Baulich getrennte Radwege – aber sicher!

In Deutschland sind viele Radfahrer sehr kritisch gegenüber baulich getrennten Radwegen eingestellt und fahren lieber auf der Fahrbahn. Dies liegt zumeist an der schlechten Qualität der vor einigen Jahrzehnten gebauten Bordsteinradwege in unseren Städten und den damit verbundenen erhöhten Unfallzahlen insbesondere in Kreuzungsbereichen.

Eine Überraschung erlebte ich vor kurzem in Hossegor / Südfrankreich. Bei Wellenreitern ist die Stadt an der Atlantikküste wegen der guten Wellenbedingungen bekannt und gilt als das Mekka der Surfer in Europa. Unter Radfahrern wird die Stadt so gut wie keiner kennen, obwohl die dort realisierten Radverkehrsanlagen eine Qualität im Hinblick auf Komfort und Sicherheit haben, welche nahezu in keiner deutschen Stadt anzutreffen ist.

Durch die gute Qualität finden die Radwege einen sehr starken Zuspruch bei Einheimischen und Touristen. Ähnlich wie in Amsterdam und Kopenhagen fahren die unterschiedlichsten Menschen von Jung bis Alt mit Rädern durch die Stadt. Unterwegs sieht man viele Lastenräder oder Räder mit Anhängern. Zahlreiche Wellenreiter transportieren ihr Board mit dem Rad zum Strand. Das Board wird in der Hand getragen oder ist mit einer speziellen Bügelkonstruktion an der Seite des Fahrrades fixiert.

Die zentrale Achse des Radverkehrsnetztes wird von der EuroVelo Route 1 entlang der französichen Atlantikküste gebildet. Das Departement Landes – zu welchem die in einander übergehenden Städte Hossegor / Capbreton / Seignosse Ocean gehören – wird von 163 km Fahrradwegen durchzogen – die längsten von ganz Frankreich (gemäß Eigenwerbung). Die Gemeinde Capbetron (8.400 Einwohner) hat ein 40 km langes Fahrradnetz in unterschiedlicher Qualität.


Voie verte – vélodyssée

Fahrbahnmarkierung VOIE VERTE

Fahrbahnmarkierung VOIE VERTE

Den Schwerpunkt bilden die sogenannten „Voie verte – vélodyssée“. Hierbei handelt es sich um baulich getrennte Zweirichtungsradwege mit durchgängiger glatter Asphaltoberfläche in ca. 3,5 m Breite. Außerhalb der zentralen Ortslage können Fußgänger den Weg mit nutzen. Die bauliche Trennung zur Fahrbahn erfolgt durch eine ca. 30 cm breite und 10 cm hohe Betonschwelle. An Kreuzungsbereichen mit kleineren Straßen haben Radfahrer Vorfahrt. Die Querungsfahrbahn ist häufig flächig grün eingefärbt.

In Kurvenbereichen und vor Kreuzungen ist die Fahrbahn mit einer Mittellinie markiert um Konflikte im Gegenverkehr zu vermeiden. In Straßen wo kein ausreichender Platz für die Anlage der Voie verte war, sind Parkplätze entfallen oder die Straße ist in eine Einbahnstraße umgewidmet worden. Die glatten Wege werden auch von einigen Inline-Skatern und Leuten auf Longboards genutzt.

Straße wurde zur Einbahnstraße umgewidmet, um ausreichend Platz für einen breiten Radweg zu erhalten

Straße wurde zur Einbahnstraße umgewidmet, um ausreichend Platz für einen breiten Radweg zu erhalten

Kreuzung des VOIE VERTE mit einer kleinen Straße, Radfahrer haben Vorfahrt

Kreuzung des VOIE VERTE mit einer kleinen Straße, Radfahrer haben Vorfahrt

die Querung des VOIE VERTE mit einer Seitenstraße ist hier zurückgesetzt

die Querung des VOIE VERTE mit einer Seitenstraße ist hier zurückgesetzt

die Fahrbahn wird bis zur “Schmerzgrenze” verengt, um ausreichend Platz für einen breiten Radweg zu haben

Führung des VOIE VERTE in Form einer Fahrradstraße mit geschwindigkeitsreduzierenden Einbauten am Fahrbahnrand

Führung des VOIE VERTE in Form einer Fahrradstraße mit geschwindigkeitsreduzierenden Einbauten am Fahrbahnrand

zurückgesetzte Fahrbahnquerung des VOIE VERTE an einer größeren Seitenstraße

zurückgesetzte Fahrbahnquerung des VOIE VERTE an einer größeren Seitenstraße

Fahrbahnmarkierung als Hinweis auf gefährliche Grundstücksausfahrt

Fahrbahnmarkierung als Hinweis auf gefährliche Grundstücksausfahrt

Surfer auf dem Weg zum Strand

Surfer auf dem Weg zum Strand

Betonschwelle als Barriere zur Fahrbahn

Betonschwelle als Barriere zur Fahrbahn

stark frequentierter Radweg

stark frequentierter Radweg


Pistes cyclables

Auch zumeist baulich getrennte Ein- oder Zweirichtungsradwege in geringerer Breite und nicht so hoher Qualität.

Pistes cyclables in der Ortsmitte

Pistes cyclables in der Ortsmitte

Pistes cyclables am Strand von Hossegor

Pistes cyclables am Strand von Hossegor


Bandes cyclables

Hiebei handelt es sich um Fahrbahnmarkierungen ähnlich den deutschen Radfahrstreifen oder Schutzstreifen.


Fahrradverleih

Im stark touristisch geprägten Ort sind alleine vier Fahrradverleihe angesiedelt, welche vom Beachcruiser, City-Bike, Kinderrädern, Kinderanhängern, Mountain-Bikes und Fatbikes – viele natürlich auch als Pedelec – alle Formen von Fahrrädern anbieten. Bei einem Verleih wurden sogar Lastenräder von Baboo für den Kindertransport angeboten.


