Auf der diesjährigen Internationalen Automobil-Ausstellung hat Daimler Benz ein neues Assistenzsystem namens “Blind Spot Assist” vorgestellt. Dieses radarbasierte System erfasst Fußgänger und Radfahrer, die sich neben dem Lkw befinden. Dabei wird die gesamte Länge des Lkw erfasst. Eine Leuchtanzeige in der A-Säule des Führerhauses sowie ein akustisches Signal warnen den Lkw-Fahrer, wenn das System eine Gefahr erkennt. Außerdem kann das System den Lkw-Fahrer auch vor drohenden Kollisionen mit feststehenden Hindernissen wie Schilder- oder Ampelmasten hinweisen.
Ein grundsätzliches Problem besteht an Radwegen. Vielfach fühlen sich Radfahrer auf ihnen sehr sicher. Gerade an Ampelkreuzungen befinden sie sich jedoch beim Losfahren genau auf der kritischen Position neben einem Lkw, ohne dass es ihnen bewusst ist. Jeder fünfte innerorts getötete Fußgänger oder Radfahrer geht auf das Konto von abbiegenden Lkw, so dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Typischerweise erfassen Lkw Fußgänger oder Radfahrer beim Rechtsabbiegen auf Höhe des Führerhauses. Schätzung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV zufolge können mit Assistenzsystemen allerdings auch nur etwa die Hälfte aller Unfälle zwischen Lkw und Fußgängern bzw. Radfahrern vermieden werden, wenngleich sich die Todesfälle dadurch vermutlich nur um ein Drittel reduzieren lassen. Schwere Unfälle lassen sich mit dieser Technik alleine also nicht vollkommen verhindern.
Das neue Assistenzsystem ist laut Aussagen vom Daimler-Entwicklungsleiter Sven Ennerst zwar fertig entwickelt, muss jedoch noch intensiven Tests unterzogen und für verschiedene Fahrzeuge optimiert werden. Bereits vor 2 Jahren hatten andere Hersteller entsprechende Systeme vorgestellt oder angekündigt. Es wird also noch eine Weile dauern, bis sich diese lebensrettenden Systeme richtig durchgesetzt haben. Der ADFC setzt sich im Rahmen seines Projekts “Überlebenstechnik” für solche Lösungen ein.
Die Gefahrt solcher Systeme ist, dass sich die LKW-Fahrer irgendwann anfangen blind auf das Warnsystem zu verlassen (wie manche Autofahrer auf das Navi und sich dann wundern, wenn sie auf einer Treppe landen) und so mehr (Beinahe-)Unfälle haben. Muss aber auch nicht so eintreffen, aber das sollte dabei mit diskutiert werden.
Wenn das System zuverlässig funktioniert ist das ja auch kein Problem. Gegen den toten Winkel hilft nur ständige Beobachtung, und die kann kein Mensch zu 100% gewährleisten. Wenn man im toten Winkel steht, wird man nicht gesehen, Punkt. Da hilft auch nicht so vieles “Gucken”. Insofern sind solche Systeme genau der richtige Ansatz – neben baulichen Änderungen an Radwegen, die den Radverkehr (zumindest an Kreuzungen) auf die Fahrbahn zurück bringen.
Diese Assistenzsysteme bremsen meines Wissens nach nicht …
Der ADFC fordert bei diesen Assistenten selbstverständlich die automatische Bremsung anstatt nur eine Warnung. Technisch ist das kein Problem, da diese automatische Bremsung auf jeden Fall für die Stauwarner Pflicht wird. Damit reden wir übrigens von Mehrkosten von gerade mal einigen hundert Euro. Deshalb steht auch die Logistikbranche der Sache positiv gegenüber.
Am Ende wird man erst durch die Beobachtung in der Praxis erkennen, ob solche Warnsysteme wirklich etwas verbessern oder ob es kontraproduktiv ist wie die Einführung einer Helmpflicht.
