht und erlaubt den Blick in den gesamten Bereich des toten Winkels.

An der Weseler Straße in Münster war 2009 ein zwölfjähriger Junge von einem abbiegenden Lkw erfasst und tödlich verletzt worden. Der Junge wollte noch schnell vor dem LKW über die Straße fahren. Der Lkw-Fahrer, dem juristisch gesehen keine Schuld nachgeweisen wurde, nahm sich später das Leben.

Nachlesen:
Ein kleiner Spiegel soll das Leben von Radfahrern retten
Münster testet als erste deutsche Stadt einen neuartigen Spiegel
Homepage: Black Spot Mirror (NL)

Über Klaus Kuliga

Seit 33 Jahren Arbeit an demselben Projekt: Aus Bochum eine fahrradfreundliche Stadt machen. Eine fahrradfreundliche Stadt ist eine Einladung zum Rad fahren. Immer, überall, für jeden.
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13 Antworten zu Toter Winkel – tote Radfahrer

  1. Andreas sagt:

    Hallo,

    die Spiegel funktionieren nur, wenn der LKW-Fahrer auch reinguckt. DAS ist das Problem!

    Grüße
    Andreas

  2. Karsten Obrikat sagt:

    Hallo Andreas,

    das ist durchaus richtig. Bei diesen Spiegeln schaut er aber automatisch rein, er wartet ja auf “Grünlicht” und da diese Spiegel direkt darunter angebracht sind, wird sein Blick auch über diesen schweifen.

    Trotz aller Sorgfalt und Spiegel machen es manche Radfahrer den Kraftfahrern aber auch schwer. Dunkle Kleidung ist leider immer noch sehr in Mode. Dabei muss ja nicht gleich jeder Radfahrer eine Warnweste tragen, es reicht schon, nur mal die schwarze Jacke weg zu lassen und dafür etwas farbenfrohes drüber zu streifen.

  3. Ich hatte vor ca. 1 1/2 Jahren ein längeres Gespräch mit einem Verkehrssicherheitsberater der Kreispolizei Viersen, der sich intensiv mit dem toten Winkel befasst hat. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass viele Lkw-Fahrer schlicht damit überfordert sind, alle Spiegel zu überprüfen. Das wird auch mit einem zusätzlichen Spiegel am Ampelmast nicht besser.

    Es ist übrigens sehr aufschlussreich, wenn man mal die Chance hat, sich in ein Lkw-Führerhaus zu setzen und die Perspektive vom Radfahrer zum Brummi-Fahrer zu wechseln. Ich fand es erstaunlich, wie gut zwar mittlerweile alle Bereiche durch Spiegel einsehbar sind, kann mir aber gut vorstellen, dass es schwierig bis unmöglich ist, sie wirklich alle zu prüfen.

    Achtung: Toter Winkel

  4. Michael HA sagt:

    Was bei Radwegen und Fahrradspuren gut ist kann doch auf Autobahnen nicht schlecht sein. Erst letzten Donnerstag geriet ein PKW-Fahrer unter einen Sattelzug auf der A45. Jetzt wird es höchste Zeit für die Separation von PKW und LKW auf Autobahnen damit solche Unfälle in Zukunft vermieden werden. Dabei sollen die großen und schweren Fahrzeuge wie beim Radverkehr auf der linken Spur fahren und die PKW auf der rechten bzw. auf den zwei rechten Spuren bei drei-streifigem Ausbau. Die LKW dürfen die PKW-Spur nicht mitbenutzen und dürfen sich auch nicht zum Abbiegen auf die PKW-Spur einordnen. Sie müssen direkt von ihrer Spur in die Ausfahrt einbiegen. Es werden von den Experten wohl Probleme mit dem toten Winkel bei LKW-Spiegeln gesehen, diese werden jedoch durch Anbringung von sehr großen Spiegeln jeweils über dem Ausfahrtschild der Autobahnausfahrten ausgeglichen. So kann nichts mehr passieren und die Vorteile liegen klar auf der Hand.

    Im Ernst: Wer solch einen Vorschlag macht, würde umgehend für verrückt erklärt und das völlig zu Recht. Aber beim Radverkehr wird die Separation als tolle Idee hingestellt und dasselbe kranke Prinzip noch als Sicherheitsfeature angepriesen. Das Aufstellen von Spiegeln ist doch nur ein herumdoktern am fehlerhaften Prinzip den Geradeausverkehr rechts vom Rechtsabbiegeverkehr zu führen.