Parkmöglichkeiten für Fahrräder

Überall im Stadtgebiet findet man sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.

größere Abstellanlage im Ortszentrum

größere Abstellanlage im Ortszentrum

überfüllte Abstellanlagen am Fahrbahnrand

überfüllte Abstellanlagen am Fahrbahnrand


Verkehrssicherheit

Die Verbesserung der allgemeinen Verkehrssicherheit scheint der Stadt ein wichtiges Anliegen zu sein. In vielen Straßen ist die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt. Digitale Anzeigen weisen in einzelnen Straßen auf die momentan gefahrene Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge hin. Mir ist besonders aufgefallen, dass viele Autofahrer Fußgänger und Radfahrer an Kreuzungen vorlassen, obwohl die Kfz eigentlich Vorfahrt haben. Man nimmt auf schwächere Verkehrsteilnehmer Rücksicht.

digitale Geschwindigkeitsanzeige am Straßenrand in einer Tempo 30 Zone

digitale Geschwindigkeitsanzeige am Straßenrand in einer Tempo 30 Zone

Hinweistafel zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit, in Deutschland verlangt kein Mensch eine Höchstgeschwindigkeit unter 50 km/h

Hinweistafel zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit, in Deutschland verlangt kein Mensch eine Höchstgeschwindigkeit unter 50 km/h


Falschparker

Eine Hoffnung, welche viele mit baulich getrennten Radwegen verbinden, wird aber leider auch bei diesem Beispiel aus Frankreich nicht erfüllt. Auch hier gibt es rücksichtslose Menschen die trotz Barriere kurz mal auf dem Radweg parken. Viele Grüße an die Paketboten!

Paketdienst auf baulich getrenntem Radweg

Paketdienst auf baulich getrenntem Radweg

Falschparker auf baulich getrenntem Radweg am Strand von Hossegor

Falschparker auf baulich getrenntem Radweg am Strand von Hossegor


Verbesserungsvorschläge

Im Ortskern gibt es zwei Straßen mit vielen Geschäften, Kneipen sowie Cafés und dementsprechend herscht dort viel Fußgängerverkehr. Entlang der Straße, welche als Einbahnstraße ausgewiesen ist, sind einseitig Parkplätze eingerichtet. Ab dem frühen Vormittag bis in den späten Abend schieben sich die Autos dicht an dicht durch den Ort. Entlang der Straße ist eine Piste cyclables eingerichtet, welche aufgrund des allgemeinen Chaos von der Stadt wieder aufgehoben wurde und nur noch als Schiebestrecke für Radfahrer funktioniert. Damit es für die Radfahrer dennoch möglich ist von Nord nach Süd zu kommen, ist eine Umfahrungsstrecke in der Qualität des Voie verte eingerichtet worden.

Eine große Verbesserung würde sich ergeben, wenn die zwei zentralen Straßen zur Fußgängerzone umgewidmet werden und die Radfahrer die ehemalige Fahrbahn benuten könnten.

beengte Verhältnisse im Ortskern: “Radfahrer, respektieren Sie die Fußgänger, bitte steigen Sie ab”

Danke für Ihr Verständnis

“Danke für Ihr Verständnis”

Verkehrschaos im Zentrum

Verkehrschaos im Zentrum

 

 

Über Norbert Rath

Das Fahrrad ist meine Leidenschaft! Egal ob im Alltag oder in der Freizeit mit dem Rennrad, Mountainbike und Reiserad - auf zwei Rädern macht es einfach mehr Spaß sich zu bewegen. Seit mehreren Jahren engagiere ich mich im ADFC Aachen um die Bedingungen für den Radverkehr in der Region zu verbessern.
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36 Antworten zu Baulich getrennte Radwege – aber sicher!

  1. Norbert Paul sagt:

    Danke für den Bericht, der mal nicht von den Niederlanden oder Copenhagen handelt, wenn es radfreundliche Städte geht. Danke auch, dass die Probleme benannt werden.

    Weißt du, wie die auf 3,50 Breite kommen und nicht 3 oder 4 Meter? Bei 3 Metern kann man sich vernünftig begenen, bei 4 ist auch noch Platz für einen Überholer oder zwei Menschen, die nebeneinander radeln.

    Sind die geschilderten Elemente irgendwie in der Stadt verteilt, oder sind das Netzhierarchien?

    Erkennt man intuitiv, ob man auf einem Ein- oder Zweirichtungsradweg unterwegs ist? Oder gibt es lauter Geisterradler auf den Einrichtungswegen?

    Was mich wundert ist, dass die Fußgängerzone als nicht benutzungspflichtiger Radweg ausgeschildert ist. Die Situation erinnert an dt. Radwege mit “Radfahrer absteigen”-Schilder.

    • Norbert Rath sagt:

      Wie die Breiten der Radwege entstanden sind ist mir nicht bekannt. In der Praxis funktioniert es aber sehr gut. Alle nehmen aufeinander Rücksicht und meine Familie hat keine Konflikte erlebt.

      Wenn du den Link “40 km langes Fahrradnetz in unterschiedlicher Qualität” anklickst, kommst du zu einer Karte wo die Struktur der Radrouten erkennbar ist. Die Voie Verte sind mit einem orangenen Symbol auf roter Linie dargestellt und die gepunkteten Wege sind Bandes cyclables.

      Aufgrund der Breite kann man eigentlich ganz gut zwischen Ein- und Zweirichtungsradwegen unterscheiden.

