Am Dienstag, 27.09.2016, wurden nach langer Baustellen-Zeit endlich die neuen Markierungen auf den Straßen „Trankgasse“ und „am Domhof“ zwischen dem Kölner Dom und dem Kölner HBF aufgebracht.
Doch statt einer versprochenen radfreundlichen Umgebung um das Weltkulturerbe, welches nach Wunsch der Oberbürgermeisterin Henriette Reker sogar eine autofreie Zone werden soll, mussten wir leider feststellen, dass es mal wieder heißt „es lebe das Auto!“. Keine durch den ADFC in der Planungsphase eingebrachten Hinweise, z.B. zur Einhaltung der Schutzstreifen-Regelmaße oder zum sicheren Abbiegen, wurden durch Politik und Verwaltung berücksichtigt!
Bereits während der Baustellenphase erkannte man die Prioritäten: 3x Grün für den Autoverkehr aus 3 Richtungen (= 1:26min), dann 1x Grün für Fußgänger (= 6 Sek). Baken verstellen Schutzstreifen.
Das entzieht sich jeder Logik im Sinne der Förderung des ÖPNV (hier Erreichbarkeit HBF) sowie Rad- und Fußverkehr, welche sich die Stadt im Strategiepapier „Köln Mobil 2025“ selbst auferlegt hat. Wir sind gespannt, wie die neuen Ampeln bald geschaltet werden – wir befürchten keine Besserung.
Die neuen Markierungen setzen nun aber noch einen drauf:
Schutzstreifen
- Es ist eng!
80cm-Schutzstreifen für den Radverkehr. Selbst inkl. der 32cm breiten Abwasserrinne daneben ergeben sich gerade mal 1,12m für die „Sicherheit“ der Radfahrer. Und da sprechen wir noch nicht von Lastenrädern oder Fahrrädern mit (Kinder-)Anhängern, die in die 80cm einfach nicht reinpassen. Der Rat hatte beschlossen, dass 1,50m (inkl. Rinne) unverhältnismäßig zu viel Platz für den Radverkehr sei.
In der 2m-Spur daneben können die Autos (durch die Nähe zum Dom nicht selten große Reisebusse oder Taxen) dann also zügig die Kreuzung passieren… Moment mal – war da nicht ein Mindestabstand beim Überholen von 1,50m? Nunja, wird der Autofahrer denken, die Radfahrer haben ja ihre Spur, dann kann ich ja in meiner Spur überholen. Der Abstand wird nur sehr selten eingehalten.
In unseren Augen wird also ein Konflikt auf der Straße geradezu provoziert – wir hoffen inständig, dass dieser Konflikt nicht mit dem Leben einiger Radfahrer bezahlt werden muss!
Aus Richtung Komödienstraße (Bild 1, Pfeil 1):
- Statt einer Autospur, wie es zwei Jahre lang während der Baustelle ohne Rückstau funktioniert hat, gibt es nun zwei Spuren. Man erinnere sich: 50cm mehr für einen Schutzstreifen war nicht drin!
Die linke Fahrspur führt geradeaus in Richtung Rhein, die rechte Fahrspur kann sowohl in Richtung Rhein als auch in Richtung Alter Markt genutzt werden. Fahrradfahrer – ganz rechts auf dem Schutzstreifen – werden ausnahmslos rechts zum Alten Markt geführt. Die Unterführung Richtung Rhein ist nicht für den Radverkehr gesperrt – trotzdem scheinbar nicht „vorgesehen“.
Falls ein Radfahrer es trotzdem versucht, muss er den Schutzstreifen mitten in der Rechtskurve verlassen, ein Handsignal (nach links?!) abgeben und hoffen, dass rechtsabbiegende Autofahrer dies als „ich will geradeaus“ wahrnehmen. Diese müssen dann warten, den Radfahrer passieren lassen und dann erst ihre Fahrt nach rechts Richtung Alter Markt fortsetzen. Schöne Vorstellung. Auch hier hoffen wir, dass es niemals zu einem Zusammenstoß kommen wird!
Aus Richtung Alter Markt (Pfeil 2):
- Beeindruckend hier sind die Fußgängerüberweg-Markierungen auf der gepflasterten bisher vermeintlichen Fußgänger-Fläche (s. Bild rechts): Wird das womöglich ein freilaufender Rechtsabbieger sein? Ja!