    Dabei lehne ich in bestimmten Fällen eine separate Führung des Radverkehrs keineswegs ab und auch das subjektive Sicherheitsgefühl spielt eine große Rolle. Die subjektive Sicherheit darf aber nicht, wie leider so oft mit der objektiven Sicherheit verwechselt werden. Die vor allem von der Autolobby und den Parteien vorangetriebene Separation sollte zumindest innerorts auf ein Minimum begrenzt werden und stattdessen Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit eingeführt werden. So könnte ein Großteil der Radwege abgeschafft werden und die Tote-Winkel-Problematik hätte sich damit auch erledigt. Ebenso sollte verstärkt zu innovativen Mitteln gegriffen werden, wie z.B. Shared Space oder auch Shared Lanes, als Fahrradspuren, die auch von Kraftfahrzeugen mitbenutzt werden dürfen, wobei jedoch Radfahrer nicht innerhalb dieser Sonderspur behindert oder überholt werden dürfen. Ich meine hier keine Schutzstreifen, denn die sind zu schmal.

    Den Ausbau von Radrouten über Nebenstraßen ohne RVA gibt es schon länger und auch der Ausbau von separaten Radwegen entlang von Flüssen und Bahnlinien, bzw. auf stillgelegten Bahnlinien sollte forciert werden. Wenn Separation an stark belasteten Hauptstraßen sinnvoll erscheint und sei es um den Radverkehr gegenüber dem Autostau zu beschleunigen, dann sollten die Ampelphasen für den Abbiegeverkehr und den Geradeausverkehr getrennt werden, wie es z.B. in Dortmund am Königswall der Fall ist. Noch besser ist es, eine Geradeausspur für Radfahrer anzulegen und eine gesonderte Rechtsabbiegespur zu markieren. Hier müssen sich die Autofahrer zum Abbiegen einen Fahrstreifenwechsel machen und sind dabei aufmerksamer als beim direkten Abbiegen. Was meint ihr dazu?

    • Peter sagt:

      Das kann würde ich so unterschreiben.

      • Thomas sagt:

        Leider setzt sich der ADFC meist für die Separation und mehr Radwege, neuerdings auch “Radstreifen”, die rechts vom “Verkehr” geführt werden, ein. Hier in Bochum hat der ADFC sogar die Einrichtung eines benutzungspflichtigen Radstreifens in einer Tempo 20-Zone befürwortet.

  5. Pingback: Ampel-Spiegel sollen Radfahrer schützen | Radverkehrspolitik

  6. Pingback: Gestorben wird vor dem Auto – Teil 2

  7. Udo sagt:

    Der erste Absatz ist glatt gelogen. Rechtsabbiegerunfälle sind nicht Folge von toten Winkeln, sondern von Radwegen. Gegenbeweis: Auch hinter seinem Lkw kann der Fahrer nicht sehen, trotzdem kommen hintendrein folgende Radfahrer nicht unter die Räder.
    Der ADFC macht sich somit durch seine Ablenkung von der Unfall-Ursache mitschuldig an Radweg-Opfern.

    • Der erste Absatz ist glatt gelogen. Rechtsabbiegerunfälle sind nicht Folge von toten Winkeln, sondern von Radwegen.

      Ganz so ist es nicht: Es gibt schließlich auch viele Radfahrer, die sich neben Lkw nach vorne vorbeimogeln und sich der Gefahr nicht bewusst sind, in die sie sich begeben. Bei Radwegen ist diese gefährliche Situation natürlich Teil des Prinzips. Gerade hier fühlen sich viele Radfahrer fatalerweise sicher, obwohl die Sicherheit nicht gegeben ist. Eine Lüge oder Ablenkung kann ich im Artikel indes nicht erkennen.

