Der staatstragende Bürokratenverein

Wichtigster Partner des ADFC sind die Kommunen. Und weil der ADFC dieses Schmuseverhältnis auf keinen Fall belasten darf, ist vorauseilender Gehorsam angesagt.  Die Interessen der Radfahrer scheinen demgegenüber zweitrangig.

So erscheint mir die Position des ADFC Bundesverbands in seiner Stellungnahme zur Online-Petition gegen das Radwegparken. Forderungen dürfen nur aufgestellt werden, wenn sie von vornherein als “realistisch” und “politisch durchsetzbar” eingeschätzt werden. Also sollen wir vorher anfragen, was wir fordern dürfen, damit die Politik sich bloß nicht überfordert fühlt?

“Mit einer überzogenen, nicht abgestimmten und nicht durchsetzbaren Forderung würde der ADFC nicht als ernstzunehmender Partner der Kommunen wahrgenommen, die für deren Durchsetzung zuständig sind.”

Entscheidend ist für mich, dass der ADFC als Partner der schwächsten Verkehrsteilnehmer wahrgenommen wird und deren Anliegen überzeugend vertritt.

Zum Gehwegparken fordert der ADFC Bundesverband – höchst realistisch – das Abschleppen der falsch geparkten Autos vom Radweg. So viele Abschleppwagen gibt es gar nicht, wie man dafür bräuchte. Und die Städte werden sich hüten, auf diese Karte zu setzen. Autofahrer wissen um ihre Macht. Sonst wäre die Haftung des Halters für Verstöße angeblich unbekannter Fahrer auch in Deutschland längst durchgesetzt. Der ADFC fordert die Halterhaftung erst gar nicht: “Das Justizministerium lehnt es ab.” Immer schön brav bleiben.

Also lehnt der ADFC Bundesverband eine “maßvolle Erhöhung” der Strafgelder wenigstens nicht ab und wartet auf die Initiative der Kommunen.
Profilieren wir uns so gegenüber den Fußgängern und Radfahrern als engagierte Vertreter ihrer Interessen?

Zm Nachlesen:
ADFC-e-Impuls Nr. 62/2014: ADFC-Bundesverband beteiligt sich nicht an Online-Petition (nicht online)
http://itstartedwithafight.de/2014/11/23/petition-gegen-falschparker/ (mit Grafik zur Bußgeldhöhe im EU-Vergleich)
https://www.openpetition.de/petition/online/machen-sie-das-zuparken-teurer-herr-verkehrsminister (Petition)

P.S. Das ist meine persönliche Meinung. Ich habe niemanden gefragt, ob ich sie veröffentlichen darf. Diskussion erwünscht.

Über Klaus Kuliga

Seit 33 Jahren Arbeit an demselben Projekt: Aus Bochum eine fahrradfreundliche Stadt machen. Eine fahrradfreundliche Stadt ist eine Einladung zum Rad fahren. Immer, überall, für jeden.
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26 Antworten zu Der staatstragende Bürokratenverein

  1. Daniel Pöhler sagt:

    Ich finde die Petition von Heinrich Strößenreuther super und unterstützenswert. Ich kann allerdings auch die Haltung des ADFC-Bundesverbandes verstehen. Ich teile dessen Meinung, dass die Forderung der Petition zum jetzigen Zeitpunkt im Noch-Autoland Deutschland mit einem CSU-Verkehrsminister unrealistisch ist. Aber die Petition ist dennoch wichtig! Weil sie ein Weckruf sein kann. Und Bürger und Journalisten für das Thema sensibilisiert. In zehn Jahren sind wir dann vielleicht soweit, die Bußgelder fürs Falschparken auf EU-Niveau anzuheben. Und dann macht bestimmt auch der ADFC-Bundesverband mit.