Ca. 80% der Autos (unsere Stichprobe), die aus Richtung Alter Markt kommend an der aktuellen Baustellen-Ampel stehen, biegen rechts in Richtung Rhein ab (Pfeil 3). Diese müssen dafür nun den (aus „städtebaulichen Gründen“ nicht rot eingefärbten) Schutzstreifen überqueren, einen Bordstein hochfahren und auf Fußgänger achten, die aus der Unterführung (Pfeil 2) kommen. Nach ca. 10m erreichen sie den auf der gepflasterten Fläche aufgemalten Fußgängerüberweg, nach weiteren 5m fahren sie dann wieder über einen Bordstein auf die 2-spurige Straße in die Unterführung Richtung Rhein (Pfeil 3) – wo sie dem aus anderen Richtungen kommenden MIV erstmal Vorfahrt gewähren müssen. Für Radfahrer heißt Rechtsabbiegen dann übrigens Auffahren auf einen parallel verlaufenden Bordstein!
Man stelle sich nun nach einer Vorstellung in der Oper nebenan vor: Eine Schlange rechtsabbiegende Autos & Reisebusse, die teilweise auf dem Fußgängerüberweg und aufgrund von Rückstau auf dem Schutzstreifen stehen, sowie viele Menschen, die sich dazwischen zur Fußgängerampel schlängeln. Nein, das wird sicher kein Chaos. Bestimmt nicht.
Vom Rhein kommend (Pfeil 4):
- Hier wurde kein Radweg und ausnahmsweise auch (noch) kein Schutzstreifen aufgemalt. Gut, heißt also: Radfahrer auf die Straße! Da ist zunächst nichts daran auszusetzen. Schaut man sich die Stelle allerdings genauer an: Schwach grün beleuchtete Unterführung, ein bisschen Steigung, 2 Spuren, von denen die eine an der Kreuzung nach links und die andere nach rechts führt. Evtl. benötigt der Radfahrer also einen Spurwechsel mitten in der Unterführung. Kinder, Senioren oder Räder mit Anhänger werden es hier schwer haben, sich gegen den MIV zu behaupten. Vielleicht trifft es eher das Wort „unzumutbar“.
Hinzu kommen hier noch Radfahrer aus der Johannisstraße (Pfeil 5, Durchfahrt für Autofahrer gesperrt), welche ohne Ampel auf die Trankgasse geleitet werden. Diese treffen dann auf den Schutzstreifen überfahrenden MIV. Gefahrenpotential hoch 3!
Wir fassen zusammen:
- Köln mobil 2025, also Reduzierung des MIV auf 33% und Steigerung des Radverkehrs um 50%: So wird das nichts!
- Weniger Unfälle zu Lasten des Nicht-MIV: So wird das nichts!
- Reduzierung der seit Jahren überhöhten Werte zur Luftreinheit im Sinne einer verbesserten Gesundheit aller: So wird das nichts!
Wir fordern daher:
- Kurzfristig: Umwandlung einer Autospur der Trankgasse in eine eigene Radspur, Verbreiterung der Schutzstreifen auf den anderen Straßen. (Überholen der Radfahrer ist aufgrund der Gesamt-Breite ohnehin nicht auf diesen Spuren gestattet – ob mit oder ohne Schutzstreifen!)
- Mittelfristig: Respekt für das Weltkultur-Erbe Kölner Dom! Autofreie Domumgebung und Umverteilung des dadurch freigewordenen Raumes für Radfahrer und Fußgänger. Ein Schritt weiter zur saubereren Luft in der Kölner Innenstadt.
Bis dahin: Passt auf euch auf! Schutzstreifen sind nicht benutzungspflichtig, also fahrt mittig auf der Fahrbahn, um Unfälle durch nicht eingehaltenen Überholabstand (1,50m) zu vermeiden.
Gab es für den Umbau Fördergelder vom Land NRW, evtl. aus dem Fördertopf “Nahmobilität”? Sollte man mal recherchieren, denn dort ist die ERA als Fördervoraussetzung festgeschrieben. Die 80 cm Schutzstreifen sind ein absoluter Witz und einer Stadt die Mitglied in der AGFS ist, völlig unwürdig!
Frau Fuchs freut sich immer über Hinweise für die Befahrung beim nächsten Verlängerungsantrag der Mitgliedschaft. ;-).
Die häufig anzutreffende Begeisterung über die ERA-Regelungen, die gerade im ADFC weit verbreitet ist,konnte ich nie so recht verstehen.
