
Unsere 44 Änderungsvorschläge zum Netzplan
Die Stadtverwaltung Köln erarbeitet gerade gemeinsam mit einem Verkehrsplanungsbüro im Auftrag der Bezirksvertretung ein Radverkehrskonzept für den Stadtbezirk Innenstadt/Deutz. Die Bürger sind dazu aufgefordert, das Verfahren mit Vorschlägen aktiv zu begleiten. Der ADFC hat sich gemeinsam mit VCD und REWK als Interessenvertretung der Radfahrer beteiligt. Bei diesem Artikel handelt es sich um den Versuch, unsere Forderungen zusammenzufassen und den derzeitigen Planungsstand zu erläutern.
Forderungen des ADFC zum Radverkehrskonzept Innenstadt
Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens haben wir viele Vorschläge gemacht, um ein gutes Ergebnis für die Kölner Radfahrerinnen und Radfahrer zu erreichen. Unsere Präsentation und unser Informationsmaterial können auf der Website des ADFC Köln heruntergeladen werden. An dieser Stelle fassen wir die Folien zusammen.
[clearboth]
Schaffung von einfachen Standards
Aus unserer Sicht, ist die Schaffung von Standards mit das wichtigste Anliegen. In Köln haben wir derzeit eine Vielzahl unterschiedlicher Umsetzung von Radverkehrsinfrastruktur. Weder Radfahrer noch Autofahrer und nicht einmal die Polizei verstehen, wann wo was erlaubt ist. Daher ist es wichtig, die Geschwindigkeiten und die Verkehrsführung zu vereinheitlichen. Wenn beispielsweise alle Einbahnstraßen freigegeben werden, wird sich auch der Autoverkehr in absehbarer Zeit an diesen Standard gewöhnen. Das übergeordnete Ziel muss sein, dass auch auswärtige Verkehrsteilnehmer immer verstehen, wie sie sich gegenüber dem Radverkehr zu verhalten haben.
Regelgeschwindigkeit 30 km/h
Schwächere Verkehrsteilnehmer, wie Fußgänger und Radfahrer, haben bereits bei einem Aufprall mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h geringe Überlebenschancen. Daher ist eine Reduktion der Regelgeschwindigkeit auf 30 km/h bereits seit Langem eine Kernforderung des ADFC auf Bundesebene. Durch eine entsprechende Gesetzesänderung wurde eine entsprechende Umsetzung in den letzten Wochen deutlich vereinfacht.
Wir setzen uns daher auch für Köln für eine Umsetzung von 30 km/h als Regelgeschwindigkeit ein. Es ist nachgewiesen, dass der Verkehrsfluss des motorisierten Individualverkehrs sich dadurch wenig bis gar nicht verlangsamen wird. Eine Freigabe von Durchgangsstraßen für 50 km/h ist auch für uns akzeptabel, wenn eine entsprechende Radverkehrsinfrastruktur eine sichere Führung des Radverkehrs ermöglicht.
Flächendeckender Einsatz von Fahrradstraßen
Die Deklaration einer Straße als Fahrradstraße erlaubt es Radfahrern in jeder Situation nebeneinander her zu fahren. Autoverkehr wird in der Regel zumindest Anliegern weiterhin erlaubt, aber er ist auf der Straße quasi zu Gast. Die Geschwindigkeit ist auf maximal 30 km/h begrenzt und ggf. situativ auf die Geschwindigkeit des Radverkehrs zu reduzieren.
In den Veedeln sollten Fahrradstraßen überall dort zum Einsatz kommen, wo dies rechtlich möglich ist. Derzeit wird die Ausweisung von Fahrradstraßen von der Stadt Köln nahezu nicht genutzt. Autofahrern sind die Regelungen aufgrund fehlender Kommunikation weitgehend unklar. Erst ein möglichst flächendeckender Einsatz begleitet von Öffentlichkeitsarbeit wird die Fahrradstraße in Köln zum Erfolg bringen.
Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht

Noch unbekannt in Köln: Fahrradstreifen außerhalb der Dooringzone
Die Benutzung von Radwegen ist immer wieder ein emotional diskutiertes Thema, auch innerhalb des ADFC. Viele Radfahrer fühlen sich auf der Straße nicht sicher und bevorzugen die Nutzung von separierten Radwegen. Andere Radfahrer wollen lieber auf der Fahrbahn fahren, um zügiger voran zu kommen. Mit einer Ausnahme entsprechen alle Kölner Radwege nicht den Baurichtlinien und sind zum Beispiel durch Lastenräder oder mit Kinderanhänger nicht nutzbar. Wir setzen uns daher für eine Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht in Köln ein.
