Oberstreifen, Unterstreifen, Gehbahn:
Nicht nur Berliner Radfahrwege, auch Berliner Gehwege sind hoch aktuell, wenn es um Radverkehrsplanungen geht.
Fahrradfreundlich heißt auch: Fußgängerfreundlich.
Radwege und Radfahrstreifen dürfen nicht zu Lasten des Fußgängerverkehrs angelegt werden. Wenn aber auf der Fahrbahn parkende Kraftfahrzeuge von den Planern auf die Gehwege verschoben werden, um auf der Fahrbahn Platz zu schaffen für einen Radfahrstreifen, geschieht genau das: Radverkehr wird zu Lasten der Fußgänger gefördert. Deshalb muss der ADFC bei allen Planungen immer zuerst der Anwalt der Fußgänger sein. Die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) nehmen nicht umsonst ausführlich Bezug auf die Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA 2002), wenn es an die Planung von Radwegen geht.
Berliner Gehwege
Berliner Gehwege bestehen in Querrichtung gesehen aus dem Oberstreifen (am
Grundstück), der eigentlichen Gehbahn, dem Unterstreifen und dem Bordstein als
Begrenzung zur Park- und Fahrbahn.
Ober- und Unterstreifen bestehen aus kleinformatiger dunkler Pflasterung (Granit oder
Basalt), die Gehbahn aus hellen Platten.
Diese Struktur bietet durch einen gewissen Helligkeitskontrast und eine auch mit Schuhen
ertastbare Oberfläche recht gute Orientierung für blinde und sehbehinderte Menschen.
Diese Gehwege sind nicht nur in Berlin, sondern an vielen Orten anzutreffen, wo Gehwege aus der Zeit vor der Vollmotorisierung erhalten gebleiben sind.
Die Gehbahn
Die Gehbahn ist der eigentliche Verkehrsraum für die Fußgänger und berücksichtigt für die unterschiedlichen Personengruppen den Bedarf an Bewegungsbreite im Begegnungsfall. Die Gehbahn ist also auch ausreichend breit für Rad fahrende Kinder, die Fußgängern begegnen. Für Kinder bis zu acht bzw. zehn Jahren ist der Gehweg der Radweg. Die Gehbahn ist von allen Hindernissen freizuhalten. Pfosten, Masten, Kästen, Körbe und Tonnen jeder Art werden ausschließlich auf dem Ober- oder Unterstreifen untergebracht. Das gilt auch für parkende Fahrräder.
Der Oberstreifen oder Traufstreifen
Der Oberstreifen übernimmt vorwiegend die Aufnahme von Regenfallrohren, Kellerlichtschächten sowie Treppenstufen und Rampen oder vorragenden Balkonen. Im Oberstreifen können aber auch Aufenthaltsräume, Ruheflächen und Verweilzonen angelegt werden sowie Ausstattungselemente, wie z.B. Briefkästen, Abfallbehälter, Fahrradständer, Ruhebänke, Werbetafeln, Vitrinen, usw. Dazu sind Breitenzuschläge erforderlich, die über das Regelmaß hinausgehen.
Der Unterstreifen oder Sicherheitsstreifen
Dieser Bereich am Fahrbahnrand dient der Aufnahme von senkrechten und waagerechten Verkehrsleiteinrichtungen, wie Lichtsignalanlagen, Verkehrszeichen, Schutzgeländer, Poller aber auch Beleuchtungsmasten usw. Bei größeren Breiten werden im Unterstreifen auch Bäume, Fahrrad- und Pkw-Stellplätze, Werbeeinrichtungen, auch Straßencafés und Warenauslagen untergebracht.
Barrierefreies Parken
Mit dem ausufernden Parken von Kraftfahrzeugen auf Gehwegen, sei es als gekipptes Parken oder vollflächig, sei es legal oder illegal, sind Berliner Gehwege nicht kompatibel. Wie man Autoparken auf Gehwegen barrierefrei gestalten soll, konnte mir noch niemand erklären. Barrierefreiheit ist aber von der EU rechtlich bindend vorgegeben.
Wir brauchen eine neue, die alte Gehwegkultur! Das sollte der ADFC immer im Blick behalten.
Zum Nachlesen:
Ausführungsvorschriften zu § 7 des Berliner Straßengesetzes über Geh- und Radwege (AV Geh- und Radwege) vom 16. Mai 2013:
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/download/verkehr/amtsblatt_av_gur.pdf
Barrierefreie Gehwege, info-Schrift B-117 des i5b:
www.i5b.de/files/b-117_barrierefreie_gehwege.pdf
Ein sehr schönes Konzept, dieser Berliner Gehweg. Wie dieses Konzept unterwandert wird, habe ich mir beim Lesen schon fast gedacht ;-)