Das Kölner Ordnungsamt verteilt mit 230 Mitarbeitern etwa eine Million Knöllchen im Jahr. Weniger als drei Knöllchen pro Tag betreffen dabei das Parken auf Radverkehrsinfrastruktur. Radwege schaffen es nicht einmal in die Top 10 des Kölner Stadtanzeigers. Jedem, der mit offenen Augen durch unsere Stadt geht, ist dabei sofort klar, dass hier ein Ungleichgewicht herrscht. Lediglich gut zwölf Prozent der Vergehen behinderten andere Verkehrsteilnehmer. Dem Ordnungsamt geht es also primär darum, im bewirtschafteten Parkraum die Einnahmesituation für den klammen Stadthaushalt sicherzustellen. Verkehrssicherheit, insbesondere der Schutz von schwächeren Verkehrsteilnehmern, hat ganz offensichtlich keine Priorität.

Knöllchen in Köln. Daten: Stadt Köln, Kölner Stadtanzeiger, corrective.org. Grafik: ADFC Köln
Fehlende Verfolgung von Falschparkern auf Geh- und Radwegen
Kölner Fahrradaktivisten haben im letzten Jahr das Foto-Blog Autogerechte Stadt erstellt, um Probleme in der Infrastruktur für den Fuß- und Radverkehr zu dokumentieren. Kölner Bürger haben dort Fotos eingereicht, die zeigen, dass der nachhaltige Verkehr nach wie vor nicht ernstgenommen wird in Köln. Die Wege für Fußgänger und Radfahrer werden hemmungslos zugeparkt. Kaum eine Baustelle ist korrekt beschildert. Die Infrastruktur selbst hat eklatante Mängel. Innerhalb der ersten zwölf Monate kamen so um die Tausend Fotos zusammen.
[clearboth]Jedes einzelne Foto ist eine Aufgabe für die Kölner Behörden.
- Halten und Parken auf Gehwegen und Radverkehrsinfrastruktur:
Beschilderung, Information, konsequente Repression (Knöllchen, Abschleppen), Einrichtung und Durchsetzung von Lieferzonen - Falsche Baustellenbeschilderung:
Durchsetzung der AGSF-Empfehlungen, Nachweis von RSA-95-Kenntnissen, Kontrolle, Bußgelder - Infrastrukturmängel:
Sofortmaßnahmen bei schlechter Markierung, falscher Beschilderung oder Löchern im Radweg
Aber jedes einzelne Situation in den Fotos wäre auch durch die Behörde selbst erkennbar gewesen. Leider ist viel zu wenig Personal vorhanden und die Mitarbeiter werden nur in homöopatischen Dosen auf Radverkehrsinfrastruktur angesetzt. Die Denkweise, das Radfahrende um falschparkende Autos und Gefahrenstellen herum fahren und notfalls auch mal absteigen können, dominiert. Schlussendlich wird der Radverkehr nicht als ernsthafter Verkehr wahrgenommen.
Zuständigkeit der Polizei
Die Polizei hingegen kümmert sich fast gar nicht um Behinderungen des Radverkehrs. Falschparker auf Radverkehrsinfrastruktur sind aus Sicht der Polizei ruhender Verkehr. Prinzipiell ist es richtig, dass die Polizei nur für den fließenden Verkehr zuständig ist. Allerdings übersieht die Behörde hier, dass auch fahrender Radverkehr fließender Verkehr ist. Würde man Fahrräder auf der Fahrbahn parken, würde sich die Polizei plötzlich für diesen ruhenden Verkehr zuständig fühlen, wie Berliner Fahrradaktivisten nachgewiesen haben. Radwegschäden und falsche Baustellenbeschilderungen hingegen sollten Polizei in ihren regelmäßigen Verkehrsschauen auffallen, zu denen sie gesetzlich verpflichtet ist. Oder werden diese etwa nicht durchgeführt?
Mit dem Anklicken des Videos zum Starten erklären Sie sich mit einer Datenübertragung an externe Stellen einverstanden. Siehe unsere Datenschutzerklärung.
Die Verfolgung von Falschparkern ist eine wichtige Aufgabe von Ordnungsamt und Polizei. Dies gilt insbesondere für die Behinderung von Fußgängern und Radfahrenden. Falschparken ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Gefährdung von Teilnehmern des nachhaltigen Verkehrs. Es wird Zeit, dass die Behörden, diese Aufgabe erkennen und wahrnehmen.