    Daniel Pöhler (einfaches ADFC-Mitglied)

    • joachim carlsdotter sagt:

      Ich finde, dass der ADFC seine Glaubwürdigkeit als Vertreter von Fahrradfahrenden im Laufe der Jahre mehr und mehr einbüsst. ADFC ist für mich ein Verein, der sich mit Sonntags und Feierabendveranstaltungen für Radfahrer definiert. Als wahrhaft Kämpfende für mehr Rechte der Radfahrer hingegen ist der ADFC eine Lachnummer. Es würde mich sehr wundern, wenn diese Clowns in Leuchtwesten mehr Courage zeigen würden. Meine eigene Online- Petition zum selben Thema (Punkte fürs Falschparken) hatte aufgrund meiner Spontanität und schlechter Vorbereitung nuter 1000 Befürworter. Ich fordere alle Radfahrenden, die im ADFC organisiert sind auf, diese Petition zu verbreiten und natürlich zu unterschreiben. ‘Wie lange soll Deutschland denn das Schlusslicht in Europa bleiben, bezogen auf Knöllchen für Falschparker. Hier muss hart durchgegriffen werden. Es muss ein Ruck durch den ADFC gehen. Ein Generationswechsel in den Vorständen wäre ein starkes Signal. Enteweder in den Vorstandsköpfen, oder die Köpfe müssen einfach mal ausgetauscht werden gegen engagierte und couragierte Leute. So kann es mit diesem Verein nicht weiter gehen…

      • Norbert Paul sagt:

        Wenn soetwas Erfolg haben soll, müsste soetwas von vielen Verbänden mitgetragen werden und 1-2 Jahre vorbereitet werden. Wie schwer so etwas ist, hat man ja bei der Tempo 30-Kampagne gesehen …

        Ansonsten ist es glaub ich nicht einfach, den richtigen Weg zwischen sehr profiliert (und damit vermutlich auch für weniger Leute interessant –> daher klein) und integrativ und interessant für viele (und damit auch nicht so pointiert) zu finden.

  2. Michael Kleine-Möllhoff sagt:

    Der ADFC-Landesverband wird über das Thema heute in Dortmund diskutieren. Roland Huhn, der Rechtsreferent des ADFC, ist als Verfasser der Stellungnahme des Bundesverbandes auch da bei.

  3. Christian Strupp sagt:

    Man möchte es lieber nicht weiterdenken.
    Grundsätzlich Tempo 30 in Innenstädten? Nicht durchsetzbar.
    KFZ-Parkplätze zu Fahrradabstellflächen machen? Nicht durchsetzbar.
    Einbahnstraßen gegen die Fahrrichtung für Radler freigeben? Das will doch kein Autofahrer!
    Radwege schneefrei halten? Was das die Kommunen wieder kostet!
    Radw.-Benutzungspflicht hinterfragen? Bloß nicht, das Personal der Kommunen ist doch so knapp!

    Und dann versteckt sich der Bundesverband dahinter, dass die Petition von einer kommerziellen Agentur als Eigenwerbung initiert worden sei. Na und? Ist mir noch nicht aufgefallen. Da ist die Eigenwerbung wohl sehr dezent geraten.
    LED-Fahrradlampen werden auch von Leuten produziert, die damit Geld verdienen wollen. Das schadet dem Nutzen der Lampen nicht wirklich.

    Es ist okay, dass der ADFC sich seriöser positionieren will und muss als z.B. die CM-Bewegung.
    Aber muss man sich deswegen an die Autofahrer-Lobby und die Kommunen heranwanzen? In den meisten Ländern Europas kostet Falschparken ein Mehrfaches. Dort kommt es weder zu Putschversuchen noch verarmen Autofahrer wegen der Bußgelder. Dort kapieren die Autofahrer einfach: Es tut richtig weh, wenn ich erwischt werde. Also lasse ich es lieber.
    Wer braucht einen Verein, der in Hosen macht, die er gar nicht anhat?

    • Norbert Paul sagt:

      Ich finde es völlig richtig und sinnvoll, dass ein Verein sich überlegt, wen und was er unterstützt und dafür gibt es gewählte Repräsentativorgane aka Vorstand. Und warum soll der ADFC etwas unterstützen, wenn er gar nicht von den Initiatoren gefragt worden ist? Wenn ich die Stellungnahme des Bundesvorstandes richtig deute, könnte das daran liegen, dass der ADFC vorher mal eine Kooperation nicht eingehen wollte. Da kann man doch bei einer anderen Sache nochmal fragen. Und nicht jede sich anbietende Kooperation ist langfristig sinnvoll.