      Die Beschilderung im Ortskern ist tatsächlich widersprüchlich. An einer anderen Stelle war mir auch eine Kreuzung aufgefallen, wo die Straße für den Autoverkehr ein Stoppschild hatte und der querende Radweg ein “Vorfahrt achten” Schild. Widersprüchlich – hat aber aufgrund der zumeist wartenden Autos in der Praxis funktioniert.

      • Norbert Paul sagt:

        4 Radfahrer*innen nebeneinander auf 3,50 Breite … sportlich, sportlich.

      • Alfons Krückmann sagt:

        Na großartig.
        330cm für zwei gegeneinander fahrende 2er Gruppen???
        Das grenzt m.E. an vorsätzliche Körperverletzung.
        Aber Hauptsache ‘Separation’?

        Die so extrem sichere Separation in NL weist mit 185 toten Radfahrenden per Jahr (bei knapp 17 Mio. Einwohnern) nicht gerade eine vorbildliche Bilanz auf. Auch dann nicht, wenn man den deutlich höheren Rad-modal-split einberechnet.
        Die Opfer sind gerade die, die doch angeblich besonders durch Separation geschützt werden sollen: die ‘Alten’.
        2 gegen 2 Konfrontationsverkehr auf engstem Raum ist vielleicht für die ‘fitten’ und ‘sportlichen’ möglich, führt aber für weite Teile der älter werdenden Bevölkerung zu lebensgefährdender Scheinsicherheit.
        Zudem:
        Alltagsverkehr ist – auch auf dem Fahrrad – nicht geprägt von Flaneurs-typen, sondern wird dominiert von A zu B Fahrenden, für die es gerade beim Muskel betriebenen Radverkehr extrem ungünstig ist dauernd zu bremsen und wieder hochzubeschleunigen. Das lässt den Rad-Erreichbarkeitsradius schrumpfen wie den Schneemann in der Frühjahrssonne.

        Resultat: Rad für Flaneure und für Kurzstrecken. Alles andere besser mit dem Auto auf dann weniger zugestauten Fahrbahnen (Radverkehrs’förderung’ als pro-Auto Anti-Stau-Maßnahme)?
        Und die KM-Leistung des Autoverkehrs in den Rad-Separations-Ländern?
        Steigt in der Realität kontinuierlich an, statt durch höheren Radverkehrs’anteil’ zu fallen, wie es ja so oft suggeriert wird. Separierte Rad-Kurzstrecke kann durchaus den Autoverkehr attraktivieren – mit entsprechend negativen Folgen für die Umwelt. In NL passiert das schön außerhalb des Sichtfeldes der Radfahrenden auf Umgehungen, etc.
        “Aus den Augen aus dem Sinn” ???

        p.s.: Statt unkritisch Separations-Jubel-Blogs zu zitieren: einfach mal einen Pedeleclenker mit Rückspiegel oder Mountainbikelenker in seiner Breite vermessen, mal vier nehmen und mickrige 50cm Sicherheitsabstand zwischen den Lenkern als Minimum setzen. Wenn dann noch die zunehmend verbreiteten Anhänger (80cm bis knapp 100cm) im Spiel sind führt auch die windige Hilfskonstruktion von ‘lichter Beite’ nicht weiter.
        Unfälle im gegenläufigen Verkehr mit Lenkerkollision sind mitnichten harmlos, sondern können mit allerschwersten u.U. tödlichen Verletzungen einhergehen.

        Ab davon mal abgesehen:
        von solchen Radwegen mit Fahrbahnoberflächenqualität sind wir in D weit entfernt. Es wird weiterhin bei allem was für Radfahrende ist in billigster Baumwurzelqualität gebaut, geplant und ge-regelwerkt.

        • Zwei-Ventiler sagt:

          Die These, Separation führe zu mehr Kraftverkehr, blendet aus, dass der Kraftverkehr auch in jenen Ländern zunimmt, in denen es keine Separation gibt. Ein Verzicht auf attraktive Radverkehrswege (z.B durch Separation) führt aber nicht zu weniger Kraftverkehr aufgrund „Rad fahrender Hindernisse“, weil jene gar nicht erst in relevanter Menge auftreten werden.

          • Norbert Paul sagt:

            Aber wenn beides nichts bringt, warum dann die teurere Variante?

            • Zwei-Ventiler sagt:

              Doch, es bringt sehr wohl was: Faktische Wahlfreiheit. Es wird mehr Rad gefahren, was an sich auch schon einen Wert hat (z.B. für die Gesundheitsvorsorge, Stichwort Bewegungsmangel). Und natürlich verbessert es die Möglichkeiten derjenigen, die die “Alternative” Auto oder den ÖPV nicht nutzen können oder wollen.

              • Norbert Paul sagt:

                Den Effekt, dass der Radverkehrsanteil deutlich steigt, wenn man die Wahlfreiheit hat, halte ich für abwiegig. Schon heute kann man durch Großstädte z. B. im Ruhrgebiet auch sehr ruhig kommen, wenn man nicht die direkte Strecke fahren “muss”. Macht aber kaum jemand. Solange Radverkehr nur angeboten wird wie Spekulatius, man die Leute aber nicht “zwingt” werden auch die tollsten Angebote nicht angenommen werden.

                • Zwei-Ventiler sagt:

                  Nun gut, Du hältst es für abwegig, mit neuen Angeboten mehr Radverkehr zu erzeugen – ich nicht. Damit können wir leben.

                  Was Du für Ruhrgebietsstädte beschreibst, vermag auch kaum zu überraschen: Eine Initialzündung für mehr Radverkehrs ergibt sich eben nicht daraus, dass man auf einer ruhigen, umwegigen (und evtl. nur den etablierten Radfahrern bekannten) Strecke heute auch schon Rad fahren kann. Sondern daraus, dass es auch auf den direkten, allgemein bekannten, als logisch erscheinenden oder intuitiv erkennbaren Strecken ein Angebot gibt. Ein Angebot, das auch Radfahrertypen entgegenkommt, die noch nicht in dem Umfang zum heutigen Radverkehrsanteil beitragen, in dem sie es könnten und wollten.