Warum fordert der ADFC nicht mehr Radwege? Die derzeitige Umsetzung in Städten wie Köln ist alles andere als vorteilhaft für den Radverkehr. Durch fehlende Sichtbeziehungen und unzureichende Ampelschaltungen ist das Unfallrisiko, insbesondere an Kreuzungen und Einfahrten um einiges höher als bei einer Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn. Außerdem kommt es durch die gemeinsame Führung von Rad- und Fußverkehr zu häufigen, aber vermeidbaren Konflikten zwischen Radfahrern und Fußgängern auf den viel zu engen Wegen.
[clearboth]
Freigabe von Einbahnstraßen

Einbahnstraßen ggf. auch bei notwendiger Reduktion des Parkraums freigegeben werden.
Die Freigabe von Einbahnstraßen für den Radverkehr ist ein sehr erfolgreicher Weg, Radfahrern ein schnelles Vorankommen in der Stadt zu ermöglichen. Nicht jeder Autofahrer kann jedoch mit freigegebenen Einbahnstraßen umgehen. Wir setzen uns daher dafür ein, dass alle Einbahnstraßen freigegeben werden, damit der Gegenverkehr von allen Verkehrsteilnehmern erwartet wird. Von der Stadt wünschen wir uns eine Öffentlichkeitsarbeit, die die Einbahnstraßenfreigabe der Bevölkerung erklärt.
Für die Einbahnstraßenfreigabe kann es sinnvoll sein, Änderungen am Parkraum vorzunehmen. Autos sollten aus unserer Sicht immer an der rechten Seite (aus Auto-Sicht) geparkt werden, um Vorfahrtskonflikte zu reduzieren und die Sichtbarkeit des entgegenkommenden Radverkehrs zu erhöhen. Sofern eine Einbahnstraßenfreigabe nur durch Entfernung von Parkraum durchgeführt werden kann, darf dies kein Hindernis für die Freigabe sein.
[clearboth]
Reduktion des Parkraums
Während in der Innenstadt viele Parkhäuser außerhalb der Weihnachtszeit leer stehen, sind viel zu viele Parkplätze am Straßenrand vorhanden. Große Flächen der Stadt werden durch parkende Autos belegt. Der Platz für parkende Autos übersteigt den Platz, der Fußgängern und Radfahrern zugebilligt wird, um ein Vielfaches. Gleichzeitig wird der Parkplatz entgegen der weitläufigen Meinung in der Bevölkerung viel zu billig angeboten. Die volkwirtschaftlichen Kosten eines Parkplatzes übersteigen die Einnahmen bei weitem.
In erfolgreichen Fahrradstädten war und ist die Reduktion des Parkraums einer der Erfolgsfaktoren. Kopenhagen beispielsweise reduziert seit vielen Jahren den Parkraum jährlich um 3%. Durch die Ausweisung von deutlich mehr Lieferzonen würde darüber hinaus das für den Radverkehr gefährlichen Zweite-Reihe-Parken verhindert werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung ist selbstverständlich eine konsequente Kontrolle durch das Ordnungsamt. Aber auch die Kölner Polizei muss die Behinderung von sicherem Radverkehr durch Falschparker als eigene Aufgabe erkennen.
Schaffung von durchgängigen Achsen
Der Radverkehr in Köln verfügt derzeit nicht über durchgängig befahrbare Achsen. Es ist an der Zeit, endlich eine Nord-Süd-Verbindung in Rheinnähe zu schaffen. Die freigegebene Fußgängerzone am Rheinufer ist dafür nicht geeignet. Eine Umwandlung von jeweils einer Spur pro Fahrtrichtung auf der Rheinuferstraße wäre ein möglicher Weg. Ebenso fehlt eine zentrale Ost-West-Achse vom Deutzer Ortskern bis zum Grüngürtel. Aus unserer Sicht würde sich die Mittelachse von der Deutzer Freiheit über Deutzer Brücke, Heumarkt, Neumarkt und Rudolfplatz hervorragend eignen. Auch hier sollte pro Richtung jeweils eine Autospur durchgehend zu einer Fahrradspur gewandelt werden.
Der Innenstadtring ist zu entschleunigen. Dies sollte eine vorrangige Aufgabe für die Stadtverwaltung werden. Tempo 30 auf der derzeit linken Spur und eine Nutzung des rechten Fahrstreifens als Fahrradspur würden den Radverkehr sicherer machen. Die derzeitige Führung der Radfahrer durch die Ring-Gastronomie darf so nicht weiter bestehen bleiben.
Verbindungen zwischen den Stadtteilen
Der Rhein prägt glücklicherweise das Bild unserer schönen Stadt. Für Radfahrer stellt er allerdings derzeit eine große Barriere dar. Die derzeitige Führung des Radverkehrs über die Kölner Rheinbrücken ist unzureichend und teilweise gefährlich. Der ADFC fordert eine bessere Querung des Rheins für den Radverkehr durch Umwandlung von Fahrspuren, eine Anbindung der Hohenzollernbrücke mit einer Rampe zum Bahnhof und die Umsetzung der im Masterplan geplanten Brücken an beiden Enden der Ringe.
