OberbürgermeisterInnenwahl in Köln 2015

In zwölf Tagen naher Zukunft findet die OB-Wahl in Köln und zahlreichen anderen Städten in NRW statt. Wir haben mit den Kandidierenden gesprochen.

Die parteilose OB-Kandidatin Henriette Reker (unterstützt von CDU, Die Grünen, FDP, Freie Wähler und Deiner Freunde) und der OB-Kandidat Jochen Ott (SPD) fuhren jeweils an einem Nachmittag mit dem Vorstand und den Verkehrsexperten des ADFC Köln in der Kölner Innenstadt zu für Fahrradfahrer neuralgischen Stellen. Dort wurde jeweils exemplarisch dargelegt, wie kurz- und mittelfristig das Kölner Fahrradverkehrskonzept umgesetzt werden könnte.

Während der Aufenthalte war gut zu beobachten, wie Fahrradfahrer den für sie vermeintlich sicheren Weg wählten, auch wenn dies nicht der Straßenverkehrsordnung entsprach. Unsere Experten konnten sehr genau erklären, was zu tun ist, damit Fahrradfahrer unter Beachtung der Straßenverkehrsordnung mit einem sicheren Gefühl Kreuzungen queren und Straßen entlang fahren können. Beeindruckt sagten Frau Reker wie auch Herr Ott, dass sie sich im Falle ihrer Wahl intensiv um den Fahrradverkehr kümmern werden.

Was genau sie planen und wie sie vorgehen wollen, erläutern sie und der unabhängige Kandidat Marcel Hövelmann bei der Beantwortung eines umfangreichen Fragenkatalogs zum Radfahren in Köln und zu ihren Konzepten für die Umsetzung (rad-)verkehrspolitischer Ziele in unserer Stadt.

Persönliche Beziehung zum Fahrrad

Wozu und wie oft nutzen Sie persönlich ihr Fahrrad?

Henriette Reker: Ich kann mein Fahrrad aufgrund meiner Arbeit leider nur unregelmäßig nutzen, aber ich fahre mit dem Rad einkaufen.

Marcel Hövelmann: Täglich; Arbeitsweg und privat, da kein Auto vorhanden; zusätzlich Mitbesitzer eines Lastenfahrrads.

Jochen Ott: Ich bin mehrmals wöchentlich mit dem Fahrrad in unserer Stadt unterwegs: zu beruflichen Terminen in der Nähe, zum Einkaufen und zu Ausflügen mit meiner Frau und meinen Töchtern.

Haben Sie in Ihrem Wahlkampfteam eine(n) spezielle(n) fahrraderfahrene(n) Beauftragte(n) für fahrradverkehrspolitische Themen?

Hövelmann: Nein. Hier nutze ich meine eigene inhaltliche Kompetenz als in diesem Bereich Berufstätiger.

Ott: In meinem Team habe ich die gesamte Verkehrsthematik an einer Stelle gebündelt, da es mir wichtig ist, die Belange aller Verkehrsteilnehmer integriert zu betrachten. Insgesamt habe ich in meinem Team mehrere überzeugte und leidenschaftliche Radfahrerinnen und Radfahrer. Wir diskutieren häufig unsere Erlebnisse des Fahrradalltags und Handlungsansätze zur Verbesserung der Situation in Köln.

Verkehr und Sicherheit

Kennen Sie den ADFC-Fahrradklima-Test? Wie gedenken Sie die Kölner Test- Ergebnisse in Zukunft zu verbessern?

Reker: Köln hat mittlerweile einen Radverkehrsanteil von ca. 16% im Modal Split. Dies ist für eine Großstadt ein mäßig akzeptabler Wert. Eine deutliche Erhöhung ist mein Anspruch. Dabei geht es nicht nur darum, für Radfahrer eine bessere Infrastruktur zu realisieren. Es muss ein insgesamt fahrradfreundlicheres Klima geschaffen werden. Das Fahrrad ist mittlerweile – wie andere Städte es schon gezeigt haben – für viele Verkehrsprobleme die bessere Lösung. Das ist der Anspruch vieler Bürgerinnen und Bürger.