Heutige 40-Tonner-LKW haben schon seit Jahren keine toten Winkel mehr. Trotzdem passieren immer wieder schwere Unfälle. Es sind mehrere Unfälle dokumentiert, wo die Spiegel korrekt eingestellt waren und der Radfahrer zu irgendeinem Zeitpunkt zu sehen gewesen wäre. Solche Unfälle sind zu einem großen Teil ein soziales Problem, nicht ein technisches. Die Fahrer müssen entsprechend langsam und aufmerksam um die Kurven fahren, dann passiert auch nichts. Wenn die technischen Hilfsmittel benutzt werden, um schneller quasi blind um die Kurve fahren zu können, nutzen all diese Systeme nichts, da sie niemals 100% Abdeckung haben werden. Ein Teil der Fahrer wird aber so verfahren, sei aus Bequemlichkeit, Müdigkeit oder Sch…egalhaltung.
… oder Druck vom Arbeitgeber
Wiese haben Lkw seit Jahren keine toten Winkel mehr? Wie kommen Sie denn auf diesen Unsinn?
Durch die Ausrüstung der Lkw mit zahlreichen Spiegeln sind tatsächlich alle Bereiche vor und neben dem Fahrzeug einsehbar. Davon konnte ich mich schon selbst überzeugen. Es erfordert allerdings eine enorme Konzentration, auch tatsächlich alle Spiegel zu checken.
Ich arbeite selbst in der Transportbranche und kann schonmal sagen: Nachrüsten wird sich die Dinger niemand. Die Margen in der Branche sind dermaßen gering, dass jeder Cent 3x umgedreht wird bevor er ausgegeben wird. Und sollte man die Dinger verpflichtend machen? Ja, aber… Wie ich die EU-Politiker einschätze, wird das wohl so wie so nur für Neufahrzeuge mit einer großzügig bemessen Übergangsfrist passieren. Also vor 2025 oder so müssen wir nicht mit einer flächendeckenden Einführung rechnen. Da bleibt nur weiterhin der Spruch: Der Klügere gibt nach! (und stellt sich nicht in den toten Winkel und verzichtet auch im Zweifel auf seine Vorfahrt) Bin zwar selbst eher der Typ, der auf seinem Vorfahrtrecht beharrt, aber…
Meiner Meinung nach müssen wir vor allem
1. die LKWs (Busse sind wegen ihrer großen Fensterflächen noch relativ übersichtlich) aus den Städten raus bekommen.
2. unsinnige Verkehrsregelungen wie Radwege rechts vom Rechtsabbieger und linksseitige Radwege abschaffen.
Außerdem wird m. M. n. gerne übersehen, dass auch aktuelle PKW oft sehr unübersichtlich sind. Deshalb:
3. unsinniges PKW-Design konsequent verbieten. halbmeter breite C-Säulen und, schießschartenartige Fenster tragen nicht zur Übersichtlichkeit bei und erhöhen m. M. n. das Risiko andere Verkehrsteilnehmer zu “übersehen”. Oder sollen auch alle PKW mit solchen System ausgestattet werden?
Grüße
Ingo
Danke für den Post.
Sehe ich auch so, aber ich kämpfe noch mit der Macht der Gewohnheit. :-(
Es ist erschreckend, wie leichtfertig hier im Forum der opferdiffamierende Spruch „Der Klügere gibt nach“ genannt wird. Kein Radfahrer oder Radfahrerin legt sich freiwillig mit einem LKW an, bzw. „beharrt“ auf seiner Vorfahrt, wie es von interessierten Kreisen immer wieder suggeriert wird. Das ist Victim Blaming inReinkultur. Ich möchte dazu einen älteren aber leider immer noch aktuellen Beitrag über Rechtsabbiegeunfälle von Wolfgang Strobl zitieren.