Die angrenzenden Stadtbezirke sind besser anzubinden, um Pendlern einen sicheren Weg zur Arbeit zu ermöglichen. Auch das Einkaufen in der Innenstadt mit dem Fahrrad kann so zum Normalzustand werden. Radschnellwege, die diesen Namen verdienen, müssen eine sichere Anfahrt aus weiter entfernten Stadtteilen und aus Nachbarstädten ermöglichen.
Über diese Punkte hinaus haben die Radverkehrsverbände 44 konkrete Forderungen für die Führung des Radverkehrs gestellt. Bürger haben sich weit über die Erwartungen der Stadt und der Verkehrsplaner hinaus mit eigenen Vorschlägen beteiligt.
Quo vadis, Radverkehrskonzept?
Wo steht das Radverkehrskonzept jetzt? Aktuell wurden im Rahmen eines Gutachtens zunächst verschiedene Nutzungsarten für die Straßen definiert:
- Das gelbe Netz sind die MIV-Vorrang-Straßen. Hier dominiert der Kraftfahrzeugverkehr. Daher wird es hier für uns Fahrradfahrer eine Radverkehrsinfrastruktur geben. Eine Ausnahme bilden lediglich die grau dargestellten Straßen in Deutz, wie zum Beispiel auf der Autostraße B55a (Verlängerung Zoobrücke).
- Das grüne Netz sind die Rad/Fuß-Vorrang-Straßen. Hier wird im Mischverkehr gemeinsam mit den Autos auf der Fahrbahn gefahren. Heute noch nicht vorhandene Straßen im grünen Netz sind in der Grafik gestrichelt dargestellt.
- Alle anderen Straßen gelten als Flächenhaft befahrbares Gebiet. In diesen Anliegerstraßen und Wohnstraßen wird ebenfalls auf der Straße gefahren.
Rund um den Innenstadtbezirk wurden Einfallstore definiert, über die der Radverkehr in den Bezirk rein oder aus der Innenstadt in benachbarte Bezirke raus fahren wird.

Radverkehrsnetzplan Stand 02/2015. Abfotografierte Grafik: Planungsbüro VIA
[clearboth]
Zehn Highlights im derzeitigen Netzplan
Die obige Grafik zeigt bereits, dass viele unserer Ideen in die Planung übernommen wurden. Wir wollen anhand von zehn Beispielen aufzeigen, was wir in der Zukunft erwarten können, wenn der aktuelle Planungsstand umgesetzt wird:
- Die Ringe werden an beiden Enden durch Brücken für Radfahrer und Fußgänger ergänzt. Eine Querung des Rheins ist in Höhe der Bastei/Rheinpark und in Höhe des Ubierrings/Deutzer Hafen möglich.
- Die Hohenzollernbrücke bekommt an der Nordseite an beiden Seiten Rampen. Auf der Domseite wird so eine direkte Erreichbarkeit der Brücke vom Hauptbahnhof über den Breslauer Platz ermöglicht.
- Auf der Deutzer Seite schließt sich an die Rampe eine Überführung der Gleisanlagen bis etwa zu den Köln-Arcaden in Kalk an. So wird eine Erreichbarkeit der Innenstadt aus den rechtsrheinischen Stadtteilen deutlich verbessert.
- Die Südbrücke ist aktuell nur über Treppenhäuser erreichbar. Hier soll am Ende des Deutzer Hafens eine Rampe in Richtung Poller Kirchweg geschaffen werden.
- Auf der Innenstadtseite schließt sich an die geplante Südbrückenrampe ein parallel zu den Bahngleisen führender Weg bis zum Höninger Weg an, der eine optimale Erreichbarkeit der Innenstadt, Sülz, Lindenthal und insbesondere der Universität sicherstellen soll.
- Der Grüngürtel wird nach den Planungen durchgängig befahrbar sein. Hierzu wird unter anderem eine Querung der Aachener Straße etwa auf Höhe des Museums für Ostasiatische Kunst eingeplant.
- Die wichtige Mittelachse zur Ost-West-Verbindung zwischen Rudolfplatz und Deutzer Brücke wird am Neumarkt an dessen Südseite geführt. Der Verkehr wird entsprechend primär nicht mehr um den Neumarkt herum geführt.
- Durch die Konzentration des Verkehrs auf der Südseite des Neumarkts wird eine Querung des Platzes für den Radverkehr wird deutlich vereinfacht.