KSTA: Parkvergehen in Köln – Drei-Millionen-Knöllchen-Stadt
KSTA: Knöllchen-Atlas – Wo in Köln die meisten Strafzettel verteilt werden
—
Datenquelle: Stadt Köln, Kölner Strafzettel-Daten 2015 von Kölner Stadt-Anzeiger / correctiv.org ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
Ich würde mal den Aufwand nicht unterschätzen und mir die niedrigen Bußgelder in D vergegenwärtigen. Das ist im besten Fall kostendeckend.
https://adfc-blog.de/2015/04/bussgelder-2/
Das ist doch alles Quatsch. Das Kölner Ordnungsamt ist das beste Ordnungsamt. Zumindest in Köln.
https://autogerechte-stadt.tumblr.com/post/145999797490/gegendarstellung
Das stimmt.
Es wird sich so sehr um Radwege, Schutzstreifen, Leinpfade usw. gekümmert, dass man als Radfahrer mitunter Schwierigkeiten hat, die Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu umfahren und nicht zu überfahren.
Falschparker auf Radwegen waren nicht so verkehrsbehindernd.
In Aachen haben Radfahrer auch ein halbes Jahr lang Fotos auf einer Plattform gesammelt: https://www.flickr.com/photos/138680546@N05/
Ende April gab es dann ein Gespräch mit dem Ordnungsamtsleiter beim ADFC Aachen. Als Ergebnis des Termins gab es eine Vereinbarung, dass Radfahrer Drittanzeigen an das Ordnungsamt melden können und ein Mitarbeiter, welcher derzeit freie Kapazitäten hat, diese bearbeitet. Als Hilfestellung wurde von einem Radfahrer eine handliche Internetanwendung für Smartphones programmiert, welche die Meldung stark vereinfacht (z.B. automatische Adresserkennung für den Standort, Auswahlbuttons für den Verstoss, Speicherung des eigenen Namens,…). https://www.albrecht-medien.de/e-owi/
Sie Seite ist ja genial. Gebt ihr den Quellcode raus an andere Gliederungen des ADFC? Melden kann man in Köln auch, aber nur per Mail und schon ein wenig umständlich.
Bearbeitung von Anzeigen als Gnadenakt? Also ich käme nie auf die Idee zu fragen, ob man einverstanden ist, ob ich eine Anzeige erstatten darf. Ich würde einfach eine E-Mail schreiben. Bei manchen Städten ist es aber ein Problem, überhaupt E-Mail-Adressen auf der Webseite zu finden.
In vielen Städten werden Drittanzeigen gar nicht bearbeitet. Von daher ist die Zusicherung der von Dritten gemeldeten Ordnungswidrigkeiten schon wichtig. Sonst ist die ganze Mühe umsonst.
Vor allem vereinfacht die Form der Datenübermittlung per standarisierter Weboberfläche die Arbeit für alle Beteiligte.
Und auf welcher Rechtsgrundlage bearbeiten die die grundsätzlich nicht?
Fehlende Daten, keine Zeit und keine Lust,… :-(
Von daher haben wir in Aachen dies mit dem Ordnungsamt abgestimmt.
Bei Ordnungswidrigkeiten kann die Behörde ziemlich frei entscheiden, ob sie die überhaupt bearbeitet und nach welchen Kriterien (eben z.B. keine von Dritten angezeigten Verkehrsverstöße), auch als Opportunitätsprinzip bekannt.
Grundsätzlich nicht zu handeln dürfte kaum durch das Opportunitätsprinzip gedeckt sein, da ihm Rahmen des OP nicht entschieden werden kann, ob die Behörde eine hoheitliche Aufgabe nun ausführen will oder nicht. Mit so einer Entscheidung würde dem Bürger doch die Möglichkeit des Rechtsschutzes komplett genommen …
Die Frage, wie weit das “Nichthandeln” bei Ordnungswidrigkeitenanzeigen von Dritten denn nun konkret gehen darf, dürfte wohl auch unter Juristen umstritten sein. Mir ist keine verwaltungsgerichtliche Überprüfung dieser Frage bekannt. Wenn jemand ein Urteil dazu kennt würde ich mich über einen Hinweis freuen.