**** Zitat von Wolfgang Strobl in de.rec.fahrrad ****
Link: http://de.rec.fahrrad.narkive.com/cRqlUTth/erlangen-der-radwegklassiker.6
Gerade der rechts abbiegende Lastzug erwischt überwiegend nicht den
robusten, seine Rechte und Grenzen kennenden schnellen Radfahrer,
sondern die langsam fahrende junge Frau mit Kind im Anhänger auf dem
Radweg, die wirklich _jede_ Möglichkeit wahrnehmen würde, als Klügere
nachzugeben – wenn sie denn überhaupt rechtzeitig bemerken könnte, von
wo die Gefahr droht.
Die ganze Problematik wurde hier in de.rec.fahrrad schon vor Jahren bis
zum Erbrechen behandelt.
So lange das noch funktioniert, sollte man sich mal den Thread
“Radfahrerin von abbiegendem Sattelzug überrollt”
aus 2004 durchlesen.
Damals wurden noch Spiegel und noch mehr Spiegel wie Sauerbier als
Abhilfe angeboten, aber schon damals wurde darauf hingewiesen, daß diese
keine Lösung für das Problem darstellen können.
Schon in den 80ern hat Hajo Zierke (damals Sattelschlepperfahrer und auf
Radverkehrsthemen spezialisierter Journalist, der seinerzeit
dergleichen noch für den ADFC thematisieren durfte – inzwischen hat der
ADFC das Problem ja dadurch gelöst, daß er sich aus der Verkehrspolitik
zurückgezogen und aus der Verantwortung gestohlen hat) in einem
“Radfahren”-Artikel aufgezeigt (also beschrieben und mit Spiegel-Fotos
demonstriert), warum das nicht funktioniert.
Auch wurde längst schon diskutiert, warum es an praktischen Gründen
scheitern wird, (wenn schon der Lkw-Fahrer blind abbiegen und damit das
Leben der bevorrechtigten geradeausfahrende Radfahrer und vor allem auch
Radfahrerinnen gefährden muß), die Radfahrerin aufzufordern, der
drohenden Gefahr gefälligst rechtzeitig auszuweichen oder anzuhalten.
Es liegt an dem Zusammentreffen mehrerer Faktoren. Ein Radfahrer ist an
einer Kreuzung meist schon voll damit beschäftigt, auf die Straße vor
ihm zu achten, wobei Radwegverschwenkungen, Pfosten und andere
Hindernisse dies auch nicht gerade erleichtern. Auch wartende und
querende Fußgänger binden, spezielle auf den letzten Metern vor der
Kreuzung in den Aufstellbereichen viel Aufmerksamkeit. Wird
Gegenverkehr auf dem Radweg erlaubt oder – wie fast überall – illegaler
augenzwinkernd geduldet, verschärt sich das Problem für den legal
fahrenden Radfahrer. Er wird den Verkehr links neben sich höchstens
nebenher und aus dem Augenwinkel beobachten können und nur dann damit
rechnen, daß ihm jemand verkehrswidrig nicht den Vorrang gewährt, wenn
es dafür einen konkreten Anhaltspunkt gibt.
Welche Radfahrerin betrachtet aber ausgerechnet den Umstand als
Anzeichen für Gefahr, daß der neben ihr in “sicherem Abstand” geradeaus
fahrende Lastzug vom Gas und noch ein wenig mehr auf Distanz geht? Was
macht sie, wenn dann nur Sekunden später auf der Kreuzung der Auflieger
wie eine Wand auf sie zukommt und sie von Zugmaschine und Auflieger wie
von einer sich schließenden Hand umfangen wird? Schnell einen oder zwei
Meter nach rechts zur Seite springen? Rückwärts fahren? Mit einem
Fahrrad, an dem ein Anhänger hängt?