                  Wenn wir hingegen davon ausgingen, dass alle, die heute wenig oder nicht Rad fahren, das auch in Zukunft nicht tun werden, und man Ihnen deswegen keine Angebote machen müsste, dann hätten wir vor den Verhältnissen resigniert. Und dann würden wir uns im Ergebnis so verhalten, wie es radfahrunfreundliche Kommunen und Politiker heute schon tun: Sie sehen Politik für den Radverkehr nur als reine Klientelpolitik, für diejenigen, die heute schon (viel) Rad fahren. Und weshalb sollte man für diese etwas tun? Der Effekt wäre null, weil diese “Überzeugungs-Radfahrer” ja eh schon Rad fahren …

                • Norbert Paul sagt:

                  Man muss den Autoverkehr raus nehmen aus den Städten, um Dynamiken die Räume zu geben, sich zu entfalten. Über Radverkehrsförderung zu reden, bringt nichts. Man muss über Autoverkehrsreduktion reden (und umsetzen :-))
                  Hierzu ein Hörtipp: http://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-interview/audio-gesucht-alternativen-fuers-auto-100.html

                • Zwei-Ventiler sagt:

                  Norbert, Du schreibst: „Man muss den Autoverkehr raus nehmen aus den Städten, um Dynamiken die Räume zu geben, sich zu entfalten. Über Radverkehrsförderung zu reden, bringt nichts.“

                  Ich glaube, dass es hier im Blog in verschiedenen Threads schon wiederholt geschrieben wurde:
                  Radverkehrsförderung hat einen Sinn bereits für solche Ziele (neben anderen Zielen), die nicht primär der Kraftverkehrsreduzierung dienen. Und: Eine tatsächliche Förderung des Radverkehrs wird zwangsläufig und ganz praktisch nicht ohne Restriktionen für die Kfz-Nutzung gehen können. Allein ein Reduzieren des Kraftverkehrs wird nicht so kurzfristig erfolgreich sein, wie es nötig wäre. Vielleicht mal in späterer Zukunft, wenn Kfz erheblich kleiner und leichter wären als heute und keine nennenswerte Betriebsgefahr von ihnen ausginge.

                • Norbert Paul sagt:

                  Man kann den Radverkehr nicht substanziell fördern ohne das es zu Lasten des Fußverkehrs geht, wenn man an den Rahmenbedingungen seiner geringen Bedeutung nichts ändert. Für die Trotzdem-Fahrer*innen sind die ganzen Maßnahmen ganz nett und hilfreich, aber sie ändern nichts. Wo soll so eine umfeldautarke Förderung Erfolg haben? Ich wüsste keine Beispiele.

  2. Markus MK sagt:

    Feiner Bericht, danke! Die Gestaltung aller möglichen Übergänge, sogar vor Garageneinfahrten sind in grüner Farbe grundiert.
    Die Mittellinien scheinen oft zu fehlen.

  3. Vielen Dank für diese Dokumentation! Es ist immer wichtig, zu schauen, wie es andere machen. Aus den Niederlanden, Dänemark, USA und GB ist mir einiges bekannt, aber nur wenig aus Frankreich.

    Schön zu sehen, dass mein bisheriger Favorit unter den Fahrradinfrastrukturen auch dort so gut funktioniert: Dem meiner Ansicht nach guten Kompromiss zwischen klassischem Radweg und einer Führung auf der Fahrbahn. Der Radweg ist auf der _Fahrbahn_, wird aber durch eine “milde” Barriere von KFZ _separiert_. Natürlich ist die Lösung nicht perfekt, aber ich denke, es ist eine sehr kompromissfähige Lösung.

  4. Claudia Böhm sagt:

    Vielen Dank für deinen Bericht mit den vielen anschaulichen Fotos!
    Mir gefällt, wie in Hossegur ein gut gemachter touristischer Radweg, der Eurovelo 1, zum Rückgrat eines verzweigten Alltags-Radwegenetzes wurde.

  5. Zwei-Ventiler sagt:

    Zum Thema Breite:
    3,3 m Breite für vier Radfahrer erscheinen auch mir für einige Szenarien und Nutzungsansprüche knapp. Unter den Bedingungen in Hossegur scheint es aber trotz aller hier geäußerter Bedenken zu funktionieren. Und wenn das so ist, dann erfüllt der Weg dort seinen Zweck. Was will man mehr? Das heißt nicht, dass man es andernorts genauso machen muss.

    Die Markierungen und Breiten in Hossegur suggerieren nach meinem Eindruck auch nicht, dass man die Wegbreite mit vier Anhängern oder vier besonders breiten Fahrrädern nebeneinander nutzen sollte. Das ist nicht anders als (Vergleichsbeispiel) auf einer acht Meter breiten Landstraße mit Mittelstrich, auf die theoretisch vier Pkw nebeneinander passen könnten.

  6. Alfons Krückmann sagt:

    Es gibt sehr wohl einen Unterschied. Einen ganz erheblichen Unterschied.
    Wer sich ein wenig mit Radverkehr beschäftigt merkt doch schnell, dass – im Ggs. zu anderen Verkehrsmitteln – mit dem Rad sehr unterschiedliche Geschwindigkeitsniveaus gefahren werden.
    Im Autoverkehr herrscht homogenes Tempo vor (von illegalen Rasern mal abgesehen). Daher ist mit einspuriger Richtungsfahrbahn (je nach DTV) i.d.R. eine gute bis ggf. sehr gute Verkehrsqualität möglich. Auch bei häufigem Gegenverkehr. Für Kapazität und Reisezeit ist sogar (automatisches Fahren Tempofenster bei Schnellstrassen) die exakte Homogenisierung die schnellste Lösung mit der höchsten Fahrbahnkapazität.