      Mir persönlich sind die Aktionen der Agentur für clevere Städte ein bisschen zu unclever und zu populistisch, weswegen ich mich da auch nicht einklinke. Die Begründung mit der Kommerzialität fand ich auch sehr schwach. Die Begründung mit der Durchsetzbarkeit fand ich auch lächerlich, wenn man weiß, was in manchen Kommunen nur durchsetzbar ist. Ich glaube, dass ein ADFC, der zu vorsichtig ist, gerade deswegen nicht ernst genommen wird. Man muss dann halt mal die harte Zeit durchstehen, bis die Politik und Verwaltung den ADFC ernstnehmen, weil er kritisch ist, so wie sie auch die nörgelnde Autolobby ernst nehmen, die sie ja auch nicht ernst nehmen, weil die immer sagen: “Ist ja im Prinzip alles bestens”.

  4. Martin Isbruch sagt:

    Niemand muss um Erlaubnis bitten, seine Meinung frei zu äußern, Klaus. Ob die öffentliche Debatte einer verbandsinternen Frage allerdings der Sache förderlich ist, mag man durchaus auch kritisch sehen. Schade, dass dem Blog-Verfasser lange Weg von Bochum nach Dortmund zu weit war um die Frage dort zu diskutieren wo sie hingehört.

  5. Martin Isbruch sagt:

    @ Norbert: Es gibt durchaus weitere Möglichkeiten der verbandsinternen Kommunikation und Debatte, die EmpfängerInnen des e-impuls idR bekannt sein sollten.

    • Norbert Paul sagt:

      @Martin Isbruch:
      Dein Post klang so, als ob es nur diesen einen Weg gäbe und ich bin nicht der Ansicht, dass es der einzige Ort ist. Aber wenn du das auch so siehst, sind wir ja einer Meinung. :-)

  6. Ob die öffentliche Debatte einer verbandsinternen Frage allerdings der Sache förderlich ist, mag man durchaus auch kritisch sehen.

    Festhalten läßt sich doch: Die Unterlassung der öffentlichen Debatte bisher hat der Sache schon mal nicht geholfen. Im übrigen ist das eine Nebelkerze, um der Debatte auszuweichen. Warum die Öffentlichkeit dieser Debatte der Sache schädlich sein soll, bleibt ebenfalls Ihr wohlgehütetes Geheimnis. Klüngelei öffentlich zu zu machen und zu kritisieren, halte ich für einen der besten Wege, ihr beizukommen.

  7. Eine bisschen schräge Verkürzung: Bundesvorstand=Bundesverband=ADFC.
    Man mag von manchem Detail der Petition halten, was man will. Falschparken ist zweifellos ein Problem, der “Preis” dafür offensichtlich nicht hoch genug, die Petition also in ihrer grundsätzlichen Richtung eher unterstützenswert.
    Folge: Der ADFC Sachsen unterstützt die Petition zum Beispiel. Also: Bitte keine verallgemeinernde ADFC-Hetze, sondern selber daran mitarbeiten, dass wir eine schlagkräftige und erfolgreiche Lobby werden – bundesweit.

  8. dazydee sagt:

    “Zum Gehwegparken fordert der ADFC Bundesverband – höchst realistisch – das Abschleppen der falsch geparkten Autos vom Radweg. So viele Abschleppwagen gibt es gar nicht, wie man dafür bräuchte.”

    Eine der Vorteile der Markwirtschaft:
    Würden die Kommunen für eine entsprechende Abschlepp-Nachfrage sorgen, würde sich über kurz oder lang ein entsprechendes Abschlepp-Angebot einstellen ;)

  9. Markus MK sagt:

    Das haben die glaube ich noch gar nicht erkannt. Ist doch eine nette Organisation, die Falscheinparkern beim Wiederausparken hilft. Vielleicht gibt es ja Rabatt für Plusmitglieder ;-)

    Ach das NRW-Forum – wenn Jugendgästehäuser wenigstens mit genügend Hubschrauberlandeplätzen ausgestattet wären… ;-)

    Warum sollte sich der ADFC in dieser Frage denn überhaupt positionieren? Dem ADFC könnte es doch eigentlich wurscht sein, ob die Lösung der Probleme mit dem Falschparken durch vermehrte Kontrollen oder höhere Strafgelder erreicht werden soll.

    Die meiste Arbeit bleibt ja bei den kommunalen Ordnungsämtern hängen, denn in den wenigsten Fällen besteht ja eine konkrete Gefahr.