- Die Planung beinhaltet eine Radverkehrsinfrastruktur auf der Rheinuferstraße inkl. Durchfahrt des Rheinufertunnels. Hier muss noch geklärt werden, ob der Radverkehr in einer eigenen Spur pro Fahrtrichtung oder gemeinsam mit dem Kraftfahrzeugverkehr geführt werden soll. Dies erlaubt endlich die seit 22 Jahren (!) geplante, schnelle Nord-Süd-Verbindung.
- Die Nord-Süd-Fahrt wird inklusive aller Tunnel vollständig befahrbar.
Das gelbe Netz und das grüne Netz wirken für uns nach erstem Eindruck schlüssig. Die meisten unserer Forderungen finden wir wieder. Radverkehrsinfrastruktur im gelben Netz kann allerdings von den derzeit in Köln üblichen Radspuren im gefährlichen Türöffnungsbereich der parkenden Autos (Dooring-Zone) bedeuten. Dies wäre der schlimmste anzunehmende Fall. Es kann aber auch die Umwandlung ganzer Fahrspuren in echte Fahrradspuren erfolgen.
Hier liegt es nun an uns allen, zumindest auf den bereits heute vielbefahrenen Achsen, wie der Mittelachse, der Rheinuferstraße oder den Ringen komplette Spuren in der Planung unterzubringen. Sollte die spätere Umsetzung dieser Netzplanung inkl. geeigneter Maßnahmen innerhalb absehbarer Zeiträume erfolgen, wäre das ein deutlicher Schritt nach vorn für den Kölner Radverkehr.
Nächste Schritte
Der nächste Schritt ist nun die Festlegung der konkreten Maßnahmen für die einzelnen Straßen bzw. Straßentypen in den jeweiligen Netzen. Und hier wird es jetzt spannend, denn erst die konkrete Ausgestaltung zeigt, ob das Netz die Situation des Radverkehrs nachhaltig verbessern wird.
In den nächsten Wochen wird es dazu eine weitere Bürgerversammlung geben, in der die Umsetzung dieser Vorschläge in konkrete Maßnahmen besprochen werden soll. Wir würden uns über eine breite Beteiligung der Kölner Radfahrerinnen und Radfahrer freuen.
Um das entstehende Konzept jedoch nicht zum Papiertiger werden zu lassen, ist die eigentlich spannende Frage, nach welchem Zeitplan und mit welchem Budget dieses umgesetzt werden soll. Wenn es die Stadt ernst meint mit dem Radverkehr, dann ist dies sicher nicht allein mit dem vorhandenen Personal zu schaffen. Außerdem müssen für eine Umsetzung Gelder bereitgestellt werden. In einer Stadt, in der für viele Millionen Euro neue Autostraßen geplant werden, kann dies ja immerhin kein Problem zu sein, wenn der Wille da ist.
Sehr interessanter Blog Beitrag!!!
Danke für das Einstellen des Artikels. So was sollte m.E. viel öfter mal öffentlich dargelegt werden, wenn sich in Städten was tut. Vor allen Dingen dann, wenn es noch ‘in der Mache’ ist.
Mich würde sehr interessieren ob während des Planungsprozesses die Reisezeiten des Alltagsverkehs ein Thema waren, und ob diese in Varianten eruiert wurden / werden sollen.
Wurde eine Analyse angestellt, wie sich auf relevanten A zu B Verbindungen die Reisezeiten für den Radvekehr jeweils auf gelber und auf grüner Strecke darstellen (vorher / nachher)?
Wurden dabei vorhandene und zu erstellende Oberflächenqualitäten berücksichtigt (kein Kopfstein, niedrige Rollreibung, etc, …, …)?
Soll (Münsteraner Modell) der Radverkehr eher eine beschleunigte Variante des Fussverkehrs sein (sitzender Fussgänger auf Rädern), oder sollen auch mittlere Distanzen für die Alltagsverkehre erschlossen werden?
Spannend wäre es bei fortschreitender Konkretisierung der Planung zu erfahren, was die gelben Strecken denn an Veränderung bringen.
Pessimistisch kann man das Ganze ja auch so interpretieren, dass der MIV auf den wichtigen Hauptrouten schneller mit höherer Kapazität ohne den störend steigenden Radverkehr abgewickelt werden soll, während die Radfahrenden auf die Nebenstrecken geschobgen werden, wo dann irgendwann mal für bessere Bedingungen gesorgt werden soll, falls die Stadtkasse das hergibt.
Super finde ich in jedem Fall, dass endich die Streckensperrung (Tunnel) ein Ende haben soll.
Wie kam denn das? Hat jemand mit Klage gedroht, oder war das ‘Einsicht’?