Hövelmann: Die Tests der vergangenen Jahre und das verbesserungswürdige Kölner Abschneiden sind mir bekannt. Nur über die konsequente Umsetzung von vielen kleinen Einzelmaßnahmen in einem Gesamtkonzept lassen sich mittelfristig die Ergebnisse verbessern.

Ott: Die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklima- Tests in den verschiedenen Städten verfolge ich sehr interessiert. Die Ergebnisse des letzten Klimatests für Köln sind wirklich keine Auszeichnung – auf den 36. Platz bin ich nicht stolz.

Um das Klima für den Radverkehr in Köln zu verbessern möchte ich mehr Raum, mehr Sicherheit und mehr Gleichberechtigung erreichen. Dabei müssen wir die Belange von „Radprofis“, aber auch von Kindern und Senioren berücksichtigen. Bei Neu- und Umplanungen von Straßen müssen wir von Anfang an ausreichend Straßenraum für den Radverkehr einplanen. Fahr- und Schutzstreifen dürfen nicht zugeparkt und blockiert werden. An vielen Kreuzungen können wir durch wenig aufwändige Maßnahmen die Verkehrssicherheit verbessern. Optimierte Ampelschaltungen sollen für einen besseren Fluss des Radverkehrs sorgen und ein Radschnellwegenetz schnelle und überregionale Verbindungen bieten. Im Land setze ich mich für die finanzielle Förderung von E-Bikes ein Daneben brauchen wir mehr Parkraum für Fahrräder wie überdachte Abstellanlagen, verschließbaren Boxen oder Fahrradparkhäuser.

Der ADFC, das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, die Gewerkschaft der Polizei NRW und die Stadt Köln favorisieren Tempo 30 als innerstädtische (Regel-)Geschwindigkeit. Wie setzten Sie dies um?

Reker: Da eine generelle Reduzierung des Limits alleine an den fehlenden rechtlichen Möglichkeiten scheitert, sollten daher weitere lokale Lösungen – Tempo 30 Zonen – ausgebaut werden. Allerdings ist mir der Ansatz, die Geschwindigkeit zu reduzieren zu wenig. Im Kern geht es doch nicht nur um die Erhöhung der Verkehrssicherheit, sondern auch der Aufenthaltsqualität und der Lebensqualität in der Innenstadt. Um dies zu erreichen sollten auch andere Konzepte, wie z.B. Fahrradstraßen und verkehrsberuhigte Bereiche umgesetzt werden.

Hövelmann: Die Umsetzung von Tempo 30 unterstütze ich. Als erster realer Test in einer größeren Fläche muss dies gemeinsam mit der Umsetzung des Radverkehrskonzepts Innenstadt erfolgen.

Ott: Bei der Einführung weiterer Tempo 30 Zonen sollten wir die Bevölkerung einbinden. Da, wo aufgrund von Unfallgefahren und Unfallhäufungen die Verkehrssicherheit gesteigert werden kann, insbesondere vor Schulen, Kitas oder Altenheimen, unterstütze ich die Einführung von Tempo 30 in jedem Fall. Dabei möchte ich insgesamt einen guten und gleichmäßigen Verkehrsfluss erreichen.

In Köln verunglücken viele FahrradfahrerInnen wegen mangelnder Sichtbeziehung zu motorisierten Verkehrsteilnehmern. Alle kritischen Stellen in Köln sind der Verwaltung und der Polizei bekannt. Welche Lösungsansätze werden Sie nach Ihrer Wahl vornehmen?

Reker: Es sind nicht nur die fehlenden Sichtbeziehungen, die FahrradfahrerInnen gefährden; komplizierte Verkehrsführungen, Baustellen und überforderte Autofahrer sind weitere Faktoren, die das Radfahren unsicher machen. All dies gehört auf den Prüfstand und ist bei künftigen Radverkehrsplanungen zu berücksichtigen. Dazu gehört auch, die Präventivarbeit – z.B. Schulaktionen zum toten Winkel – auszubauen.