    Ähm, ach ja, wie war das noch mal mit dem Einsatz für die meist gefährdetsten Verkehrsteilnehmenden, wenn Fahrräder legal auf Gehwegen parken?

    Zudem sieht ja jede Kommune noch etwas anders sus. Wenn Kraftfahrzeuge innerorts auf den häufig unzumutbaren Radverkehrsanlagen abgestellt werden, ist dies ja für viele untätige Kommunen durchaus ein Anreiz zur Abschaffung der Radwegbenutzungspflicht. Soweit müsste das ja dann schon betrachtet werden, denn es gibt ja durchaus jahrzehntelange Rückstände.

    Die Petition leistet durchaus einen verständlichen Anreiz zur Diskussion. Vielleicht kommen ja mal einige Kommunen auf die Idee, ihre Stellplatzsatzungen zu überarbeiten und die Kfz-Besitzer an den Kosten für Parkplätze entsprechend zu beteiligen. Auch in den Städten muss dann neu bewertet werden, ob die dort Lebenden zugunsten der Lebensqualität auf den Straßen auf ein paar Häuserzeilen verzichten wollen.

  10. Rolle sagt:

    Was hat das Kuscheln mit Kommunen mit den Strafen für Falschparker zu tun? Das wäre doch eher Sache der Gliederungen als die des Bundesverbands? Weiß der Autor eigentlich, wovon er redet? UNd hat er den betreffenden Text gelesen? Ich glaube nicht. Die Strafen fürs Falschparken sind zu niedrig ja, aber eine Erhöhung wie in der Petition hätte zur Folge, das Falschparken deutlich höher als Geschwindigkeitsverstöße geahndet würden. Wäre das wünschenswert? Jetzt könnte man sagen_ Alle Strafen hoch. Aber ist das realistisch? nein. Man könnte es natürlich fordern. Aber mit Phantasieforderungen ist keine Politik zu machen, und dann redet eben kein ernstzunehmender Politiker auf Bundesebene mehr mit dem ADFC. Und dann wird gar nichts mehr für Radfahrer erreicht. Aber Hauptsache, krakeelen, wenn man die Zusammenhänge nicht versteht. Und schön für einen Populisten auf BILD-Niveau Werbung machen, der mit seinem Getöse Geld verdient. Also Bundesverband: Alles richtig gemacht. Alle Moserer: noch mal nachdenken.

    • Norbert Paul sagt:

      Also ich finde “Keine grundsätzliche Geschwindigkeitsbeschränkung” der Auto-Lobby ist eine Phantasieforderung gegen jede Vernunft, viele haben sich nur zu sehr dran gewöhnt und auch sie ist ja bis jetzt politsche Realität. Außerdem ist das ja wie mit den Gewerkschaften: Man muss mehr fordern, damit man das bekommt, was man mindestens erreichen will.

      Aber Hauptsache, krakeelen, wenn man die Zusammenhänge nicht versteht. Und schön für einen Populisten auf BILD-Niveau Werbung machen, der mit seinem Getöse Geld verdient. Also Bundesverband: Alles richtig gemacht. Alle Moserer: noch mal nachdenken.

      Da kann ich gerade nicht folgen. :-(
      a) Klaus Kulinga und ein paar andere haben es nicht verstanden
      b) … und macht damit Werbung für
      c) … jemand, der (laut Bundesverband) damit Geld verdient
      d) laut meiner Aussage ein Populist ist
      e) irgendwoher kommt dann noch die Bild-Zeitung ins Spiel
      f) Genau deswegen: Der BV hat alles richtig gemacht
      g) Moserer haben es nicht verstanden
      Für mich kein logischer argumentativer Aufbau.

      Ach ja, bevor man mich falsch versteht nochmal: Ich hätte als BV auch so reagiert, aber das anders begründet.

  11. Thorsten Boehm sagt:

    Die Geschäftsführung eines Vereins (und um die geht es hier – weder um den Vorstand noch um die Mitglieder im Ganzen) wird manchmal Entscheidungen treffen, mit denen nicht alle einverstanden sind. Es ging hier darum, die Art einer konkrete Einzelaktion zu bewerten. Dass die Bußgelder in Deutschland nicht abschreckend wirken, hat indes niemand bestritten.

    Wer hier pauschal einen Kuschelkurs gegenüber den Kommunen unterstellt, sollte sich außerdem in Erinnerung rufen, dass die Höhe der Bußgelder vom Bundesrat festgelegt wird und nicht von den Kommunen.