      • Udo sagt:

        usenet( at )udoline.de
        http://radwege.udoline.de/folgen/schwach.html#loesung

        Es gibt auch Radfahrer, die sich anders gefährden. Was fordert der ADFC da? Richtig: Nicht machen. Auch könnte die Erziehung zum Rechts vorbei auf der Fahrbahn natürlich eine Ursache in Radwegen (früher und heute vom ADFC gefordert) und Radfahrstreifen und anderen Malereien (heutzutage vom ADFC gefordert) haben. Kommt “sich neben Lkw nach vorne vorbeimogeln” denn wenigstens im Vergleich häufig genug vor, um überhaupt als Ursache genannt zu werden?
        Mit Forderungen nach “Überlebenstechnik” und gleichzeitigem Verschweigen der Folgen von Radwegen lenkt der ADFC, wie auch andere Intitutionen von der maßgebenden Ursache ab. Ich nehme an, auch beim ADFC hat das System.

        > Eine Lüge oder Ablenkung kann ich im Artikel indes nicht erkennen.
        … obwohl die häufigste Ursache für Artikels Thema nichtmal in einem Nebensatz erwähnt wird.

  8. Daniel Pepper sagt:

    Bitte nehmt es mir nicht übel aber die Geschichte vom “Toten Winkel” wird auch nicht wahrer, wenn sie häufig wiederholt wird.

    Seit 2003 müssen neu zugelassene Lkw mit Weitwinkelspiegeln ausgestattet sein. Seit 2009 müssen auch ältere Lkw mit Weitwinkelspiegeln ausgestattet sein.

    Die Sichtfelder der Spiegel sind lückenlos, das ist z.B. auf den Webseiten der Spiegelhersteller und auf Flyern der VSBB zu sehen (VSBB: Verkehrssicherheit Berlin Brandenburg, eine 100% Tochter der Fuhrgewerbeinnung. Die VSBB macht in Schulen usw. Aufklärungsaktionen zum “Toten Winkel” – im inhaltlichen Gegensatz zu den eigenen Publikationen!)

    Bei den Aufklärungsaktionen zum “Toten Winkel” werden z.B. von der VSBB generell die Weitwinkelspiegel abgedeckt, so dass man vom Fahrersitz der Lkw aus wirklich “nichts sieht”. Nur wird der Lkw tatsächlich mit freien Spiegeln betrieben und der Fahrer kann alles sehen. Das muss er auch. Nach StVZO §56 müssen seit 1998 Fahrzeuge so mit Spiegeln ausgestattet sein, dass der Fahrer nach rückwärsts und zur Seite das für Ihn relevante Verkehrsgeschehen sehen kann. Lkw mit “Totem Winkel”, der für den Radverkehr gefährlich wird, sind seitdem nicht mehr konform zur StVZO.

    In Berlin haben wir im ADFC die Unfälle ausgewertet, die durch abbiegende Lkw verursacht wurden und bei denen ein Radfahrer getötet wurde. Seit 2008 hat es 18 dieser Unfälle gegeben und bei 16 davon gibt es an der Knotenpunktzufahrt keine Sichtbehinderung für den Lkw-Fahrer. In vielen Fällen hat der Lkw kurz vor dem tödlichen Unfall den Radfahrer noch überholt. In diesen Situationen konnte der “Tote Winkel” wirklich nicht mehr am Unfall beteiligt sein.

    Die Geschichte vom “Toten Winkel” entbehrt seit langer Zeit schon jeder sachlichen Grundlage. Sie dient dazu, die Lkw-Fahrer von Ihrer Verantwortung zu entlasten und die Schuld an tödlichen Unfällen den Opfern zuzuschieben. Bitte verbreitet die Geschichte nicht mehr. Sie soll davon ablenken, dass die Berufskraftfahrer im Lkw 75% der Unfälle verursachen, an denen Sie beteiligt sind. Das gilt ganz genau so für Unfälle zwischen Lkw und Radfahrer. Bei den Unfällen mit getöteten Radfahrern ist die Verursacherquote noch höher.

    Zum Selbstschutz von Kindern kann man auch die wahre Geschichte heranziehen. Das ist die Geschichte von blindlings abbiegenden Berufskraftfahrern, die dabei Radfahrer und Fußgänger gefährden und töten. Die wahre Geschichte ist deshalb so wichtig, weil das verkehrswidrige Verhalten der Lkw-Fahrer dann irgendwann einmal gesellschaftlich so geächtet sein kann, dass es vielleicht sogar verschwindet.

    Wer nichts sieht, darf nicht fahren!

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