Hui, ein Haufen Fragen, von denen ich die wenigsten beantworten kann. Grundsätzlich ist das Radverkehrskonzept zunächst einmal ein Auftrag der Bezirksvertretung Innenstadt/Deutz. Ziel des Konzepts ist, den Radverkehr deutlich zu verbessern, was auch dringend nötig ist, da in Köln in der Nachkriegszeit das Prinzip der autogerechten Stadt besonders intensiv umgesetzt wurde. Gerade in der Innenstadt stoßen wir hier jedoch an Grenzen. Die Verschiebung des Modal Splits in Richtung Umweltverbund ist aufgrund des zu erwartenden Bevölkerungswachstums wahrscheinlich alternativlos, für einen weiteren Ausbau der Autostraßen fehlen sowohl der Platz als auch das Geld.
Reisezeiten im gelben und grünen Netz
Reisezeiten sind m.E. weniger ein Thema seitens der Planer. Man zählt eher den Verkehr und erkennt, dass in vielen Straßen bereits heute der Radverkehr die Mehrheit hat und entsprechend mehr Platz benötigt. Das gelbe und das grüne Netz unterscheiden sich eher von der Priorisierung.
Das gelbe Netz wird Radverkehrsinfrastruktur beinhalten. Von einfach aufgemalten Radspuren beider Arten am Fahrbahnrand über baulich getrennte Radwege bis hin zur vollständigen Umwandlung von Autospuren in Radspuren ist hier alles denkbar. Details werden in den nächsten Wochen festgelegt. Grundsätzlich wird das gelbe Netz daher lt. Planern ein schnelles Vorankommen auch für Radfahrer ermöglichen.
Das grüne Netz ist eher auf Nebenstraßen ausgelegt und wird ohne Infrastruktur für den Radverkehr auskommen. Baulich wird im grünen Netz mutmaßlich wenig bis nichts getan. Wir hoffen hier auf eine weiträumige Auslegung als Fahrradstraßen. Es eignet sich damit eher für das erreichen der nahe gelegenen Ziele.
Oberflächenqualitäten
Oberflächenqualitäten sind meines Wissens noch kein Thema. Konkrete Maßnahmen in den Netzen werden erst noch beschlossen.
Beschleunigte Variante des Fussverkehrs oder mittlere Distanzen für die Alltagsverkehre?
Definitiv beides. Es werden zum Beispiel konkrete Nord-Süd-Verbindungen und Ost-West-Verbindungen diskutiert, um auch zwischen Stadtteilen gut pendeln zu können. Viel Verkehr, auch und insbesondere der Radverkehr, geht hier ja durch den Innenstadtbezirk.
Wir würden und gemeinsam mit REWK wünschen, dass Radexpresswege / Radschnellwege ein deutlich größeres Thema wären, um mittlere Distanzen zu überbrücken, aber das wäre wohl eher ein von diesem lediglich bezirksweiten Konzept unabhängiges Thema.
Veränderung durch gelbe Strecken
Aufgrund der aktuell katastrophalen Radverkehrssituation in Köln, ist es wichtig, schnelle Verbesserungen sowohl im Radverkehrsfluss als auch der gefühlten und tatsächlichen Sicherheit zu erreichen. Oftmals wird das bedeuten, dass ein gelbes Netz aus Sicht der Verwaltung lediglich relativ schmale Radspuren umfassen soll. Hier werden wir wohl um jeden Zentimeter Breite kämpfen müssen.
Derzeit gibt es einige Strecken, die für den Radverkehr entweder nicht erlaubt sind oder von den Radfahrenden nicht als sicher wahrgenommen werden (Rheinuferstraße, Nord-Süd-Fahrt, einige Radialstrecken, Ringe). Hier sind teilweise mit relativ kleinen Veränderungen große Fortschritte zu erzielen.
Der von Dir genannte Tunnel ist noch lange nicht durch. Unter anderem müssen dazu der Autoverkehr auf Platz verzichten, die Geschwindigkeit angepasst werden, und die Entlüftung des Tunnels bei Stau sichergestellt werden. Hier sollten wir den Tag nicht vor dem Abend loben, denn einen politischen Auftrag für die davon abhängige Nord-Süd-Verbindung gibt es bereits seit 22 Jahren.
Die oben genannten Leuchttürme sind allesamt unter Planungsvorbehalt und haben noch lange nicht die notwendigen Mehrheiten im Rat der Stadt Köln. Das Konzept ist ein Auftrag des (fahrradfreundlich regierten) Bezirks. Aber das Geld für eine Umsetzung wird im Rat und Verkehrsausschuss bewilligt.
Interessante Sichtweise!
Hier herrscht Begriffsverwirrung. Auch Radfahrstreifen sind Radwege im Sinne der StVO. Und Gehwege und Sonderwege für Radfahrer – sei es auf der Fahrbahn, sei es gehwegseitig – sind Teil der Straße. Also fahren Radfahrer immer auf der Straße, mit oder ohne Bordsteinradweg, mit oder ohne Radfahrstreifen. Man muss bei den Begriffen schon penibel sein, sonst gibt es Verwirrung und nutzlose Diskussionen.