    Auf Radwege für muskelbetriebene Fahrräder lässt sich das aber ganz definitiv nicht übertragen, da hier bei erschwertem oder verhindertem Überholen sofort gravierende Verschlechterungen bei den Reisezeiten eintreten.

    Merke: steigt die Reisezeit auf 150% (100% als Reisezeit=Fahrgeschwindigkeit auf optimierter A zu B Strecke). dann sinkt die bei gegebener Reisezeit erreichbare Fläche runter von 100% auf 45% !!!
    Vielen ist vermutlich gar nicht klar, was da allerorten an Radverkehrspotential durch künstlich verlangsamte Verbindungen “auf der Strecke” bleibt.

    Das ist wirklich gravierend und wird sehr oft verkannt bzw. falsch eingeschätzt. Leider auch von ‘Radfahr-Lobbyisten’
    Zudem hat das auch noch eine soziale Komponente. Beim Autoverkehr ist stets der Platz für einen (meist imaginären) Beifahrer eingeplant. bei Bedarf ist also eine Unterhaltung, ein soziales Gemeinschaftserlebnis möglich, diverse dienstliche oder private Gespräche können ungestört geführt werden und ermöglichen einen ‘Doppelnutzen’ der Fahrt.
    Warum soll denn ausgerechnet dem Radverkehr das verwehrt werden, was beim Autoverkehr ein selbstverständliches aber nebenbei gesagt ein für die Gemeinschaft extrem teures Feature ist? Für Autos ohne Nebeneinandersitzmöglichkeit würde eine spritsparende Breite von ca. 1 Meter ausreichen. Fahrbahnen könnten entsprechend verbilligt werden, etc.
    Natürlich wird das nicht diskutiert, und es wird auch nicht gebaut werden, aber die demütig sich selbst klein machenden Radfahrer sollen schön verlangsamt im Entenmarsch in ihrem Erreichbarkeitsradius beschnitten werden?
    Bescheidenheit ist ja eine durchaus positive Charaktereigenschaft, aber das ausgerechnet bei der Planung von Verkehrsinfrastruktur für den Radverkehr auszuleben ist m.E. keine besonders kluge Idee. Und stark umweltschädlich dazu.

    • Zwei-Ventiler sagt:

      Die Überlegungen sind mir nicht fremd, aber zumindest bei guter Auslastung solcher breiten Radwege (2 Rad”spuren” je Fahrtrichtung) muss man sich entscheiden, was man planerisch beabsichtigt: Nebeneinander fahren für die Unterhaltung (dann hindert man die schnelleren am Überholen) oder hintereinander fahren und Überholen möglich machen (dann ist es nix mit Unterhaltung). Diesen Konflikt stellen wir auch heute schon fest.

      • Alfons Krückmann sagt:

        Hallo Zwei-Vemtiler,

        Ist nicht der von Dir genannte ‘heute schon feststellbare’ Konflikt eher einer des organisierten Mangels?
        Ich kenne das z.B. vom jahrelangen Problem einer Engstelle auf der bekannten Münsteraner-‘Promenade’.
        Eine Unterführung mit erheblich zu schmalen 3,65 Metern (plus Fußweg, der aber mit Bordstein abgetrennt war) sorgte für erhebliche Unfallgefahr und verunmöglichte Überholvorgänge weitgehend, bzw. machte diese für unsichere Überholte zu einem sehr stressigen unfallgefährlichen Erlebnis. Gerade Ältere ‘bergauf’-fahrend hatten da schlechte Karten. Die Lösung war recht einfach: auf 5 Meter aufweiten (zusätzliche Wegnahme des Bordsteins zum Fußweg ermöglicht zudem jetzt ein Notausweichen).

        Die von Dir genannten Konflikte stellen sich doch eigentlich nur ein, wenn zu eng geplant wird. Alltagstauglicher Radverkehr, der über kurze Distanzen hinausgehen soll hat durchaus erhebliche Anforderungen an die Infrastruktur.

        Mißachtung der Anforderungen fällt aber oft gar nicht so recht auf. Eher werden die ‘Rasenden’ oder’Drömelnden’ Mitradler verantwortlich gemacht, als die Verkehrsplaner.
        Die RVA scheint gut angenommen, Verkehrszählung wird ggf. installiert, aber:
        die gefahrenen kurzen Distanzen sind oft nicht geeignet den MIV zu ersetzen, sondern führen nur zu einer Verkehrsmittelverlagerung innerhalb des Umweltverbundes.

        Das vergrößert dann ggf. das Defizit des ÖPNV, verstärkt dessen Abwärtsspirale, und perpetuiert die Auto-Vorhaltenotwendigkeit.
        Durch ‘Anti-Stau-Effekt’ wird dann u.U. eine zusätzliche höhere Umweltbelastung erzeugt, als mit geringerem Kurzstreckenradverkehr.
        Das sind die Tücken von auto-zentrierter “Anti-Stau” ‘Radverkehrsförderung’.
        In den NL/DK hat man ja auch seit langem damit zu kämpfen, dass der Autoverkehr immer weiter wächst. Nach Videogestützter Empirie wurde dann erkannt, dass die Breiten erheblich zunehmen müssen, und dass 1a Oberfläche notwendig ist, damit der Radverkehr ökologisch positiv wirksam wird und auf der Mitteldistanz funktioniert.