Hövelmann: U.a. durch die sukzessive Umsetzung baulicher Änderungen an den betreffenden Stellen sowie Informationskampagnen.

Ott: Ich selber kenne einige Kreuzungen mit schlechten Sichtbeziehungen, werde mir aber im ersten Schritt einen Gesamtüberblick über die kritischen Stellen im gesamten Stadtgebiet verschaffen. Je nach Gefährdungsgrad müssen die entsprechenden Bereiche sukzessive optimiert werden. Oft reichen schon kleine Maßnahmen und Veränderungen aus, um die Situation erheblich zu verbessern, wenn wir z.B. an Knotenpunkten den Radverkehr frühzeitig auf die Fahrbahn führen.

Werden Sie zusammen mit dem ADFC Köln eine Image-Kampagne nach Münchner Vorbild durchführen, um mehr Menschen aufs Rad zu bringen?

Reker: Wie oben bereits erwähnt halte ich Image-Kampagnen, mit dem Ziel eine fahrradfreundliche Atmosphäre zu schaffen, für durchaus sinnvoll. Ich gehe davon aus, dass dies mit dem ADFC möglich sein wird.

Hövelmann: Die Münchner Kampagnen Radlhauptstadt sowie „Gscheid radeln – aufeinander achten!“ unterstütze ich in einer Kölner Adaption zu 100%! Sehr gerne mit mir als Schirmherr – einem radelnden OB.

Ott: Um die Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt – und auch der umliegenden Kommunen – zum Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen, halte ich eine permanente Öffentlichkeitsarbeit zum Radverkehr und der Umweltmobilität für unerlässlich. Ich kann mir gut vorstellen, eine gemeinsame Kampagne zu starten.

Halten Sie die repressive, nicht präventive Vorgehensweise der Kölner Polizei bezüglich Fahrradverkehrskontrollen für angemessen?

Reker: Zur Sicherheit im Straßenverkehr gehört auch, dass sich alle Verkehrsteilnehmer an die Regeln halten. Autofahrer, Fußgänger und auch Radfahrer.

Die Kontrolle des fließenden/fahrenden Verkehrs obliegt dabei der Polizei. Sieht sie im Radverkehr solche Kontrollen als geboten an, habe ich keinen Zweifel, dass diese aufgrund von vorliegenden Daten sinnvoll sind.

Hövelmann: Kein Kommentar, da mir die genauen Gründe der Kölner Polizei für diese Kontrollen nicht bekannt sind. Im Falle meiner OB-Wahl würde ich dies jedoch eruieren.

Viele Eltern beklagen, dass sie ihre Kinder nicht mit dem Fahrrad zur Schule fahren lassen können, weil die Fahrrad- und Fußgängerwege von Lieferfahrzeugen zugeparkt werden. Es gibt eine mündliche Anweisung an das Personal des Ordnungsamtes, dieses Falschparken zu tolerieren. Wie wollen Sie diese Situation ändern?

Reker: Eine mündliche Anweisung, generell das Parken auf Fahrrad- und Fußgängerwegen zu tolerieren halte ich für abwegig. In Einzelfällen kann evtl. auf eine Verwarnung verzichtet werden, wenn keine Behinderung besteht, das mag sein. Aber es gibt kein generelles tolerieren dieser Praxis.

Das Zuparken von Geh- und Radwegen ist ein Problem, dass alle Großstädte kennen. Hier sollte man weiter auf gezielte Überwachung setzen. Aber auch auf die Einsicht der Autofahrer, denn oft wird nur „schnell“ der nächstmögliche Haltepunkt genutzt, ohne Rücksicht auf andere. Ich möchte z.B. für den Lieferverkehr zu bestimmten Zeiten spezielle Parkplätze ausweisen. Ganze Straßen „abzupollern“, um damit halten und parken zu unterbinden, ist jedenfalls keine Lösung.