    Den ADFC wegen dieser Entscheidung pauschal als staatstragenden Bürokratenverein (oder anderer Stelle als Clowns) zu bezeichnen, wird weder der verkehrspolitischen Position des ADFC gerecht noch den vielen ADFC-Aktiven, die sich unter hohem persönlichen Einsatz für eine Verbesserung der Radverkehrsbedingungen einsetzen. Die Entscheidung gegen diese Onlinepetition pauschal auf andere Themen (Tempo 30, Verkehrsflächenverteilung usw.) zu projizieren und daraus eine generelle Haltung des ADFC abzuleiten, ist weder logisch noch von Sachkenntnis getragen.

    Und zu guter Letzt entbehrt es nicht einer gewissen Komik, einerseits schärfere staatliche Sanktionen zu fordern und andererseits den ADFC als „staatstragend“ verunglimpfen zu wollen, weil er diese Petition nicht unterstützt.

    • Norbert Paul sagt:

      verkehrspolitischen Position des ADFC gerecht

      Was ist denn für dich die verkehrspolitische Position des ADFC? Wenn man sich die Äußerungen verschiedener Gliederungen anschaut, ist das alles sehr widersprüchlich. Und das offizielle VP-Programm ist doch dann halt zu unspezifisch, als dass man daraus direkt etwas für die Situation vor Ort ableiten könnte, so dass dann Gliederungen ganz unterschiedliche Dinge fordern. Im ADFC Kreisverband Harburg gab es vor kurzem Ortsgruppen, die sich öffentlich gegen den Kreisverband gestellt haben, obwohl der KV fachlich und sachlich auf der höhe der Zeit war und nur die Umsetzung geltenden Rechtes forderte.

      den vielen ADFC-Aktiven, die sich unter hohem persönlichen Einsatz für eine Verbesserung der Radverkehrsbedingungen einsetzen

      Wenn es da denn (s. o.) Einigkeit gäbe.

      Die Entscheidung gegen diese Onlinepetition pauschal auf andere Themen (Tempo 30, Verkehrsflächenverteilung usw.) zu projizieren und daraus eine generelle Haltung des ADFC abzuleiten, ist weder logisch noch von Sachkenntnis getragen.

      Das verstehe ich einfach nicht. Was soll damit gesagt werden? :-(

      • Thorsten Boehm sagt:

        Es geht hier darum, dass die Kritiker aufgrund einer Entscheidung über eine konkrete Einzelaktion (Petition) auf eine grundsätzliche Haltung schließen wollen.

        Das Verkehrspolitische Programm des ADFC wurde in einem längeren Prozess unter Beteiligung der Kreis- und Landesverbände erstellt und am Ende demokratisch beschlossen. Es ist keineswegs „unspezifisch“, sondern formuliert die ADFC-Haltung und orientiert sich am aktuellen Stand der fachlichen Diskussion. Als Grundsatzprogramm bildet es einen Rahmen für Entscheidungen und Forderungen auch in den Kommunen. Und natürlich lassen sich aus ihm die ADFC-Forderungen für die konkrete Situation vor Ort ableiten, wie es ja auch tatsächlich passiert. Z.B. in München mit dem Programm “Wohin radelt München? Forderungen an eine nachhaltige Verkehrspolitik”. Dass ein Verkehrspolitisches Grundsatzprogramm keine einzelfallbezogenen Handlungsanweisungen aufzählt, dürfte klar sein.

        Wenn einzelne ADFC-Aktive das Verkehrspolitische Programm ignorieren oder wenn es in der Diskussion vor Ort unterschiedliche Ansichten über die bessere Lösung für ein konkretes Problem gibt, steht das nicht im Widerspruch dazu, dass der ADFC tatsächlich eine Haltung hat. Und zwar nicht die, die ihm hier in einigen Beiträgen kritisch unterstellt wird.

        Weil im richtigen Leben eben nicht alles nur schwarz oder nur weiß ist, und solange der ADFC nicht mit nordkoreanischen Methoden arbeitet, werden einzelne Mitglieder oder Sprecher von Gliederungen auch Meinungen äußern, die nicht „state of the art“ sind. Das geht den politischen Parteien genauso und kann doch niemanden wirklich überraschen.