Das ist mir durchaus klar, aber wollen wir hier im Blog nicht den einfachen Alltagsradler und -autofahrer erreichen?
Aber welche Vereinfachung bringt eine falsche begriffliche Verwendung mit sich?
Und langfristig darf man den Effekt nicht unterschätzen, den Sprache hat, da dies das Verhalten und das Denken beeinflusst.
… außer bei nicht straßenbegleitenden Radwegen und für Radfahrerende freigegebene nicht straßenbegleitende Gehwege, oder? Oder würdest du die auch als Straßen auffassen?
Ich bemerke erst jetzt, dass ich Straße schrieb und Fahrbahn meinte. Das habe ich korrigiert.
was ich ganz wichtig fände: die umsetzung der fahrradstreifen auf der nord-süd-fahrt und den bächen könnte doch gleich mit einer städtebaulichen aufwertung dieser grausamen verkehrsachsen einhergehen – warum nicht grüne mittel- oder seitenstreifen anstreben – auf diese asphaltwüsten einfach nur bunte schutzstreifen pinseln wäre eine vertane chance !!!
Eine Verschönerung dieser Stadtautobahn wäre wirklich angebracht. Ich glaube allerdings, dass wir froh sein müssen, wenn überhaupt Mittel für die Fahrbarkeit der Nord-Süd-Fahrt und die Verskehrssicherheit bereitgestellt werden. Aber es spricht nichts dagegen, dieser Idee im Rahmen eines Bürgerantrags an die Bezirksvertretung Innenstadt nachzugehen. Dies kann über den Bezirksbürgermeister oder über die Fraktion Deiner Wahl erfolgen.
Habe im Netz den Vortrag von Gwiasda als Video auf dem ‘my autohasser blog’gefunden.
Wen’s interessiert:
https://vimeo.com/109675798
Man möge mich korrigieren, aber ich habe den Eindruck, dass das Konzept im wesentlichen darauf beruht auf den wichtigen und umwegarmen Strecken nach wie vor umfassendes Fahrbahn- bzw. Mischverkehrsverbot für den Radverkehr auszusprechen, während auf den grünen Routen im Wesentlichen nichts substanzielles verbessert wird, ausser dass es jetzt marketinggerecht ‘grünes Netz’ genannt wird.
Natürlich lässt sich mit guten Gründen argumentieren, dass Köln (‘Hauptstadt’der Radverkehrsplanungsbüros) so schlecht ist, dass jegliche Veränderung ohnehin nur eine Verbesserung sein kann, aber als Vorbild für andere Städte scheint mir das doch wenig geeignet zu sein, obwohl der Ansatz ja eigentlich was hergeben könnte.
Zwei unterschiedliche Netze, die den unterschiedlichen Bedarfen der unterschiedlichen Radfahrendengruppen gerecht wrden kann. Grob gesagt: die ‘schnellen’, die auch längere Strecken fahren, und die langsamen ‘Fussgänger auf Rädern’ für den Kurzstreckenverkehr.
Mir scheint aber, dass die gelben Routen in Köln überhaupt nicht nach solchen Nutzergruppenorientierten Bedarfen geplant sind.
Wäre es so, dann hätten m.E. Oberfläche, LSA-Optimierung und Rad – Rad – Überholmöglichkeit, u.ä. Priorität auf den gelben Routen erhalten müssen.
Insgesamt drängt sich mir der Eindruck auf, dass hier nicht wirklich zukunftsgerecht geplant wird.
Weder ist eine Reisezeitenoptimierung gerechnet, noch scheinen Kapazitätserhöhungen eingerechnet worden zu sein (wieviel Radverk. ist in der Spitzenstunde sicher abzuwickeln (incl. Überholmögichkeiten).
Ich hoffe allerdings sehr, dass meine Überlegungen fehlerhaft sind und hier widerlegt werden können.
Der Vortrag ist von der zweiten Infoveranstaltung.
Zum gelben Netz: Hier werden wahrscheinlich in Teilen des Netzes nicht nur handtuchbreite Streifen markiert, sondern auch ganze Fahrspuren zu Fahrradspuren gewandelt. Damit wird für denjenigen, der schnell vorankommen wird, ein Angebot gemacht. Nicht überall im gelben Netz, aber in großen Teilen, wird m.E. ein Überholen möglich sein. LSA-Optimierungen sind Teil der Planung.