Hövelmann: Eine solche Tolerierung würde ich nicht dulden und umgehend aufheben lassen.

Ott: Gerade in den Hauptverkehrszeiten müssen Fahrrad- und Fußgängerwege frei sein. Dafür ist das Amt für öffentliche Ordnung verantwortlich. Als Oberbürgermeister werde ich für ausreichende Kontrollen und die konsequente Ahndung von Verstößen sorgen.

Verkehrsplanung

Wie planen Sie, die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) von 1997, die seit 1998 gültig ist, bezüglich der Überprüfung auf qualifizierte Gefahrenlage nach § 45.9 StVO und Radwegebenutzungspflicht nach § 2.4 StVO für in Köln umzusetzen?

Reker: Die Gesetzgebung des Bundes und deren Wortlaut kann von einer Kommune nicht geändert oder anders interpretiert werden. Wie bereits erwähnt geht es mir aber auch nicht nur darum, den Radverkehr zu fördern. Mehr Sicherheit, mehr Aufenthaltsqualität und mehr Lebensqualität in den Veedeln sind meine Ziele. Es müssen daher im Einzelfall alle Möglichkeiten geprüft werden, diese Ziele zu erreichen.

Hövelmann: Hierbei gibt es in Köln enormen Nachholbedarf in der Umsetzung. Das zeitliche Vorgehen für eine konkrete Umsetzung würde ich zeitnah mit allen fahrradrelevanten Gruppierungen in Köln besprechen, so dass hierbei ein gemeinsamer Konsens entsteht und umgesetzt wird. Ggfs. bedarf es alleine für diese beiden Themen eines eigenen Ansprechpartners in der Stadtverwaltung.

Ott: Im Rahmen der Erarbeitung und Umsetzung von Radverkehrskonzepten gehört meiner Auffassung nach die Überprüfung der Straßenzüge auf Vorliegen einer außerordentlichen Gefahrenlage dazu. Nur so können wir endlich geltendes Recht umsetzen.

An dem Radverkehrskonzept Innenstadt haben alle fahrradrelevanten Gruppierungen, die Politik und die Verwaltung mitgearbeitet. Welche Bestandteile sehen Sie in den nächsten 12 Monaten, welche in 3 Jahren und welche in 5 Jahren umgesetzt?

Reker: Dies ist natürlich eine Sache der Finanzierbarkeit, bzw. der Fördermöglichkeiten. Das Radverkehrskonzept ist ja nur ein Bestandteil eines umfassenden Mobilitätskonzeptes, aber es ist am kostengünstigen umzusetzen. Diese müssen miteinander abgestimmt werden. Daher werden zunächst die Maßnahmen umgesetzt werden, die auch zu einem Gesamtkonzept passen. Die nächsten Schritte werden sein, dass man z.B. durch die Neuorganisation der Pkw-Stellflächen Räume gewinnt, die man für Radfahrer und Fußgänger nutzen kann. Radfahrer und Fußgänger werden in der künftigen Nahmobilität die wichtigsten Verkehrsteilnehmer sein.

Hövelmann: Geredet wurde in der Vergangenheit genug – jetzt heißt es, dieses für Köln mutige Konzept in nahezu seiner Gänze zeitnah umzusetzen. Für die Gesamtumsetzung sehe ich einen Zeitraum von maximal 3 Jahren.

Ott: Ich bin gespannt auf die Vorstellung und Diskussion der Handlungsempfehlungen in der dritten Veranstaltung für die Bürgerinnen und Bürger am 1. September 2015. Auf dieser Grundlage soll dann bis Ende des Jahres ein umfassendes Handlungskonzept erarbeitet werden. Es ist mir ein persönliches Anliegen, kurzfristig die Unfallbelastung an den Hot Spots in der Innenstadt durch die aufgezeigten Lösungsansätze zu verringern.

Mittel- und langfristig möchte ich, dass der Radverkehrsnetzplan deutlich erkennbar ist, ein Großteil der vorgesehenen Fahrradstraßen sowie die zusätzlichen Radparkplätze und Abstellmöglichkeiten realisiert sind.