Nein, sie wird unwillkürlich bremsen, dadurch die letzte vage
Möglichkeit verlieren, evtl. noch aus der Gefahrenzone herauszukommen,
zur Seite umkippen oder umgestossen werden und schließlich irgendwo
zwischen von den Hinterrädern der Zugmaschine oder dem Auflieger erfasst
und überrollt werden.. Ganz so, wie in
http://www.nordbayern.de/region/erlangen/erlangen-lastwagen-verletzt-radfahrerin-lebensgefahrlich-1.2064162?offset=0#ancTitle
abgebildet ist. Und auf vielen anderen ähnlichen Fotos in ähnlichen
Zeitungsberichten, die wir die letzten zwanzig Jahre hier diskutiert
haben.
Neu ist hier eigentlich nur, daß getreu dem Motto “wer den Schaden hat,
braucht für den Spott nicht zu sorgen” nun Trolle auftauchen, die sich
auch noch daran delektieren indem sie altkluge Empfehlungen geben, von
denen jeder wissen sollte, daß und warum sie nicht funktioneren.
Kernsatz aus einem nachfolgend zitierten eigenen Posting ist “Daß _Du_
davon nichts weisst, ist vielleicht entschuldbar. Die Verantwortlichen
müssten von dem Problem aber seit mindestens einem Jahrzehnt wissen. Das
ist nicht entschuldbar.”
Aus dem einen Jahrzehnt muss man allerdings wohl eher gute zwanzig Jahre
machen.
**** Zitatende ****
Das möchte ich so nicht stehen lassen. Gerade in den letzten Jahren hat sich im ADFC in Sachen Verkehrspolitik viel getan. Mit dem Umzug nach Berlin und dem Verkehrspolitischen Programm, das wir im letzten Jahr auf der Bundeshauptversammlung in Aachen nach mehrjähriger Entwicklung beschlossen haben, sind wir wieder mitten in der Politik und Wissenschaft angekommen.
Im übrigen sind die Inhalte des Aachener Programms nicht in Beton gegossen. Sie sollen alle paar Jahre kritisch überprüft und der Entwicklung angepasst werden. Sich an diesem Prozess zu beteiligen, dazu sind alle ADFCler herzlich eingeladen.
Das ist doch die saloppe Ausdrucksweise von “Nach außen offensiv, nach innen defensiv fahren”. Geht doch darum, nicht Opfer zu werden, indem man nicht annimmt, alle seinen fehlerfrei unterwegs.
Es ist erschreckend, wie leichtfertig hier im Forum der opferdiffamierende Spruch „Der Klügere gibt nach“ genannt wird.
Und? Irgendeinen zielführenden Vorschlag wie man als Radfahrender sonst im “Dschungel” Straßenverkehr überleben soll solange die Umstände sind wie sie sind?
Ich fahre seit fast 4 Jahrzehnten mit dem Fahrrad, geändert hat sich zwar viel in der Zeit aber für Radfahrende wenig zum Besseren wie ich finde. Der motorisierte Verkehr, insbesondere der Güterverkehr, wird zukünftig eher zunehmen. Neben den bekannten toten Winkeln neben und hintern einem solchen LKW gibt es z. B. noch einen min. 1m breiten Bereich vor einem LKW (“Vorzugs”-Aufstellfläche für Radfahrer an Ampeln!) der vom Fahrer nicht einsehbar ist. Selbst diverse Spiegel helfen da nicht weiter. Vor wenigen Wochen wurde in Wuppertal eine Rollerfahrerin von einem LKW an der Ampel überrollt – sie stand unmittelbar vor dem LKW. Der Fahrer muss sie irgendwann beim auf die Ampel zu fahren gesehen haben. Vom Fahrerstand aus war sie jedenfalls nicht zusehen nachdem der LKW erstmal stand.
In Köln habe ich selbst erlebt wie ein LKW Mülltonnen, die vor seinem LKW standen, umgefahren hat. Der LKW hatte einen Spiegel, der diesen Bereich abgedeckt hat! Scheinbar hat der Fahrer die Mülltonnen gesehen aber nicht wahrgenommen (oder nicht in den Spiegel geschaut).