        Das verstehe ich einfach nicht. Was soll damit gesagt werden?

        Siehe z.B. Beitrag von Christian Strupp, 29.11., 11:53 Uhr

  12. Martin sagt:

    Mal so ganz grundsätzliche Kritik am Verhalten von NGOs gab es in der Ausgabe 2/2013 der “Blätter für deutsche und internationale Politik“ zu lesen: “Debakel in Doha: NGOs ohne Biss”, der Artikel kann hier nachgelesen werden:
    http://www.globalgovernance.de/pdfs/Be_Br_Blaetter_2_2013.pdf

    In dem Artikel geht es zwar um Klimaschutz, aber die Beschreibung des Verhaltens der NGOs könnte auch auf den ADFC zutreffen, Zitate aus dem Artikel:

    “[…] Stattdessen neigen NGOs zu einem konfliktiv-kooperierenden Verhalten. Zwar weisen sie auf Misserfolg in den Verhandlungsrunden hin, thematisieren die gegenläufigen Interessen der Akteure oder propagieren andere Lösungswege. Fundamentale Kritik an der inhaltlichen Ausrichtung des Prozesses bzw. der Verfahren äußern sie
    jedoch selten. Auf diese Weise bestimmt der Wille zur Teilnahme am offiziellen Prozess die Grenzen der politischen Forderungen und Protestaktionen. […]
    NGOs sind somit integraler Bestandteil von Staatlichkeit und des zunehmend widersprüchlichen Terrains, das die Klimapolitik prägt. Auch aus diesem Grund scheitern sie daran, zum Impulsgeber für gesellschaftlichen Wandel zu werden. Vielmehr bleiben die klimapolitischen NGOs und ihre Netzwerke gebetsmühlenartig wiederholten Forderungen verhaftet – beispielsweise der nach…”

  13. Eigentlich wollte ich mich zurückhalten, aber möchte nun doch ein paar Fakten klarstellen:

    (1) Der Bundesvorstand war über seinen Bundesgeschäftsführer gefragt worden. Mir ist ein Mail bekannt, dass auf eine höfliche Anfrage seitens einer der Erstunterstützer, des InnoZ, mit einer aussagekräftigen Absage reagierte. Die Formulierung war so deutlich, dass sich eine weiterer Schritt erübrigte. Möglicherweise kann man die Informationsflüsse in der Bundesgeschäftsstelle verbessern. Nichtsdestotrotz, ich habe das am Montag nachgeholt und bin auf die Antwort von Herrn Syberg und Herrn Stork gespannt.

    (2) Die Ablehnung einer Zusammenarbeit der ADFC mit der Wegeheld-App ist für mich kein Grund, nie wieder Kooperationen anzufragen. Strategisch ist bei der Wegeheld-App und bei der Petition der Flächenkonflikt zwischen Autoverkehr und Radverkehr im Visier, beide Aktionen sind bewusst konfrontativ. Eine Zusammenarbeit dazu abzulehnen respektiere ich deshalb aufs Deutlichste, begrüße aber auch, wenn es dazu unterschiedliche Meinungen gibt.

    (3) Alle bisherigen Aktivitäten der Initiative clevere Städte (die Crowdfunding-Kampagne Strassensheriff-App, die Entwicklung und der Launch der Wegeheld-App, die EU-Knöllchen-Report, der Flächengerechtigkeitsreport, die Parking-Day-Aktion, die Pressemeldung zur Helmpflicht für Autofahrer und die Petitionskampagne) betreibe ich als ehrenamtliches Engagement. Mir sind bislang Kosten von weit mehr als 30.000 Euro entstanden, die ich aus dem eigenen Geldbeutel bezahlt habe. Darüber hinaus habe ich neun Monate meinen Job an den Nagel gehängt. Das ich eine kleine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Agentur für clevere Städte) gegründet habe, hing mit der Angst zusammen, doch von einem SUV-fahrenden, falschparkenden Rechtsanwalt in Grund und Boden abgemahnt zu werden und dann privat haften zu müssen. Spenden sind bislang im Umfang von 500 Euro geflossen. Dagegen wird jeder Arbeitsplatz in der Bundesgeschäftsstelle von zich Spendern getragen, wenn auch über eine andere Rechtsform organisiert. Die ehrenamtlichen Aktivitäten eines ADFC-Mitgliedes deshalb so zu diffamieren, fördert unsere gemeinsamen Ziele nicht wirklich.