Zum grünen Netz: Es sind seitens der derzeitigen Planung für Teile des Netzes (Wälle, eine Nord-Süd-Verbindung, diverse Verbindungen) Fahrradstraßen geplant. Hier werden teilweise Parkräume reduziert, teilweise – da hast Du Recht – wird da aber zumindest baulich nichts verändert. Ich bin der Meinung, dass das grüne Netz möglichst weitgehend als Fahrradstraßen ausgelegt werden sollte, damit sich alle Verkehrsteilnehmer an Fahrradstraßen gewöhnen. Durch die Einrichtung von Fahrradstraßen ist ein Nebeneinanderherfahren möglich, die Geschwindigkeit ist definiert, das Auto ist zu Gast. Wir erhoffen uns hier schon ein entspannteres Radeln. Ob sich diese Hoffnung erfüllt, werden wir sehen.
Wir haben den letzten Facharbeitskreis in Facebook mitgetickert. Dort findest Du auch einige Grafiken zu den Planungen. Wir werden das evtl. auch hier nochmal aufbereiten. Alles eine Frage der Zeit.
Grundsätzlich ist es so, dass man für jede Planung auch die entsprechenden politischen Mehrheiten benötigt. Zur Zeit sieht es so aus, dass uns eine deutliche, aber pragmatische Verbesserung lieber ist, als ein perfektes Idealszenario, welches niemals umgesetzt wird.
Der “pragmatische” Ansatz, sich mit dem zufrieden zu geben, was angeblich maximal machbar ist, hat in Dortmund eher Stillstand als Fortschritt produziert.
Keine Angst, wir fordern schon einiges. Nur ein paar Beispiele:
– Derzeit gibt es 50 Fahrradstraßenabschnitte in der Planung, wir hätten gern das komplette grüne Netz als wiedererkennbare Fahrradstraßen.
– Es ist noch nicht überall klar, wo im gelben Netz ganze Autospuren gewandelt werden, wir wollen das überall, wo möglich.
– Es müssen in vielen Straßen noch massiv Parkplätze wegfallen, denn wir haben viel mehr öffentliche Stellplätze als Autos und viel zu enge Straßen.
– Einige Dinge wurden nur “perspektivisch” aufgenommen, die wir zumindest nach Realsierung der Basis als unabdingbar sehen.
– Aber vor allem: Man spricht von einer Planung für 10-20 Jahre für die Kernthemen, wir sehen da eher einen Zeithorizont von 3-5 Jahren.
Ich sehe aber keinen Sinn drin, beispielsweise eine autofreie Innenstadt zu fordern, wenn dies von der Bevölkerung nicht mitgetragen wird. Die Menschen wählen nach wie vor mehrheitlich autofreundliche Parteien. Im Rosenmontagszug erhält der Wagen zum Protest über zu hohe Parkgebühren den größten Zuspruch…
Wie sieht denn ein Szenario aus, dass wir fordern sollten?
Die zentrale Forderungung muss sein, dass sich jeder jederzeit sicher im Straßenraum aufhalten oder bewegen kann. Und unter alle fallen der Mann mit Demenz und die Frau mit Downsydrom genausso wie das spielende Mädchen und der 55jährige im Rollstuhl . Wenn die alle sich sicher bewegen aud aufhalten können, können es fitte 35jährige auch. Wenn das so ist, braucht es keine Reservate für Radfahrer etc. Wer jetzt Radwege innerorts durchsetzt, bewegt sich eher vom Ziel weg als zum Ziel hin.
Du schlägst also auf einer derzeitigen drei- bis vierspurigen 70 km/h Straße einen Mischverkehr oder Shared Space vor?
Ist das so unvorstellbar? Auf der Riehler Straße, zwischen Ebertplatz und Zoobrücke, war das lange Jahre üblich. Probleme mit dem Mischverkehr hatte ich dort keine, dabei bin ich diese Strecke recht oft gefahren, bis sich meine Wohnsituation geändert hat. Erst vor genau 10 Jahren, nämlich im Sommer 2005, wurde der Schrottweg ab Elsa-Brändström-Str. bis zum Zoo benutzungspflichtig und erst deutlich später (genauen Zeitpunkt weiß ich nicht mehr) kam die Beschränkung auf von 70 auf 50 km/h (betrifft ja vor allem den Abschnitt, in dem es noch nie irgendeine Art von Radweg gegeben hat).
Auch ansonsten fällt mir noch mindestens eine weitere Strecke in Köln mit 2 oder 3 Spuren pro Fahrtrichtung, Tempo 60 und ohne Zwangsradweg ein, die ich regelmäßig benutze.
Dass das dennoch nicht jedermanns Sache ist, weiß ich selbst. Das ist aber glaube ich auch nicht der Kern dessen, was in Norberts Aussage steckt.
Für mich ist das nicht unvorstellbar. Aber für die Politik? Für die Mehrheit der Radfahrer?
Aber ist nicht gerade für Kinder, ältere Radfahrer etc. eine dedizierte, breite Fahrspur besser als Mischverkehr?
