Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt macht dieser Tage mit einer beachtenswerten Kampagne gegen Feinstaub von sich reden. Dobrindt konnte LucasFilm für die Aktion gewinnen und durfte sich daher als Darth Vader verkleidet für ablichten lassen. Welch ein persönlicher Einsatz des Ministers, der wegen der kurzfristigen Aufnahmen leider nicht am Nationalen Radverkehrskongress teilnehmen konnte!
Herr Dobrindt möchte mit dieser bewusst leicht überzeichneten Kampagne auf erhöhte Feinstaubwerte in Köln sowie in Berlin, Bonn, Frankfurt, Hamburg und München hinweisen. Dazu wurde eigens ein Plakatmotiv mit Herrn Dobrindt als lebensgroßer Darth Vader gestaltet und den sechs Städten auf fast 500 Werbetafeln, davon etwa 100 in Köln, plakatiert. Besonders begrüßenswert ist, dass selbst der von der Autolobby dominierte Deutsche Verkehrssicherheitsrat die innovative Kampagne unterstützt.
[clearboth]
Während die Filmfigur Darth Vader nur mithilfe ihres Anzugs und Helms atmen kann und so über einen Mechanismus genügend Sauerstoff erhält, ist es in den deutschen Städten zum Glück noch nicht so weit, dass wir vor lauter Feinstaub nicht mehr atmen können. Die Konzentration des Feinstaubs in der Atemluft ist jedoch bereits an vielen Tagen im Jahr deutlich über den Grenzwerten. Daher kommt die Kampagne von Herrn Dobrindt durchaus genau zum richtigen Zeitpunkt.
Zur Unterstützung der Kampagne würde sich das Ministerium über demonstrative Fotos in den Sozialen Medien mit einer Staubmaske sowie den Hastags #KeinFeinstaub #DankHelm freuen.
Als Lösung, um dem Trend zu mehr Feinstaub Einhalt zu gebieten, drängt sich natürlich neben dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) insbesondere das Fahrrad nahezu auf. Das Ziel, in den genannten Städten den Anteil des Autoverkehrs am Modal Split auf unter 25% zu reduzieren, kann jedoch nur durch weitreichende Investitionen in die Infrastruktur erreicht werden. Während heutzutage von den Kommunen pro Bürger nach Abzug der Einnahmen jährlich noch bis zu 250 Euro in den motorisierten Individualverkehr gesteckt werden, investieren Städte wie Köln derzeit nicht einmal 2 Euro pro Einwohner und Jahr in den Radverkehr.
Die Investitionen in den Radverkehr müssen selbstverständlich in zwei Stufen auf das notwendige Niveau angehoben werden. Zunächst sollte das im Nationalen Radverkehrsplan festgelegte minimale jährliche Investitionsvolumen von 8 Euro erreicht, später dann auf 19 Euro pro Einwohner gesteigert werden. Ein Anteil an den vom ADFC Bundesverband geforderten 400 Mio. Euro an Bundesmitteln für den Radverkehr wird im Rahmen der Umwandlung sicher auch für Köln bereitgestellt werden. So können sinnvolle Sofortmaßnahmen schon bis Ende 2016 umgesetzt werden. Hierzu zählen die grüne Welle bei 15 km/h sowie die Einrichtung von vollwertigen Radspuren auf allen derzeit vierspurigen Straßen. Die seit 1997/98 überfällige Aufhebung aller Radwegbenutzungspflichten zählt ebenso zu den vorrangigen Zielen. Nach Auskunft des Fahrradbeauftragten der Stadt Köln entspricht aktuell bis auf eine Ausnahme kein Radweg den Bauvorschriften. Dies unterstreicht neben der Umsetzung der mittlerweile “volljährigen” Gesetzeslage die Dringlichkeit des Vorhabens.
In der Anfangsphase sollten die besten Ideen aus Städten wie Kopenhagen und Groningen übernommen werden. Durch die deutliche Reduzierung des Parkraums und die Schaffung von öffentlichen Flächen kann die Stadt den Menschen zurückgegeben werden. In Köln würde sich beispielsweise mit Ausnahme von dedizierten Durchgangs- und Umgehungsstraßen, wie dem Militärring, ein stadtweites Tempo 30 anbieten. Daher wurde die aktuelle BMVI-Kampagne auch in die Reihe “Runter vom Gas” eingebunden. Innerhalb der Veedel sollten alle Straßen zu Fahrradstraßen umgewandelt werden. Das Verkehrsministerium sollte hier, um einem Schilderwald Einhalt zu bieten, sogenannte Fahrradzonen mit einer Gesetzesinitiative ermöglichen, die das Prinzip einer Fahrradstraße ähnlich wie bei Tempo-30-Zonen flächendeckend umsetzen.