Fahrradrelevante Anbindung der Außenbezirke

Die Außenbezirke (in denen mehr als 80% der Kölner Bürger wohnen) sind größtenteils sehr schlecht an die Innenstadt angebunden. Die Verbindung der Außenbezirke zueinander ist noch schlechter. Wann und wie wollen Sie das ändern?

Reker: Wollen wir mehr Menschen für das Fahrrad begeistern, müssen auch dementsprechend bessere, überörtliche Verbindungen angeboten werden. Konzepte hierfür gibt es bereits. Wir haben aber schon lange ein Umsetzungsproblem in der Verwaltung. Ich halte es daher für wichtig, dass bei allen Neuplanungen – sowohl inner- als auch außerörtlich – die Möglichkeiten für das Fahrrad optimal genutzt werden. Stichwort: barrierefreie Achsen.

Hövelmann: Für ganz Köln muss ein zukunftsfähiges priorisiertes Fahrradnetz erstellt werden, in welchem u.a. neue Radschnellwege und Fahrradstraßen eingebunden sind. Die konkrete Erarbeitung muss im Rahmen des Mobilitätskonzept „Köln mobil“ erfolgen, so dass spätestens im Jahr 2020 die ersten Umsetzungen beginnen können.

Ott: Im Zuge der Planung und Umsetzung von Radverkehrskonzepten für die verschiedenen Stadtbezirke müssen wir ihre Anbindung untereinander besser berücksichtigen, um möglichst durchgehende Verbindungen zu schaffen. Nur so können die einzelnen Verkehrskonzepte ineinander greifen und ein Gesamtgefüge ergeben.

Radverkehr in den Außenbezirken

Die vorliegenden Konzepte beziehen sich auf den Innenstadtbereich. Was wollen Sie tun, damit die Planungen für die Außenbezirke beginnen und umgesetzt werden?

Reker: Die Innenstadt ist der Anfang, die Außenbezirke werden folgen. D.h. auch für die Außenbereiche werde ich entsprechende Konzepte ausarbeiten und ggfs. umsetzen lassen.

Hövelmann: Die Erstellung bzw. Überarbeitung von Fahrradkonzepten für alle 9 Kölner Stadtbezirke, welche stadtbezirksübergreifend mitgedacht sind, müssen ebenfalls konkreter Bestandteil von „Köln mobil“ sein.

Ott: Ich möchte für jeden Stadtbezirk ein professionelles Radverkehrskonzept erarbeiten und sukzessive umsetzen, wie es z.B. in Lindenthal, Sülz und Klettenberg derzeit geschieht. Dort, wo noch nicht durch die Bezirksvertretung beschlossen, werde ich entsprechende Planungsbeschlüsse initiieren. Dabei ist es wichtig, die Konzepte strukturiert und nach einem realistischen Zeitplan umzusetzen.

In vielen Außenbezirken wie z. B. in Porz gibt es fertige Konzepte, die von den jeweiligen Bezirksvertretungen verabschiedet wurden. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um diese zu realisieren?

Reker: Hier müssen keine Maßnahmen ergriffen werden. Wie alle politischen Beschlüsse sind diese umzusetzen, wenn sie vom Rat bestätigt werden. Das ist Geschäft der laufenden Verwaltung und darauf werde ich achten.

Hövelmann: Bereitstellung entsprechend planerischer und finanzieller Mittel zur sukzessiven Umsetzung.

Ott: Ich möchte die Realisierung der Konzepte mit einer angemessenen finanziellen und personellen Ausstattung beschleunigen. Deshalb hat meine Partei dafür Sorge getragen, dass bereits im Haushaltsplan 2015 für die Generalsanierung der Radwege 1 Mio. € zusätzlich bereit gestellt und außerdem im Rahmen des Infrastrukturprogramms nochmals 1 Mio. € für den Neubau von Radwegen und Radschnellwegen gesichert wurden. Entsprechend haben wir auch im Stellenplan beim zuständigen Amt für Straßen- und Verkehrstechnik 3 Stellen für Planerinnen und Planer für die Ausführungsplanung des Fahrradverkehrs, die Installation zusätzlicher Abstellanlagen, Bike&Ride und die Umsetzung der bezirklichen Radverkehrskonzepte zugesetzt. Auch in den nächsten Jahren müssen zusätzliche Ressourcen für die Entwicklung des Radverkehrs in Köln investiert werden.

