Unfalltode in Köln-Mülheim

Der 14. April 2015 war mit zwei tödlichen Unfällen ein schlimmer Tag für den Radverkehr in Köln.

Eine 19jährige Radfahrerin wurde Opfer eines auf einer öffentlichen Straße ausgeführten illegalen Autorennens. Während sich die Unfallverursacher lt. Presseartikeln vor allem um ihre Alufelgen sorgten, hat dieser Unfall ganz Köln betroffen gemacht.

Die Polizei kontrolliert nun zurecht verstärkt Autofahrer auf der “Rennstrecke” Auenweg. Am letzten Freitag haben 550 Kölner Radfahrer die Unfallstelle im Rahmen der Critical Mass Köln besucht.

Es bleibt zu hoffen, dass die Infrastruktur am Auenweg massiv verändert wird. Die gerade geführte, gut ausgebaute Straße durch ein Industriegebiet, Bahnanlagen und vorbei am Kölner Messegelände lädt derzeit einfach zu stark zur Nichteinhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen ein. Neben baulichen Veränderungen wären fest installierte Blitzer und unankündigte (!) Kontrollen durch die Polizei wichtige Maßnahmen.

Zweiter Unfall an Bahnübergang

Doch damit nicht genug für den 14. April. Es ereignete sich noch ein zweiter tödlicher Radunfall. Hier fuhr ein 52jähriger Radfahrer auf einem nicht straßenbegleitenden Radweg, bog bei grün auf den die Querstraße begleitenden Radweg ein. Er übersah dabei eine von einer hohen Mauer verdeckte heranrasende Stadtbahn der Kölner Verkehrsbetriebe. Polizei und Presse sprechen schnell von einem Rotlichtvergehen des Radfahrers.

Wir haben uns die Unfallstelle vor Ort aber einmal näher angesehen. Nach StVO gilt hier sicher bis Ende nächsten Jahres die Fußgängerampel auch für den Radverkehr:

§37 Abs. 2 Satz 6 StVO:
»Wenn eine Radverkehrsfurt direkt an eine Fußgängerfurt grenzt, gelten, wenn es keine Fahrradampeln gibt, bis zum 31. Dezember 2016 die Fußgängerampeln.«

Die Fußgängerampel ist aber zum Einen für den Radverkehr teilweise durch ein Verkehrsschild verdeckt, zum Anderen ist sie aber gänzlich unerwartet, denn der Radfahrer wähnt sich ja noch im Linksabbiegevorgang bei Grün. Schon eine dedizierte Fahrradampel auf Höhe der Haltelinie und eine intelligentere Ampelschaltung an der Straßenquerung hätten womöglich den Tod des Radfahrers verhindert.

Aber diese Kreuzung müsste nach unserem Verständnis auch der »Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab)« entsprechen. Lesen wir dort einmal nach:

§20 BOStrab: Bahnübergänge
»(1) Bahnübergänge sind durch Andreaskreuze nach Anlage 1 Bild 1 gekennzeichnete höhengleiche Kreuzungen von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper mit Straßen, Wegen oder Plätzen.
(2) Auf Bahnübergängen hat der Straßenbahnverkehr Vorrang vor dem Straßenverkehr.
(3) Die den Vorrang nach Absatz 2 kennzeichnenden Andreaskreuze müssen an den Stellen stehen, vor denen Wegebenutzer warten müssen, wenn der Bahnübergang nicht überquert werden darf.
(4) Bahnübergänge müssen technisch gesichert sein. Dies gilt nicht für
1. Bahnübergänge, die innerhalb eines Tages in der Regel von nicht mehr als 100 Kraftfahrzeugen überquert werden und die durch die Übersicht auf die Bahnstrecke gesichert sind,
2. Bahnübergänge von Fußwegen und Radwegen, die durch die Übersicht auf die Bahnstrecke und durch Drehkreuze oder ähnlich wirkende Einrichtungen gesichert sind.
(5) Als technische Sicherung nach Absatz 4 müssen vorhanden sein
1. Geber für Lichtzeichen mit der Farbfolge Gelb – Rot nach Anlage 1 Bild 2, die mit Halbschranken nach Anlage 1 Bild 3 verbunden sein können,
2. Geber für Überwachungssignale Bü 0 und Bü 1 nach Anlage 4 vor dem Bahnübergang oder eine in Zugsicherungsanlagen eingebundene Überwachung der Einrichtungen nach Nummer 1.
(6) Die Sicherung durch die Übersicht auf die Bahnstrecke ist vorhanden, wenn die Wegebenutzer die Bahnstrecke so weit und aus einem solchen Abstand übersehen können, daß sie bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den Bahnübergang ungefährdet überqueren oder vor ihm anhalten können.
(7) Als Bahnübergänge gelten auch höhengleiche Kreuzungen von Straßenbahnen auf besonderem Bahnkörper mit Straßen, Wegen oder Plätzen, wenn die Vorschriften der Absätze 3 bis 6 eingehalten sind.«

Die Keupstraße wird mutmaßlich von tausenden Fahrzeugen jeden Tag passiert. Es gibt hier weder eine Schranke noch eine andere Sicherungsanlage. Für den Radverkehr gibt es nicht einmal ein Andreaskreuz, denn dieser wird erst nach dem für den Autoverkehr geltenden Andreaskreuz auf die Keupstraße geführt. Der Bahnübergang ist dazu noch absolut unübersichtlich durch die Mauer an der rechten Seite. Die Bahnen rauschen mit sehr hoher Geschwindigkeit heran. Wir sind überzeugt: Der Radfahrer hatte keine Chance.

Wie kann ein solcher Bahnübergang ohne Schranke und ohne Andreaskreuz genehmigt werden?

In die Verkehrsunfallstatistik der Polizei NRW wird dieser Unfall mutmaßlich lediglich als Rotlichtvergehen eines Radfahrers eingehen.

UPDATE: Nach einer Begehung durch die Unfallkommission der Stadt Köln aufgrund des Unfalls am Bahnübergang Keupstraße wurden auf Anregung des ADFC Köln einige Änderungen an der Kreuzung beschlossen. Unter anderem wird ein für den Radverkehr sichtbares Andreaskreuz angebracht und die hier missachtete Lichtsignalanlage mittelfristig so versetzt, dass sie vom Radweg aus durchgehend gesehen werden kann. Das ist derzeit nicht der Fall, weil die Ampel durch einen Mast verdeckt wird. Außerdem werden Absperrungen und eindeutigere Markierungen angebracht.

Besonderer Dank an Gunter Maier, Jonas von Knobloch und Sebastian Koopmann für die inhaltliche Zuarbeit und Fotos.

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