Die Situation ist auf lange, lange Sicht so s* wie sie ist! Und die Menschen mit ihrem Streß, Hektik, Vorrangdenken,… änderst du auch nicht kurzfristig (wenn überhaupt) – Da bleibt mir als Radfahrenden nur auf mich selbst zu achten! Eben “Der Klügere gibt nach!”
Oder, wenn es besser gefällt:
… “Nach außen offensiv, nach innen defensiv fahren”. Geht doch darum, nicht Opfer zu werden, indem man nicht annimmt, alle seinen fehlerfrei unterwegs.
| Der ADFC setzt sich im Rahmen seines Projekts “Überlebenstechnik” für solche Lösungen ein.
Wie wäre es, wenn der ADFC Ingos Vorschlag Nr. 2 aufgreifen würde? Sich _konsequent_ und lautstark dafür einsetzen, dass Radwege rechts vom Rechtsabbieger abgeschafft werden? Diese “Überlebenstechnik” ist aus den hier in diesem Blog-Beitrag und den Kommentaren aufgeführten Gründen eine halbherzige Verlegenheitslösung.
Warum soll es immer nur genau eine richtige Lösung geben? Zum Erfolg führen wird nur eine Kombination aus mehreren Maßnahmen. Grundsätzlich stimme ich mit Dir überein, dass Radwege Teil des Problems sind. Auf die trügerische Sicherheit hatte ich im Artikel ja auch hingewiesen. Der ADFC setzt sich natürlich dafür ein, dass vor allem schlechte Radwege und die Benutzungspflichten reduziert werden, damit das Fahren auf der Fahrbahn von allen Verkehrsteilnehmern als “normal” angesehen wird. Ich glaube aber nicht, dass “Kein Radweg” für alle Fälle die optimale Lösung ist.
Mit der Forderung, dass mehr Leute auf’s Rad sollen, setzt der ADFC außerdem darauf, dass Radfahrer im Verkehrsgeschehen allein aufgrund ihrer höheren Zahl bewusster wahrgenommen werden. Wie Philipp R. unten schreibt, bekommt man mehr Leute wohl ohne Radwege kaum auf’s Rad. Alle Maßnahmen, also die vollständige Ausrüstung aller Lkw mit Warnsystemen, eine Abschaffung von Radwegebenutzungspflichten oder gar der Radwege selbst sowie die deutliche Erhöhung des Radverkehrsanteils, werden noch etliche Jahre brauchen.
> Warum soll es immer nur genau eine richtige Lösung geben?
Es geht nicht um die Anzahl der Lösungen, sondern darum, wie zielführend sie sind. Die unfallverursachende Problematik ist bekannt (Radwege rechts neben Rechtsabbiegern); anstatt dieses Problem zu lösen, kümmert man sich um nur teilweise hilfreiche und das Problem nicht lösende technische Spielereien. Komischerweise scheint es hier tatsächlich genau eine richtige Lösung zu geben; aber diese möchte man nicht mit aller Konsequenz angehen … Fahrräder gehören vor und hinter andere Fahrzeuge, nicht daneben!
Aber gut, wie wäre es noch mit folgenden Lösungsvorschlägen:
1) Beifahrerpflicht für LKW > 3,5 t innerorts, außerorts > 7,5 t. (Autobahnen evtl. ausgenommen?)
2) LKW-Verbot > 7,5 t innerorts.
3) Bei Unfällen deutlich höhere Strafen für Fahrer _und_ Unternehmen (Termindruck!).
4) “Lotsenpflicht” für auswärtige LKW-Fahrer innerorts.
Für welchen dieser oder welche weiteren Vorschläge tritt der ADFC ein?
> Grundsätzlich stimme ich mit Dir überein, dass Radwege Teil des Problems sind.
Sie sind nicht “Teil des Problems”, sie sind _das_ Problem. Ohne diese Konstruktionen gäbe es Rechtsabbiegeunfälle nur bei grobem Vorsatz.