Zielsetzung

Welche Radverkehrspolitik werden Sie als Stadtoberhaupt in Zukunft verfolgen?

Reker: Köln ist eine wachsende Stadt. Eine wachsende Stadt bedeutet aber auch mehr Verkehrsteilnehmer. Ziel muss daher sein, mehr Bürger für die Nutzung des Fahrrades und des ÖPNV zu gewinnen.

Dabei wird sich das Nutzungsverhalten der Verkehrsteilnehmer fundamental verändern. Die Vernetzung einzelner Verkehrsmittel wird immer wichtiger. Auch die E-mobilität – in allen Verkehrsmitteln – wird zunehmen. Dazu kommt ein immer mehr „Nutzen statt Besitzen“. Hier muss die Verkehrspolitik ansetzen und mit den richtigen Instrumenten in eine nachhaltige verkehrliche Zukunft investieren. Das Fahrrad ist dabei eines der zentralen Instrumente. Der richtige, ausgewogene Verkehrsmix wird künftig darüber entscheiden, in welchen Städten die Menschen mobil oder auf der Strecke bleiben.

Hövelmann: „Mobilität anders denken und umsetzen“ lautet mein Motto für die Radverkehrs- sowie Mobilitätspolitik im Allgemeinen in und für Köln.

Ott: Die Mobilitätsgewohnheiten der Menschen ändern sich – das muss sich auch in der Verkehrspolitik Kölns wiederspiegeln. Immer mehr Menschen steigen auf das Fahrrad zurück. Diesen Trend will ich ausdrücklich und spürbar unterstützen. Bei der Gestaltung des öffentlichen Verkehrsraums werde ich von vornherein die Belange des Radverkehrs ausreichend berücksichtigen und möchte mehr Kölnerinnen und Kölner dafür gewinnen, in die umweltschonenden Pedale zu treten.

Was sind die Ziele dieser Politik?

Reker: Der Autoverkehr soll für mehr Aufenthalts- und Lebensqualität reduziert werden. Ich bin gegen eine Vollsperrung der Innenstadt, aber es müssen nicht auf jeder Straße Autos fahren müssen.

Hövelmann: Stärkung des Umweltverbunds auf 75% bis 2030 sowie eine schrittweise Steigerung der jährlichen Investitionen in den Radverkehr gemäß AGFS-Empfehlung.

Ott: Vorrangig ist mein Ziel, den Radverkehr in Köln auch in den nächsten Jahren zu steigern und dafür eine moderne und leistungsfähige Radinfrastruktur zu schaffen. Besonders wichtig ist mir neben dem Ausbau der Infrastruktur, mehr gegenseitige Rücksichtnahme und Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer zu erreichen. Es darf nicht ein Verkehrsmittel dominieren oder das Recht des Stärkeren gelten.

Nach dem Nationalen Radverkehrsplan werden 19 € je Einwohner/Jahr veranschlagt, um eine fahrradfreundliche Stadt zu werden. Derzeit investiert die Stadt Köln 2 – 3 € pro Einwohner/Jahr. Wie stehen Sie dazu? Sind die Ziele in Köln damit erreichbar?

Reker: Köln ist in seinen finanziellen Mitteln sehr eingeschränkt. Natürlich wäre es wünschenswert, mehr Geld zur Verfügung zu haben. Ob das möglich ist, wird sich erst im Laufe der nächsten Monate/Jahre zeigen. Aber ich bin auch fest der Überzeugung, dass nicht nur Geld zählt, sondern ebenso der feste Wille etwas zu verändern.

