Aus meiner persönlichen Sicht ist die Kampagne zum „Volksentscheid Fahrrad“ in Berlin die erfolgreichste zur Förderung des Radverkehrs in Deutschland seit langer Zeit. Ich halte den “Volksentscheid Fahrrad” auch aus Sicht des ADFC für absolut unterstützungswürdig. Daher folge ich dem Aufruf von der Seite www.itstartedwithafight.de und veröffentliche hier den Gastbeitrag der Kampagne “Volksentscheid Fahrrad”.
Berlin dreht sich! Die Kampagne des Volksentscheids Fahrrad (VEF) kann auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Seinen Anfang nahm der VEF bei einer Klausursitzung im November 2015: Aus einem großen Potpourri von Ideen und Wünschen für den Berliner Radverkehr wurden die zehn wichtigsten Ziele der Initiative herausgearbeitet. Das Ergebnis war ein zeitgemäßes, gerechtes und vor allem machbares Programm für die Umgestaltung Berlins zu einer Fahrradstadt. Kürzlich feierte die Initiative ihren ersten Geburtstag. Nun braucht sie Eure Hilfe in Form von Spenden und Fördermitgliedschaften. Mit Eurer Unterstützung können wir es schaffen, dass sich Berlin in den kommenden Jahren zu einer Fahrradstadt mausert. Und so zu einem Vorbild wird, dem andere Städte in Deutschland nacheifern werden.
Im vergangenen Jahr haben wir schon viel erreicht: Wurde anfangs noch versucht, die Berlinerinnen und Berliner damit abzuspeisen, dass man ja bereits 3,80 € pro Kopf und Jahr für den Radverkehr ausgebe, konnten die Aktiven dieses und andere Argumente entkräften. Sie belegten, dass bislang keinesfalls angemessen in sichere Radverkehrsinfrastruktur investiert wird. Stattdessen legte der VEF das von ihm entwickelte Radverkehrsgesetz vor. Es soll die notwendigen Maßnahmen gesetzlich und mit verbindlichen Umsetzungsfristen festschreiben, damit wir in Berlin sicher und komfortabel Rad fahren können.

Aktion „Bärchen gegen Brummis“ des Volksentscheid Fahrrad, Berlin, 7.12.2016. (Foto: Volksentscheid Fahrrad/Norbert Michalke)
Die Initiative arbeitet ehrenamtlich und auf hochprofessionellem Niveau. Wie nahe der Volksentscheid an den Bedürfnissen der Stadt und wie brandaktuell das Thema Fahrrad fahren ist, wurde vergangenen Frühsommer klar: In nur 3 Wochen wurden mehr als 100.000 Unterschriften für den Antrag auf ein Volksbegehren gesammelt – stolze 80.000 mehr als notwendig.
Der Volksentscheid Fahrrad hat die verkehrspolitische Debatte in der Stadt gedreht! Kaum jemand bemüht mehr lauwarme Phrasen wie „Weiter so!“ oder „Ja, da müsste man mal was machen.“ Berlins schnellster und erfolgreichster Volksentscheid hat nicht nur deutlich gemacht, dass in Berlin eine bessere Verkehrspolitik dringend notwendig ist – er zeigt auch, wie ein solcher Wandel möglich ist. Daher wird der VEF von Fahrrad-Initiativen und Verantwortlichen in anderen Städten beobachtet. Wenn es gelingt, wie in der Koalitionsvereinbarung versprochen, bis Frühjahr 2017 ein wirksames Radverkehrsgesetz auf den Weg zu bringen, hat das Signalwirkung weit über Berlin hinaus. Ein erfolgreicher Volksentscheid Fahrrad in Berlin verleiht auch anderen Initiativen für Radverkehr und lebenswerte Städte Rückenwind.
Damit das Radgesetz seinen Namen auch wirklich verdient, dürfen dessen Maßnahmen nicht allein auf die existierenden Radfahrer*innen zugeschnitten sein. Es muss die Verkehrsflächen in der Stadt so umgestalten, dass es die Menschen aufs Fahrrad lockt. Die Berliner*innen müssen überzeugt sein: „Ich komme sicher, komfortabel und schnell an mein Ziel.“ Für eine effektive Umsetzung müssen im Gesetz außerdem konkrete Handlungsfristen festgeschrieben sein.