    (4) Die Forderung nach Anhebung auf EU-Niveau (80 / 100 / 130 Euro je nach Vergehen) ergibt sich aus zwei Gründen: Zum einen ist das eine nachvollziehbare Logik: Warum nicht EU-Niveau, wo wir doch alle so gerne in diesen Ländern Urlaub machen und sonst Europa voll im Kurs liegt. Zum anderen ist der Mittelwert aus Extremwerten dann der Wert, auf den ein politischer Prozeß am Schluss hinsteuert: Wenn ich als bei 80 Euro anfange, der heutige Wert bei 20 Euro liegt, kommt im besten Fall dann 50 Euro raus. Da der ADAC aber mit 18 Mio. Mitgliedern vermutlich mehr mitreden wird als der ADFC mit 140.000 Mitgliedern, würde der Mittelwert eher noch mehr verwässert werden – eine Kampagne kann man sich dann sparen.

    (5) Ich empfehle jedem, einmal in Ruhe die Petition im veröffentlichten Stand durchzulesen mit all ihren Quellen, Links und Argumenten (). Da eine Arbeitsgruppe auf Bund-Länder-Ebene im vertraulichen Kreise, möglicherweise mit VDA und ADAC-Beteiligung seit August 20134 tagt und kein Menschen davon weiß, ist das eigentliche Thema, um das es geht. Selbstverständlich wird in einem Abwägungsprozess eine Anpassung aller Delikte passieren. Der eigentliche Skandal ist aber, dass Deutschland so weit unter EU-Niveau liegt und der heutige Bußgeldkatalog eine einzigartige Einladung zum rücksichtslosen Verhalten ist. Hier wäre der ADFC gefordert, jetzt Einfluss zu nehmen, laut, klar und gezielt – und nicht erst, wenn deren neuer Entwurf vorliegt. Die Einladung steht, bekräftigt werden kann sie mit der Petitionsverbreitung.

    (6) Die Alternative, Abschleppen zu lassen, besteht seit langem. Passieren tut allerdings nichts. Weil die Ordnungsämter sich kaum noch gegen die Lobby antrauen und die Rechtsprechung Täter- statt Opferschutz betreibt und die Verhältnismäßigkeit diskutiert. Auf vermehrtes Abschleppen zu pochen heißt die gegenwärtigen polit-administrativen Verhältnisse so zu belassen wie sie sind – glänzend durch Nichtstun.

    Ich finde es schade, dass der Schlagabtausch hier etwas laut geworden ist. Mehr begrüßen würde ich es, wenn die Diskussion in die Richtung weiter ging, wie man die jetzige Situation (Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bundesratsentscheidung zur Verteuerung des Schwarzfahrens, Falschparker-Hype) nutzen kann, um wirklich etwas zu bewegen.

    Als ADFC-Mitglied habe ich großen Respekt vor der Leistung des ADFCs, die über viele Jahre mühsam, ehrenamtlich oder in festen Anstellungen erbracht wurde. Meine Strategie ist die des “bad guys”, denn manche Positionen kann der eine oder andere Player aus polit-strategischen Gründen nicht mittragen. Schade finde ich nur, dass die “good guys” die Gunst der Stunde nicht strategischer nutzen. Jede Art einer taktisch-strategischen Zusammenarbeit hilft.

    Diese herzliche Einladung steht offen im Raum.

    Radfahrerliche Grüße aus dem kalten Berlin

    Heinrich Strößenreuther

  14. Carsten sagt:

    Etwas prononciert:

    Alles hat seinen Preis in diesem System: Wir bekommen einen Fahrradklima-Test spendiert und sind dafür halt offiziell schön brav, wenn es um so unbequeme Dinge wie diese Petition geht.

    Durch die Rundmail des BV ist die Petition indes hinreichend bekannt geworden und jeder darf selbst enscheiden, ob er mitmacht.

  15. Thorsten Boehm sagt:

    Die Forderung nach höheren Bußgeldern fürs Falschparken ist – was hier niemand bezweifelt – von einer guten Absicht getragen.
    Sie ist aber witzlos, solange es in Deutschland keine Halterhaftung für Halt- und Parkverstöße gibt (§ 25 a StVG).

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