[clearboth]
Wir sind jedoch auch gespannt, was nach der ersten “Copenhagenize” Phase folgt. Sicher wird Köln als Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte in NRW (AGFS) hier die Ideen des Kopenhagener Städteplaners Jan Gehl und des Kölner Masterplans von Albert Speer bis 2025 umsetzen, aber auch die fortschrittlichen Ideen von lokalen Initiativen und Verbänden, wie der Agora, dem REWK, dem VCD und natürlich dem ADFC berücksichtigen. Vielleicht wird man schon bald das Ziel “Null Verkehrstote” erreichen und den Begriff “Colognize” für die Metamorphose in eine am Bedarf der Menschen orientierte Stadt etablieren.
Wir hoffen, wir haben die Saga von Herrn Dobrindt nicht mißverstanden?
Der Begriff “Colognize” steht doch jetzt schon für “Mit System zum Erfolg”, oder?
Da kommt mir spontan Admiral Ackbar in den Sinn:
“It’s a trap”
Okay mehr Radfahrer = weniger Feinstaub. Klar so weit (sofern die Fahrten Autofahrten ersetzen usw.) Aber in welchem Zusammenhang steht nun Feinstaub mit dem Helm, der auf dem Plakat offensichtlich im Vordergrund steht???
Darth Vader kann nur durch den Helm (über-)leben. Ist der Helm also das 1. Glied einer Kette, damit Radfahrer überhaupt (über-)leben können? ‘Es geht weiter Dank Helm’ klingt für mich nach einem Ereignis in der Vergangenheit, bei dem der Helm das Überleben des Trägers ermöglicht hat. Prima Voraussetzungen, um weitere Autofahrer für das Radfahren zu begeistern und Feinstaub zu sparen. In Umfragen für Gründe zum Radfahren ist ‘Umwelt schonen’ ja auch eher auf den unteren Rängen zu finden.
Immerhin hat man wieder einen Aufhänger um in den Medien über die Helmpflicht zu diskutieren. Wenig überraschend, dass dies von der Autolobby unterstützt wird. Nebenbei kann ich mir kaum vorstellen, dass man LucasFilm einfach so dazu gewinnt. Wurde bestimmt noch aus Radverkehrsetat finanziert.
Der Helm schützt vor zu Klumpen gewordenem Feinstaub in der Luft.
Geht es dem BMVI nicht um das im Helm integrierte Atmungsgerät?
Es mag 30 Jahre her sein, aber was genau war bei Darth Vader das Problem?
Zu wenig Helm oder zu viel Todesstern?
Die Gier nach Macht!
Was mich wundert ist, dass alle so auf Gehl abfahren. Liest keiner das Buch so genau, dass die Schwächen auffallen?
P. S.: Den Begriff Veedel habe ich noch nie gehört: http://de.wikipedia.org/wiki/Veedel
Was dem Berliner sein Kiez, ist dem Kölner sein Veedel. In unserm Veedel mitten in der Altstadt ist es teilweise noch wie früher auf dem Dorf. Hier wird zum Beispiel beim Bäcker auch mal ohne Geld und ggf. sogar ohne Anschreiben eingekauft und am Büdchen (Kiosk) ist die Informationszentrale. Jedes Veedel hat seinen ganz eigenen Charakter…
Ich mag Gehls Ansatz, den Menschen in den Vordergrund zu stellen. Ich kenne seine Ideen nur aus seinen Vorträgen und in einigen Fällen aus eigenem Erleben. Wenn ich mir den Times Square heute und vor einigen Jahren ansehe, dann ist das schon ein krasser Unterschied. Ein Besuch in Kopenhagen steht für mich noch aus und seine Bücher habe ich nicht gelesen.
Der Ansatz vom Menschen auszugehen ist auch wirklich plausibel. Aber was dann in seinem aktuellem Buch kommt, ist eine Theorie der (Groß-)stadt-Innenstädte. Aber was machen wir mit dem Rest der Städte und den Dörfern? Alles abreißen und verdichtete Innenstädte bauen? z. b. um diese zentrale Frage macht er einen großen Bogen in seinem aktuellem Buch. Aber das ist in der Stadtplanung sicherlich nichts ungewöhnliches. Nicht ohne Grund heißt die Stadtplanung Stadtplanung und nicht Siedlungsplanung oder Stadt- und Dorfplanung.
