Weiter oder schneller? Reichweitenplanung für Pedelecs

Ein Projekt an der RWTH Aachen wird sich mit der Reichweitenvorhersage von Pedelecakkus beschäftigen (Foto: www.pd-f.de / Mathias Kutt)

Ein Projekt an der RWTH Aachen wird sich mit der Reichweitenvorhersage von Pedelecakkus beschäftigen (Foto: www.pd-f.de / Mathias Kutt)

Nomophobie (kurz für “no mobile phone phobia”) ist die Angst, dass das Handy nicht mehr funktioniert, weil z. B. der Akku leer ist. In der Regel ist ein leerer Handyakku erst mal nichts Schlimmes. Deutlich problematischer sieht es z. B. bei Gehbehinderten aus, die auf einen Elektrorollstuhl angewiesen sind. Die Reichweitenangaben von Elektrorollstühlen sind sehr ungenau und berücksichtigen nicht die zu erwartende Topografie oder die Wegbeschaffenheit. Beide Faktoren beeinflussen die Reichweite ernorm. So haben Versuche ergeben, dass sich bei moderaten Steigungsstrecken der Energieverbrauch pro Prozent Steigung um 20 % erhöht. Eine Fehleinschätzung kann dazu führen, dass der Betroffene sein Ziel nicht erreicht, weil er mit leerem Akku liegenbleibt.

An der RWTH Aachen hat ein rollstuhlfahrender Student ein interessantes Projekt am Lehrstuhl für Informatik für eingebettete Systeme ins Leben gerufen und eine Lösung entwickelt: Einen Routenplaner für Elektrorollstühle, der Steigungen und Gefällestrecken ebenso wie die Wegoberflächen berücksichtigt. Die Route kann wahlweise auf der kürzesten oder der energieeffizientesten Strecke geführt werden. Bei der sparsamen Routenvariante erhöht sich die Reichweite in der Praxis um bis zu 15 %.

Zur Routenplanung greift das System auf OpenStreetmap zurück. Ergänzt werden die Daten durch genaue Höheninformationen und 16 verschiedenen Kategorien für die Wegbeschaffenheit. Grundsätzlich läßt sich das gefundene Konzept auch auf die Reichweiten von Pedelecakkus übertragen. Gerade in Mittelgebirgen erschließt das Pedelec dem Radverkehr neue Potentiale, so dass eine genauere Reichweitenvorhersage eine große Bedeutung besitzt. Während das bisher realisierte System nur das Stadtgebiet von Aachen umfasst, müsste ein Pedelecroutenplaner natürlich deutlich größere Gebiete abdecken. Die notwendigen Anpassungen des Systems sollen in einem Folgeprojekt untersucht und realisiert werden.

Über Jan Bartels

Als Alltagsradler bin ich fast täglich mit dem Rad zur Arbeit unterwegs und genieße es als Ausgleich zum Bürojob. Im ADFC kümmere ich mich um vor allem um den Internetauftritt des Landesverbands. Im Kreisverband bin ich verkehrspolitisch rund um den heimischen Kirchturm aktiv und liefere regelmäßig Artikel für die "Rad am Niederrhein", unserer Mitgliederzeitung (http://www.rad-nr.de).
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2 Antworten zu Weiter oder schneller? Reichweitenplanung für Pedelecs

  1. Stephan Behrendt sagt:

    Die Frage der Reichweite ist beim Kauf von Pedelecs immer eine der Ersten. Meine Antwort: von 20 bis 120 km ist da naturgemäß wenig hilfreich.

    Auch Hersteller nehmen sich aber dieses Themas an. Die Anzeige der ungefähren Restreichweite abhängig vom Unterstützungsgrad bieten derzeit bereits viele Pedelecs.

    Bosch geht aber in Kombination mit einem Navi noch weiter. Abhängig von der Restkapazität des Akkus, den aktuellen Verbrauchswerten und der Topografie der Landschaft zeigt die digitale Karte auf dem erweiterten Display an, wie weit man ungefähr noch mit Unterstützung fahren kann. Erste Prototypen konnte man bereits bestaunen.

  2. Markus MK sagt:

    Die Hilfsmittelkataloge der Krankenkassen sollten aber auch dringend optimiert werden. Ich finde es zum Teil einfach nur peinlich, mit welchen Gefährten sich Menschen in der Öffentlichkeit herumquälen müssen.

    Auf dem Gebiet ist ja richtig Wettbewerbsstimmung – Interessant in dem Zusammenhang ist sicher auch die Arbeit an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
    http://www.h-brs.de/04_2014_052_00ZWT+Weiter+Fahren+mit+weniger+Energie.html

    Hier zählt der möglichst minimale Energieaufwand für eine bestimmte Strecke unabhängig vom Antrieb und das kann dann natürlich auch in eine optimierte Routenplanung einfließen.
    Das Projekt läuft schon seit über einem Jahr und Ziel ist es, muskelkraftbetriebene Velomobile (bestenfalls elektrisch unterstützt) zu untersuchen. Es werden alle möglichen Themen zur Optimierung am Velomobil behandelt.
    Der Einfachheit halber wird auf der Hannover Messe zunächst nur ein rein elektrischer Antrieb vorgestellt.
    Es ist aber noch wesentlich mehr zu erwarten.

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