> Der ADFC setzt sich natürlich dafür ein, dass vor allem schlechte Radwege
Nach mehr als 25 Jahren intensiven Radfahrens (in der ich anfangs Radwege total gut fand) bin ich inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass es kaum “gute” Radwege” gibt. Theoretisch wären sie denkbar, praktisch kann ich sie an einer Hand abzählen. Aber hier geht es um Abbiegeunfälle; da sind von vornherein _alle_ straßenbegleitenden Radwege “schlecht” (= lebensgefährlich).
> und die Benutzungspflichten reduziert werden,
Reduzieren? Warum nicht gänzlich abschaffen? Warum soll man dorthin verpflichtet werden? Welchen Grund kann man mir die Interessensvertretung ADFC für eine Benutzungspflicht nennen?
> damit das Fahren auf der Fahrbahn von allen Verkehrsteilnehmern als “normal” angesehen wird.
Hier verstehe ich die Logik nicht. Reduzierung der Benutzungspflichten und schlechter Radwege führt dazu, dass Fahrbahnfahren als normal angesehen wird? Das wird es nur, wenn tatsächlich mehr Radfahrer auf der Fahrbahn fahren.
> Mit der Forderung, dass mehr Leute auf’s Rad sollen, setzt der ADFC außerdem darauf,
> dass Radfahrer im Verkehrsgeschehen allein aufgrund ihrer höheren Zahl bewusster
> wahrgenommen werden. Wie Philipp R. unten schreibt, bekommt man mehr Leute wohl ohne
> Radwege kaum auf’s Rad.
Erneut habe ich ein Logik-Problem. Radfahrer erhöhen aufgrund ihrer Anzahl im Verkehrsgeschehen nur dann die Sicherheit, wenn sie auch wahrgenommen werden. Aber genau hier liegt ja das Problem bei den Radwegen: Radfahrer werden von Kraftfahrern _nicht_ wahrgenommen, wenn sie sich seitlich neben ihnen befinden.
Gerade angesichts überfüllter Radwege möchte ich eigentlich auch nicht noch mehr Leute auf’s Rad bringen. Die meisten davon können/wollen sich dort dann auch nicht benehmen (ist ja “nur ein Radweg”). Gerade dieses Klientel (Leute, die sich nur mit Radwegen auf’s Fahrrad trauen) benötigen dringend eine Schulung und sollten nicht noch mit Radwegen in trügerischer Sicherheit gewiegt werden, obwohl sie dort hochgradig gefährdet sind. Ja, hier gibt es ein enormes Wahrnehmungsproblem; aber das muss man angehen.
Ich frage mich mehr und mehr, was damit eigentlich bezweckt wird, und ob es das Ziel wert ist, dass schwere und tödliche Unfälle in Kauf genommen werden. Hier geht es um Menschenleben, und anstatt die Ursache tödlicher Unfälle anzugehen, werden untaugliche “Lösungen” angeboten und Menschen mittels Radwegen in tödliche Fallen gelockt. Je mehr ich darüber nachdenke, um so enttäuschter bin ich von dem Verein, der angeblich die Interessen von Radfahrern vertritt, sich aber auf diese Weise in meinen Augen mitschuldig macht.
Das Problem ist, dass genau solche Radwege – abseits der Straße und fernab von der Verkehrshektik – genau die Radwege sind, die viele Leute aufs Rad bringen. Wer bisher immer ins Auto stieg weil er Radfahren für gefährlich hielt, wird sich nicht aufs Rad schwingen wenn grundsätzlich Mischverkehr herrscht. Die Leute fühlen sich auf Radwegen sicher! Und das kriegt man so schnell auch nicht aus ihnen heraus.
Stehen Radwege abseits von Straßen inzwischen auch in der grundsätzlichen Kritik? Dann müssten die alle zu Straßen ausgebaut werden oder ganz geschlossen werden … :-)