Ich vermute mal, dass der Radstreifen durchaus ERA konform ist?
Natürlich zählt – nach gültiger ERA – sowohl der Rinnstein, als auch der weisse Strich zur Breite dazu. 1,12 + 12cm (Breite der Leitlinie Z.340) sind ja gerade mal 1cm zu wenig, was wohl klar innerhalb von Toleranz liegen dürfte?
Es sind 1,12m inkl. Gosse und je nach stelle ca. 75-80cm ohne. Die ERA schreibt 1,50m vor. Das Mindestmaß der ERA von 1,25m darf nur als Ausnahme, z.B. an Engstellen, verwendet werden.
Und Zuschläge bei Rinnsteinen kommen auch vor in ERA, wenn ich mich nicht täusche
Also die ERA 2010 sagt dazu:
“Ein Schutzstreifen ist in der Regel 1,50 m, mindestens aber 1,25 m breit. Diese Maße sollten vergrößert werden, wenn die nutzbare Breite des Schutzstreifens eingeschränkt ist (z.B. durch nicht gut befahrbare Rinnen o.Ä.).” (ERA 2010 S.23).
Sowohl die befahrbare Rinne, ALS AUCH die 12cm Leitlinie zählen bei den ERA Maßen vollständig mit!
Auf den Fotos sieht das nach meinem flüchtigen Eindruck so aus, als seinen diese Maße zumindest annähernd eingehalten.
Habt ihr das wirklich MIT Leitlinie gemessen? Ansonsten käme das nämlich verdächtig gut hin:
32 cm Rinne
80 cm Asphaltierter Schutzstreifenbereich plus
12 cm ‘Leid’linie, die auch Schutzstreifenbereich ist
= 1,24 m
Ich hab mich da schon öfter getäuscht und beim Nachmessen gestaunt dass so ein untaugliches/lebensgefährliches Konstrukt tatsächlich der ERA entspricht.
Angeblich sollen ja in der nächsten ERA-Fassung die Mindestmaße rausgenommen werden, und die Regelmaße künftig Mindestmaße darstellen, da die Erfahrung gemacht wurde, dass nahezu überall die Behörden das Mindestmaß als Regelmaß genommen haben (ist z.B. in Münster auch genauso gemacht worden).
Nicht falsch verstehen, ich möchte damit keinesfalls diese seltamen Schutzstreifchen schönreden!
Falls die Breite tatsächlich MIT Linie 80cm+32cm Rinne beträgt: klar unzulässig, Verschwendung von Steuergeldern, fachlich falsche Planung ,etc.
Falls aber mit Leitlinie 1,25 m eingehalten werden, dann ist das dummerweise sowohl untauglich, als auch ERA kompatibel.
Mindestmaße sind aber nur für Engstellen gedacht, bei denen nichts anderes möglich ist. Nicht für eine solche Strecke.
Vor allem ist gemäß ERA eine Kombination von Mindestmaßen nicht zulässig. Oben im Beitrag steht, dass die benachbarten PKW Spuren nur 2 m breit sein sollen. Dies wäre dann in jedem Fall ein Verstoss gegen die ERA.
Ansonsten müsste man auf der Straße ein LKW-Fahrverbot einrichte um die Sache noch einigermaßen heilen zu können.
Aufgrund der Bebauung und der notwendigen Parkplätze aufgrund des vorauseilenden Gehorsams (“Parkdruck”) entsteht im ganzen Stadtgebiet eine Engstelle … *g*
Gerücht oder gibt es solide Quellen dafür?
Gerücht mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit.
Dann entsprechen > 90% der SS in DO nicht mehr den Richtlinien. Das wird eine schöne Pressemitteilung und eine Blamage der Politik, die diese nicht interessiert. Aber die unorganisierten Radfahrer*innen melden sich immer häufiger zu Wort mit Leserbriefen z. B. …
Nur einem Radfahrstreifen (= Sonderweg) wird die (0,25 m Breitstrich-)Markierung dieses Sonderweges voll zugerechnet.
Ein Schutzstreifen ist kein Sonderweg, sondern Teil der Fahrbahn, weswegen die (0,12 m Schmalstrich-)Markierung der Leitlinie insgesamt zur Fahrbahn gehört und je hälftig den Fahrbahnteilen (Kernfahrbahn, Schutzstreifen) zugerechnet wird.