        Hier ist leider sehr viel Legendenbildung im Spiel.
        Die Verkehrsanteile ‘Rad’ sind in NL hoch. Ja.
        Aber ebenso sind die Anteile ‘MIV’ hoch. In vielen NL-Städten sogar deutlich höher als in vergleichbaren D-Städten.
        Das Label ‘Fahrradstadt’ heisst also mitnichten automatisch, dass der Verkehr ökologisch ausgerichtet ist.

        Ich würde mir wünschen, dass sich die ‘Fahrradlobby’ diesem Thema mehr öffnet, anstatt einfach völlig unreflektiert die Fehler des 20.Jhd. von ‘Kurzstrecke aufs Fahrrad’ zu wiederholen.
        Das führt dann m.E. auch zu einer veränderten Bewertung von Einzelmassnahmen.
        Im 21.Jhd. sollte die Frage bei Radverkehrsinfrastruktur lauten müssen:
        Ist das auch geeignet, um den Gesamtverkehr ökologischer auszurichten, oder kommt am Ende dabei eine zusätzliche Erhöhung der Verkehrsleistung für den MIV heraus.

        Erfreulich ist (falls die Zahlen nicht CPH-‘Marketing’ sind, sondern verlässlich), dass in Kopenhagen offenbar der Autoverkehr ein wenig zurückgedrängt werden konnte.
        Hier wurde aber auch vor Jahren als feste Zielgröße eine 1%ige Verbesserung der Reisezeit für den Radverekhr für jedes Jahr festgelegt.
        In D drücken sich alle Planenden sowas aufzunehmen oder auch nur zu ermitteln. Zu groß scheint die Gefahr, dass herauskäme, dass die auf Kurzstrecken ausgerichtete autogerechte Fahrradförderung die Reisezeit für den Radverkehr verschlechtert, und gleichzeitig für den Autoverkehr verbessert?
        Push und pull also in die ganz genau falsche Richtung?

        Aber konkret zur von Dir aufgeworfenen Frage des “Entscheidens”: wennn aufgrund Platzmangels da eine Entscheidung nötig sein sollte: siehst Du da bei gegebener Breite über Markierungsfragen (Mittel- vs. Seitenmarkierung) hinaus Varianten, die die Benutzer infrastrukturell in eine bestimmte Art des Benutzens ‘stubsen’?

      • Norbert Paul sagt:

        Bei so stark ausgelasteten Strecke gilt:
        a) Bei allen Verkehrsträgern ist die Kommunikation vorgesehen, d. h. man muss nebeneinander fahren können.
        b) Wer schnell fährt, wird sich i. d. R. nicht unterhalten, wenn er mit jemand anderem unterwegs ist, sondern eher den Windschatten nutzen etc.. Auch beim zügigen Überholen reicht die Puste dan nnicht für ein sinnvolles Gespräch. Deswegen scheint es akzeptabel, dass für die Überholer*innen mit einer Spur gerechnet wird. Das ergäbe z. B. für den RS 1 6 Spuren á > 1 Meter.

        • Zwei-Ventiler sagt:

          Unterhaltung zwischen (nebeneinander fahrenden) Radfahrern sehe ich bisher eher bei Ausflüglern. Die anderen (z.B. im Alltagsverkehr) sind mehr oder weniger schnell, aber individualistisch unterwegs und unterhalten sich kaum miteinander – selbst wenn es möglich wäre. Nicht viel anders ist es bei Verkehrsteilnehmern in Pkw (Durchschnittsbesetzung 1,1 Personen) oder im ÖPNV, wo die meisten schlafen, lesen, vor sich hin oder auf ihre Mobilgeräte starren, ihre Mitfahrgäste bewusst nicht anschauen.

          • Norbert Paul sagt:

            Das stimmt sicherlich so, aber den einen wird die Möglichkeit mit hohen Kosten eingeräumt, bei Rad- und Fußverkehr soll man auf die Möglichkeit verzichten. Und man kann auch in Freizeit Alltagsverkehr sein (man fährt, um ein Ziel zu erreichen). Und da unterhalte ich mich durchaus auch mit anderen und möchte das in Ruhe machen können.

            • Zwei-Ventiler sagt:

              Bei allen berechtigten Vorbehalten gegen die Verkehrsplanung der letzten Jahrzehnte sollten wir nicht davon ausgehen, dass sie (z.B. mit den gängigen Straßenbreiten) die Kommunikation unter Fahrzeuginsassen zu fördern trachtete.

              • Norbert Paul sagt:

                Das sag ich auch nicht. Ich sag nur, dass es im lärmgedämpften Auto möglich wäre, wenn man jemand mitnähme … Auf 1,25 cm Schutzstreifen neben parkenden Autos geht das schlicht nicht. Gemeinsam Radfahren ist nicht vorgesehen.

  7. Steffen Prowe sagt:

    Hallo Norbert,
    wir waren im Sommer bereits zum drittenmal in Les Landes (Cap de l´Homy) und das Radfahren dort ist prima (auch wenn 4 wir mit dem Auto da waren wegen Zelten und Surfen der Kids). Schließe mich dem voll an, dass dort eine gute Option besteht mit dem Rad schnell voranzukommen. Vielleicht außer zur Hochsaison im Zentrum von Hossegor wenn es nur noch staut, aber auch da ist man mit dem Rad super flexibel, die Autos stehen im Stau (statt sich auf einen Parkplatz am Rand zu stellen und mal zu laufen).
    Ich plane schon mal später ohne Kids mit dem Rad nach F zu fahren, Bordeaux mit dem Zug & Rad, dann los, weil insg in F entlang von Flüssen (Loire) oder wie in Les Landes gute Infrastruktur vorliegt, die auch “separate lanes” umfasst. Und trotzdem nicht “gefährlich” ist, wie viele (auch im ADFC) behaupten.
    Dir allzeit gute Fahrt, Steffen