OK, er beschäftigt sich nur mit Großstädten, da hast Du wohl recht. Damit trifft er halt sehr gut die Themen, die mich als Kölner interessieren.
Aber auch Köln dürfte hauptsächlich aus Gebieten bestehen, die nie genug Fußverkehr für belebte Fußgängerzonen haben. Und wenn man das Buch lies, fällt einem auch noch anderes auf. Z. B., das er nie thematisiert, wo die Grenzen seiner Überlegungen sind, auch Kausalität und Korrellation sind bei ihm das Gleiche (glaub, beide Begriffe verwendet er nicht, aber er argumentiert mir Korrelationen). Dann will er z. B. Radfahrer vor Autos durch parkende Autos schützen. Naja, wir stellen gerade in D. fest, dass die Autofahrer dann die Radfahrer aus ihrer Wahrnehmung verdrängen und es zu Unfällen kommt. Der Aspekt müsste z. B. zumindestens erwähnt werden und es müsst erklärt werden, warum man dieses Gegenargument zurück stuft.
Das Verschanzen der Radwege hinter parkenden Autos ohne Sichtbeziehung gefällt mir auch nicht. Zumal wir hier in den meisten Straßen gar nicht den Platz dafür hätten.
Wir haben in Köln schon noch einige Bereiche, in denen man ausschließlich Fuß- und Radverkehr zulassen sollte, wie z.B. Breite Straße / Ehrenstraße oder das Domumfeld.
Aber vielleicht sollte ich das Buch mal lesen. ;-)
Herr Schmidt, schauen sie sich das bitte mal an:
http://www.belegschaftsteam.de/Teaminfo/info415.pdf
Ich kenne das Betriebsgelände nicht, aber mutmaße mal, dass das Problem nicht längere Downhill-Passagen sind, sondern eher das übliche Thema mit unübersichtlichen und großen Fahrzeugen. Das Fehlen von Radwegen gerade auf einem solchen Gelände finde ich sehr begrüßenswert. Gerade bei Unfällen mit Fahrzeugen hilft der Helm m.E. nur sehr wenig. Besser wäre es gewesen, beispielsweise eine Einfahrt mit Fahrzeugen über 3,5t nur mit Beifahrer zu erlauben und eine verpflichtende Sicherheitsunterweisung für die Fahrzeugführer inkl. Spiegeleinstellschulung etc. festzuschreiben.
Wäre es nicht sinnvoller anstatt Syropor-Helmen die üblichen Baustellenhelme vorzuschreiben, wenn es wirkliche Gefahren gibt, die über das hinausgehen, was im normalen Straßenraum üblich ist.
Wenn ich den Text richtig verstehe, ist die Hauptkosequenz der Einführung der Versuch, die dt. Rechtsordnung umzukehren, d. h. dass man die Schuld versucht auf den Betroffenen zu verlagern weg vom Verursacher. Da es kaum ernsthafte Sanktionen gibt, führt die Regelung nur dazu, unbehelmten Radfahrern eine Mitschuld oder die alleinige Schuld zuzuschreiben, wenn etwas passiert. Da nun weniger mit dem Rad fahren, wird das individuelle Risiko des einzelnen Radfahrers steigen.
Ist aber ein Privatgelände, deshalb darf der Arbeitgeber alle dazu verpflichten, einen Helm zu tragen. Richtig erkannt hat Herr Paul, die Schuld wird weiter gegeben, die Unfallursache wird nicht angegangen. Weiterhin wird dadurch den Radfahrern das fahren schlecht gemacht, manche fahren dann eben nicht mehr mit dem Rad.
Die Saga geht weiter:
Jetzt auch auf internationaler Bühne
http://www.copenhagenize.com/2015/05/hacking-german-safety-campaign-with.html
Kaum ist der Schmarrn mit dem Militäthelm vorbei, kommt der nächste. Es sollte wohl nicht die letzte Blamage mit dieser Kampagne sein.
http://runtervomgas.de/aktionen/aktionsfotos/veroeffentlichung-innerstaedtische-plakate/
Das Gas-, Feinstaubgemisch innerhalb von hermetisch und schalldicht abgeriegelten Kfz führt offenbar zu Sinnestäuschungen, wodurch auch die Werbetexte beeinträchtigt worden sein könnten. Radfahrer, die aus verständlichen Gründen im Straßenverkehr einen Gehörschutz tragen, in der Regel wohl keine Einschränkunngen der visuellen Wahrnehmung.