Mit 0,32 m + 0,8 m + 0,06 m = 1,18 m unterschreitet der Kölner Schutzstreifen das ERA-Mindestmaß. Abgesehen davon empfehlen die ERA ausdrücklich nicht die Kombination von Mindestmaßen für Schutzstreifen und Kernfahrbahn.
Pardon: Ist in den 0,8 m die Leitlinie ganz, hälftig oder gar nicht enthalten?
Interessant. Mir ist das so noch nie untergekommen Ich hörte und las bislang immer, dass Z.340 vollständig dem Schutzstreifen zugeschlagen wird/werden muss.
Auch in der Praxis ist das zu beobachten und bestätigt sich beim Nachmessen.
Wo ist die info her? Gibt es irgendwo Quellen dafür?
ERA 2010, Abschnitt 3.2 und Bild 8:
Die Lage der Markierung (Schmalstrich) ist mittig zwischen den Verkehrsflächen (Kernfahrbahn, Schutzstreifen).
Es wird Zeit, dass das endlich mal einheitlich und verbindlich geregelt wird.
Die Regelung ergibt sich schon heute daraus, dass der Schutzstreifen Teil der Fahrbahn ist, und zur Klarstellung steht es noch einmal in den ERA. Dass sich Behörden oder auch Baufirmen nicht daran halten, lässt sich wohl auch durch eine weitere Regelung kaum vermeiden – und vor allem: ein schlechter Schutzstreifen wird nicht dadurch gut, dass er 6 cm breiter wird.
Täusche ich mich, oder wurde die Planung dem Bürger anders verkauft? Besonders diese Grafik zeigt doch eine ganz andere Darstellung…
wir befürchten keine Besserung
Der ist gut ;-)
“Keine durch den ADFC in der Planungsphase eingebrachten Hinweise, z.B. zur Einhaltung der Schutzstreifen-Regelmaße oder zum sicheren Abbiegen, wurden durch Politik und Verwaltung berücksichtigt!”
Statt einer Autospur, wie es zwei Jahre lang während der Baustelle ohne Rückstau funktioniert hat, gibt es nun zwei Spuren. Man erinnere sich: 50cm mehr für einen Schutzstreifen war nicht drin!
Das Schlimme sind die falschen Prioritäten und wenn der gute Wille fehlt. Da können auch keine in NRW verbindlichen Empfehlungen etwas ausrichten. Jede Kommune kann sich davon freikaufen. Habt ihr wenigstens einen Fachausschuss Radverkehr als Unterausschuss des Planungsausschusses, der die Anträge der Parteien vorfertigt? Welcher Verband wirkt wohl daran mit, sämtliche Normen zur erleichterten Errichtung von Radverkehrsanlagen aufzuweichen? Keine Prüfung, keine Mindestmaße, Gefahrenlage egal bzb. keine erhöhten Sicherheitsanforderungen sprich Gleichstellung mit Fahrbahnbenutzung, Klagegrund aufgehoben, demnächst ohne Zwang der Behauptung einer Gefährdung separiert… Klagegrund aufgehoben. Ob hier benutzungspfl. Regellösungen am Flächen-GEIZ der Kfz-Lobby etwas ändern? Wahrscheinlich würde dann unter zukünftigen Voraussetzungen die Unterführung auch noch dicht gemacht oder als Einbahnstraße geführt?
Die linke Fahrspur führt geradeaus in Richtung Rhein, die rechte Fahrspur kann sowohl in Richtung Rhein als auch in Richtung Alter Markt genutzt werden. Fahrradfahrer – ganz rechts auf dem Schutzstreifen – werden ausnahmslos rechts zum Alten Markt geführt. Die Unterführung Richtung Rhein ist nicht für den Radverkehr gesperrt – trotzdem scheinbar nicht „vorgesehen“
Macht’s doch mal so:
Die rechte Fahrspur führt geradeaus in Richtung Rhein, die linke Fahrspur kann zum Rechtsabbiegen in Richtung Alter Markt genutzt werden. Der Schutzstreifen wird in politischer Wunschfarbe samt der rechten Spur eingefärbt und zusammengeführt. In der Unterführung Richtung Rhein endet die linke Spur mit einem Reißverschluss von links nach rechts.
Vom Rhein kommend wird man laut Beschilderung noch auf den Bürgersteig gezwungen (Pfeil 4), oder täusche ich mich da?