  8. Witali sagt:

    Hallo Norbert,
    vielen Dank für Deinen Bericht.
    Hier sieht man, dass es auch anders geht, als in den meisten deutschen Großstädten. Speziell bei uns in Nürnberg sind die Radwege nur stiefmütterlich ausgebaut, wodurch es häufig zu gefährlichen Situationen kommt. Daher finde ich einen baulich getrennten 3,3m breiten Radweg wirklich meckern auf hohem Niveau. Hier finden bequem 3 Radfahrer nebeneinander Platz, sodass ein Überholen ungefährlich machbar sein sollte. Da haben wir in Franken bzw. Deutschland noch viel aufzuholen…

    Grüße und gute Fahrt, Witali

  9. Norbert Rath sagt:

    Vielen Dank für die vielen Kommentare.

    An die Kritiker: Die Radverkehrsanlagen in Hossegor funktionieren sehr gut, wenn jeder ein wenig Rücksicht nimmt (Fußgänger und Radfahrer). Es ist natürlich kein Radschnellweg, sondern eine relativ sichere, komfortable und schnelle Verbindung um durch die Stadt zu kommen. Ich glaube viele – wenn nicht fast alle – Radfahrer in Deutschland wären froh, wenn es wenigstens diesen Standard in deutschen Städten gäbe. Fahrt einfach mal nach Frankreich und schaut euch die Situation vor Ort an!

    Viele Grüße
    Norbert

    • Martin sagt:

      An die Kritiker: Die Radverkehrsanlagen in Hossegor funktionieren sehr gut, wenn jeder ein wenig Rücksicht nimmt (Fußgänger und Radfahrer).

      Genial…
      Du bringst es sehr gut auf den Punkt.
      Fußgänger und Radfahrer sollen doch ein wenig Rücksicht nehmen. Die schwachen Verkehrsteilnehmer, die keinen Lärm machen, nicht die Umwelt verpesten, den wenigsten Platz brauchen, genau die sollen Rücksicht nehmen. Sehr gut. So funktioniert die autogerechte Welt. Und die sogenannten “Fahrradlobbyisten” merken es noch nicht einmal. Wahnsinn.
      Der MIV aber hat freie Bahn und freut sich darüber.

      • Norbert Rath sagt:

        Die Radwege in Hossegor sind natürlich keine Radschnellwege, wo man ungestört zügig unterwegs sein kann. Je näher man an das Zentrum kommt, desto eher wird es mal was eng mit den Fußgängern. Dort sollte man dann aufeinander Rücksicht nehmen. Es funktioniert jedenfalls in der Praxis deutlich besser als in Deutschland.

        Dein Vorwurf, dass der MIV durch die Radwege freie Bahn hat, stimmt so nicht. Bei vielen Querstraßen hat der Fuß- und Radverkehr Vorfahrt. Aufgrund der vielen Radfahrer halten sogar die meisten Autofahrer auch an Kreuzungen, wo sie eigentlich Vorfahrt haben. Von daher “leidet” der Autoverkehr schon unter den vielen Radfahrern.

      • Norbert Paul sagt:

        … genau deshalb fordere ich ja, dass äquivalente Qualitäten geschaffen werden müssen und es nicht für den Autoverkehr A- und B-Qualität gibt, für den Radverkehr im besten Fall D, im Normalfall H und für den Fußverkehr irgendetwas ab G.

  10. Alfons Krückmann sagt:

    @Norbert
    der Grund für die teils kritische Haltung mag ja auch darin begründet sein, dass die Diskussion um Radwege nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern aktuell ein Roll-Back zu erkennen ist, der versucht den wachsenden Radverkehr daran zu hindern die Reisezeiten für den wachsenden MIV zu verschlechtern.
    Eines der zentralen Werkzeuge ist dabei die Wiedereinführung eines allgemeinen Fahrbahnverbotes für Radfahrende bei Vorliegen eines irgendwie gearteten parallelen Wegelchens für den Radverkehr.
    Dass auch der ADFC da die ‘Seiten bewechselt hat’, und die Benutzungspflicht für im wesentlichen irrelevant erklärt hat ist m.E. nur als klares defacto Bekenntnis zu einer Radverkehrspolitik zu werten, die sich neuerdings zum Anliegen gemacht hat “in der Mitte der Gesellschaft anzukommen” um den Preis der autogerechten Zurichtung des bislang ökologisch ausgerichteten Verkehrspolitischen Programms.

    Vielleicht schreibt ja mal jemand auf Vorstandsebene oder aus dem Umfeld der Geschäftsfürrung hier zur Wiedereinführung der allgemeinen Benutzungspflicht?

    Das ist ja nun ein offensichtlicher Rückfall in die Zeit von 1976.
    Nix da mit der ewigen Fiktion vom “besseren Radweg”, der durch die Benutzungspflicht angeblich kommt. Stattdessen muss – nachdem der Bundesautominister den Bundesratsbeschuss vom 23.9. in Gesetztesform überführt hat – noch der allermieseste Rumelradweg benutzt werden, damit die geheiligte AUTO-Fahrbahn frei bleibt von den lästigen Radlern, die nur den Verkehr behindern.

    War das beim ADFC evtl. schon seit längerem bekannt?
    Hat die ADFC Geschäftsführung evtl. bei ‘Kamingesprächen’ gar darauf hingewirkt, dass die allgemeine Benutzungspflicht wiedereingeführt wird?
    CSU und AfD wirds jedenfalls freuen, wenn die “Radverkehrsförderung” sich jetzt klar in der angeblichen MITTE DER GESELLSCHAFT an der Seite des weiter wachsenden Autoverkehrs positioniert.
    http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2016/0301-0400/332-16(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1
    Seite 2.