Hövelmann: Der Nachholbedarf für den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur in Köln ist immens, so dass die Gesamtkosten derzeit seriös überhaupt nicht abschätzbar sind. Eine schrittweise Steigerung der jährlichen Investitionen in den Radverkehr gemäß AGFS-Empfehlung ist anzustreben, inwiefern dies ausreicht, müssen die kommen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zeigen.

Ott: In den letzten Jahren ist die Zahl der Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer kontinuierlich gestiegen und mit ihr die Forderungen an die Radinfrastruktur – zu Recht. Dabei haben wir die Investitionen nicht proportional gesteigert. Das werden wir ab sofort tun müssen, um unsere Ziele für Köln zu erreichen.

Unter den vier deutschen Millionenstädten ist Köln das Schlusslicht. Es wurde mehr als 30 Jahre lang wenig investiert. Wie kann dies dem gegenwärtigen und zukünftigen starken Anstieg des Radverkehrsanteils gerecht werden?

Reker: In einem Umdenken, wie ich es oben beschrieben haben: Eine Entwicklung, die künftig die Verkehrsmittel besser vernetzt und den Radverkehrsanteil weiter ansteigen lässt. Es macht keinen Sinn das Fahrrad isoliert zu betrachten.

Hövelmann: Bis dato gar nicht. Wir haben in Köln einen extremen Aufholbedarf. Sowohl bei neuer als auch der Instandsetzung bestehender Infrastruktur. Zurückschauen bringt aber nichts, es gilt nun verstärkt die Versäumnisse Stück für Stück aufzuholen.

Ott: Wir haben bereits begonnen, die Investitionen für den Radverkehr zu erhöhen, diesen Trend werden wir spürbar fortsetzen müssen.

An welchen fahrradrelevanten Kriterien möchten Sie sich nach 6 Monaten und 12 Monaten Ihrer Amtszeit als Oberbürgermeisterin / Oberbürgermeister messen lassen?

Reker: Ob sich fahrradrelevante Kriterien schon nach 6 oder 12 Monaten messen lassen, möchte ich bezweifeln. Aber ich kann ich versprechen: Ich werde nach der Wahl als Oberbürgermeisterin in Bezug auf die Verkehrspolitik mit Nachdruck für den Radverkehr werben. Alle anstehenden Maßnahmen die eine Verbesserung des Radverkehrs zur Folge haben, sollen zeitnah umgesetzt werden. Köln steht vor einem Verkehrskollaps und da ist keine Zeit zu verlieren.

Hövelmann: Der Beginn einer neuer Fahrradkultur in Köln ist ein langwieriger und komplexer Prozess. Dennoch können auch zeitnah erste kostenextensive und sinnvolle Umsetzungen angeschoben werden. Drei Beispiele: die Umsetzung von mehr Tempo 30-Zonen, die Ausweisung von Fahrradstraßen sowie das Umsetzen bestehender Beschlüsse/Verwaltungsvorschläge, wie das Öffnen von Einbahnstraßen für RadfahrerInnen in Nippes und anderen Stadtbezirken oder eine autofreie und damit radfahrerfreundliche Zülpicher Straße parallel zu den Stadtbahnschienen.

Ott: Sie können als Barometer gerne die Ergebnisse des nächsten Fahrradklima-Tests heranziehen. Ich würde mich freuen, wenn wir dann bereits einen Platz unter den Top 20 erreichen könnten.

Der Fragenkatalog erscheint parallel in unserem Mitgliedermagazin „FahrRad!“.


Über den ADFC Köln

Der ADFC ist ein Verband von Radlerinnen und Radlern, die gemeinsam das Ziel verfolgen, den Verkehr fahrrad- und fußgängerfreundlicher zu gestalten. Der ADFC Köln e.V. wurde 1979 gegründet. Inzwischen ist die Mitgliederzahl auf über 4.800 fahrradbegeisterte Radlerinnen und Radler angewachsen. Das Gebiet umfasst die Stadt Köln.

Weitere Informationen
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