Die Berliner*innen müssen überzeugt sein: „Ich komme sicher, komfortabel und schnell an mein Ziel.“
Um diese Ziele zu erreichen, muss der Volksentscheid Fahrrad in den kommenden Monaten kompetent und hart mit den politisch Verantwortlichen verhandeln. Diese Verhandlungen mit der neuen Regierung werden voraussichtlich alles andere als einfach. Denn obwohl sich im Wahlkampf zwei der drei Koalitionsparteien hinter den Radentscheid gestellt hatten, fehlt in der Koalitionsvereinbarung das klare Bekenntnis zu ausreichenden Mindeststandards und verbindlichen Umsetzungszeiträumen.
Die Initiative muss sich professionalisieren, um die Verhandlungen erfolgreich führen zu können. Das Team benötigt 100.000 Euro für drei bezahlte Stellen, Druckkosten und Materialien. 100.000 Euro für ein Berliner Radgesetz mit Vorbildwirkung für andere Städte.
Wir fahren jeden letzten Freitag im Monat als Critical Mass durch die Stadt: „Wir behindern nicht den Verkehr. Wir SIND der Verkehr!“ Fahrradverkehr muss auch im Alltag seinen angemessenen Platz erhalten. Dazu müssen eine Infrastruktur und ein Klima auf den Straßen geschaffen werden, welches allen die Wahlfreiheit der Fortbewegung ermöglicht. Ein Klima, das Menschen aus dem Auto aufs Fahrrad lockt.
Genau wie wir als Critical Mass den Straßenraum am letzten Freitag im Monat umverteilen, so müssen wir gemeinsam als kritische Masse dafür sorgen, dass das RadGesetz verabschiedet wird. Und die kritische Masse seid Ihr!

Initiatoren, Unterstützer und Helfer des Volksentscheid Fahrrad auf der Bühne des Umweltfests, 5.6.16 (Foto: Volksentscheid Fahrrad/Norbert Michalke)
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Norbert, da bin ich ganz bei Dir.
Es mag nicht bis ins kleinste Detail top sein, was im Radgesetz gefordert wird. Dennoch ist diese Kampagne die nachhaltigste, die ich auf diesem Gebiet seit langem gesehen habe. Ich habe die Arbeit der dortigen Aktiven mit einer Spende bedacht.
Naja, ob die nachhaltig ist, wird sich erst noch zeigen. Für eine Beurteilung in der Hinsicht ist es zu früh.
So konkrete Formulierung zur Förderug des Radverkehrs, wie im Koalitionsvertrag in Berlin, sind mir bisher aus keiner anderen Stadt in Deutschland bekannt. Aber du hast Recht – entscheidend ist die Umsetzung der einzelnen Vorhaben. Ich bin mir aber sicher, dass die Unterstützer des Volksentscheides Fahrrad da sehr genau hinschauen werden.
Wie die taz berichtet, könnte es sein, dass der Berliner Gesetzesentwurf eventuell mit Bundesrecht kollidiert, und dann würde die Berliner Senatsverwaltung ein Volksbegehren nicht zulassen. Die Möglichkeit eines Volksbegehrens wäre als politisches Druckmittel allerdings wichtig.
http://www.taz.de/Rechtliche-Pruefung-der-Berliner-Initiative/!5368719/
Die Initiatoren des Volksentscheides Fahrrad wollen anscheinend, gemäß einem heute in der taz erschienen Artikel, gegen die Entscheidung der Berliner Verwaltung unter Herrn Geisel vorgehen:
“Sollte Geisel aber das Gesetz wegen zu großer Bedenken für verfassungswidrig erklären, werde die Initiative dagegen vor dem Landesverfassungsgericht klagen.”
https://www.taz.de/Initiative-Volksentscheid-Fahrrad/!5368906/
Irgendwie klingt das jetzt wie ein bockiges Kind, dass solange aufstampfen will bis die Mutter einsieht, dass Cola gesund ist und müde macht. Ging alles ein bisschen schnell, sodass es mich nicht wundert, dass den Initiatoren das jetzt um die Ohren zu fliegen droht, weil das alles nicht durchdacht genug war. Daran sind sie aber dann ganz alleine schuld.
Ich finde jede Initiative um den Volksentscheid noch präsenter zu machen ist wichtig. Gerade weil diese Aktion deutlich spürbar sein wird – auch weit über berliner Grenzen hinaus. Deshalb: Spread The Word!