    • Norbert Paul sagt:

      In der PM hat der ADFC doch selbst geschrieben, dass er davon ausgeht dass die Qualität vielerorts schlecht sein wird und schon beim Bejubeln seinen gewohnt scharfen Protest angekündigt.

      Die Bundespolitik kann es erfolgreich geschafft, den ADFC als ernst zu nehmenden Kritiker auszuschalten. Nicht mehr lange und es gibt im Gegenzug Posten in Ämtern und Ministerien. Und mit dem Namen ADFC kann sich die Stillstandspolitik auch noch mit dem Label schmücken, es in Abstimmung mit der Radfahrer*innen-Vertretung zu machen.

      Aus raumplanerischer Sicht ist die autogerechte Stadt gescheitert. Warum entwickelt keiner politische Visionen für danach? Mit E- statt Diesel erhält man den Status-quo. Wieso tut der ADFC so, als ob man daran nichts ändern könnte?

      • Markus MK sagt:

        Der ADFC tut nicht so, sondern es ist für ihn offensichtlich, dass die Abschaffung der Radwegebenutzungspflicht in den konkreten Situationen vor Ort hat das Verhalten der Radfahrenden kaum bis gar nicht verändert. Immer noch fährt auch auf den nicht benutzungspflichtigen Radwegen der weit überwiegende Teil der Menschen.

        Soll der ADFC das ignorieren, dass diese Menschen bei den Schrottradwegen aus der Vergangenheit gefährdet werden? Die Gründe, nicht auf der Fahrbahn zu fahren scheinen hier gar keine Rolle mehr zu spielen. Finde ich auch wenig ambitioniert. Noch nicht einmal „Kinder sollen gleich richtig Fahrradfahren lernen“ ;-) Ist wirklich wahr…

        Der ADFC tritt ja für die Umverteilung des Verkehrsraums in den Kommunen zugunsten des Fuß- und Radverkehrs und zu Lasten des ruhenden und fließenden MIV ein. Sein Ziel ist die Schaffung einer Verkehrsinfrastruktur auf der alle sicher, komfortabel und zügig radfahren können. Ohne eine Weiterentwicklung der ERA, „bei der vor allem die Nutzerakzeptanz berücksichtigt werden muss und die Kombination von Minimallösungen ausgeschlossen sein sollte“, wird das wohl nicht umzusetzen sein.

        Aber alle gleichberechtigten Fahrbahnlösungen hören ab stark befahrenen Tempo-30-Straßen auf. „Auf Straßen mit Tempo 30 und hohem Kfz-Aufkommen erfolgt die Führung auf Radstreifen“…Also das ist schon ein verkorkster und anstrengender Akt, soetwas wie Fahrradinfrastruktur für die Allgemeinheit schaffen zu wollen, die sich noch ziert, das Rad zu benutzen.

        Ich erwarte die nächsten 30 Jahre außer ein paar Leutturmprojekten in Großstädten eine Schlechterstellung des Radverkehrs und die Beschleunigung des MIV mittels Separation und für Fußverkehr schwer überwindbare Verkehrsadern…

        „Für einen attraktiven Radverkehr ist ein Radverkehrsbudget von mindestens 30 Euro pro Einwohner und Jahr notwendig“ beschreibt wohl mit dieser Untergrenze den Zeithorizont, indem das umgesetzt werden soll. Vergleichsweise werden im Bereich meiner Stadt knapp 7.000 € pro Einwohner für die Instandsetzung und Erweiterung MIV-Ortsumgehung ausgegeben…

        • Norbert Paul sagt:

          Der ADFC tut nicht so, sondern es ist für ihn offensichtlich, dass die Abschaffung der Radwegebenutzungspflicht in den konkreten Situationen vor Ort hat das Verhalten der Radfahrenden kaum bis gar nicht verändert. Immer noch fährt auch auf den nicht benutzungspflichtigen Radwegen der weit überwiegende Teil der Menschen.

          Dann spricht doch nichts gegen die Wiedereinführung einer allgemeinen Benutzungspflicht. Sie würde nur die Konflikte erhöhen. Die Radwegbevorzuger würden sich bedrängt fühlen durch die Ex-Fahrbahnradler, die Fahrbahnradlerinnnen würden sich durch die Radwegbevorzugerinnen ausgebremst fühlen. Mein Gefühl vermutet, dass sich eher die Radwegbevorzuger*innen zurückziehen und auf’s Auto umsteigen, sodass am Ende die die Infrastruktur nutzen müssen, die sie nicht wollten, während die, die sie wollten nun mit dem Auto auf der Fahrbahn fahren.

          Soll der ADFC das ignorieren, dass diese Menschen bei den Schrottradwegen aus der Vergangenheit gefährdet werden?

          Die Anforderungen an Radinfrastruktur sind aus juristischer Sicht und fachplanerischer Sicht unabhängig von der Frage der Benutzungspflicht. Die Durchschnittskommune lässt die Radwege unabhängig von der Benutzungspflicht verrotten, zuparken und zustellen. Die Hoffnung, dass eine allg. Benutzungspflicht die Qualität verbessert ist völlig absurd. Eher besteht die Gefahr, dass man sich zurücklehnt, weil keiner die Benutzungspflicht z. B. durch Klage beseitigen kann.

          Bisher erlebe ich den ADFC als ein Verband, der im Zweifelsfall – Besser als Nichts – alles als Kompromiss akzeptiert.

          Aber alle gleichberechtigten Fahrbahnlösungen hören ab stark befahrenen Tempo-30-Straßen auf.

          Die Anzahl solcher Straßen innerorts könnte in den meisten Städten stark reduziert werden. Wenn man will.

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