Wenn es zu viele Reservate gibt, ist man als Kfz-Lenker (auch wenn man selber Rad fährt) irgendwann nicht mehr ausreichend darauf konditioniert, dass man außerhalb der Radverkehrsreservaten jederzeit mit Radfahrern rechnen muss. Innerorts ist meistens auch nicht so viel Verkehr, dass dermaßen viel Flächeninanspruchnahme zu rechtfertigen wäre, der für eine vernünftige Umsetzung des Trennprinzips nötig wäre. Eigene Infrastruktur innerorts nur wenn es so viel Verkehr gibt, dass es eh zwei Spuren braucht je Richtung. Dann kann man eine für den Radverkehr reservieren, bei Radschnellwegen (parallel zur Autobahn (parellel ist nicht räumlich gemeint)) und Sonderfällen wie Bergauf bei Steigungen.
Und wenn es denkbar ist, warum soll die Anzahl der Denkenden dieses Denbbaren nicht steigen? :-)
Jep. Ich fahre auch mal auf Fahrbahnen, wo 50 und mehr gefahren wird. Aber richtig toll ist das nicht. Damit da auch nicht zu Mutigfe fahren können, muss das Tempo des Kfz runter und die Leute müssen die Gewissheit bekommen, dass sie da sicher unterwegs sind. Vermutlich lässt sich ein entsprechendes Verhalten der Kfz-Lenker nur über Bußgelder erreichen.
Gegen eine Regelung, einen gesamten Fahrstreifen dem MIV wegzunehmen und dem Radverkehr zuzuschlagen (und ggf. weiterem nicht oder niedrig motorisiertem Verkehr) hätte ich zunächst einmal nichts einzuwenden. Das wäre ja letztlich so etwas wie ein Radfahrstreifen in (verglichen mit heutigen Maßen) XXL-Breite. Gibt es denn Beispiele dafür aus Deutschland, wo das klappt? Ich sehe da zwei Probleme:
1. Es ist politischer Wille notwendig, dem MIV einen gesamten Fahrstreifen wegzunehmen – dauerhaft und rund um die Uhr. Je nach Aufteilung des Verkehrsaufkommens kann das schon schwierig zu begründen sein – mehrspurige Straßen, die einen ausreichend hohen Radverkehrsanteil haben, der das rechtfertigen könnte, dürften eher selten sein. In Köln käme mir da allenfalls die Deutzer Brücke in den Sinn.
2. Das muss auch durchgesetzt werden. Wenn man ein solches Konstrukt hat, muss es frei von fahrenden wie parkenden Autos/Lieferwagen (Lieferverkehr, Post, Taxis, …) gehalten werden. Das sehe ich zumindest in KÖln als echtes Problem an, wenn ich mir beispielsweise die Kalker Hauptstraße anschaue, in Sichtweite des Polizeipräsidiums, wo es theoretisch eine (nebenbei bemerkt auch für Radfahrer freigegebene) Busspur gibt, de facto dort aber so gut wie immer Autos parken, so dass diese Spur überhaupt nicht benutzt werden kann. Wenn die Nutzung eines solchen Konstrukts also nur auf dem Papier existiert, man in der Praxis aber gar nicht dort fahren kann, bringt es auch nichts. Der politische Wille von (1) müsste also gepaart sein mit dem politischen Willen, das auch per Ordnungsamt durchzusetzen – ein in Köln m.E. völlig illusorisches Unterfangen.
Ich finde den Vorschlag von Dietmar Kettler bedenkenswert, der eine Differenzierung nach Geschwindigkeitniveaus vorschlägt unabhängig vom verwendeten Fahrzeug.
Ich sehe da vor allem Problem 2. Überlegt wird es unter anderem auf der Nord-Süd-Fahrt und im Rheinufertunnel.
Aha? In meiner Erinnerung war zumindest bei der Bürgerversammlung zum Radkehrskonzept Innenstadt doch bei diesen beiden Straßen eher die Rede von einer „Kriechspur“, die sowohl von Kraftfahrzeugen wie auch von Fahrrädern befahren werden darf, das aber nur mit 30 km/h? Also gerade keine reine Radverkehrsführung im Tunnel?
Nein, das verwechselst Du mit den Ringen. Einzig dort ist die Vorstellung der Verwaltung, die rechte Spur auf 30 km/h zu begrenzen und im Mischverkehr zu betreiben, während die linke Spur bei 50 km/h bleibt. Hierzu will die Verwaltung Gelder für ein Pilotprojekt beantragen, da das so bisher noch nicht geht in Städten. Sehe ich aber negativ, weil dort vor allem geparkt werden wird. Voran kommt man da eher nicht.
Die ist in so einer Stadt vermutlich eher zweispurig. Wenn es eine sehr wichtige Straße ist, vielleicht auch eine Spur üfr Radverkehr und eine für Kfz – gleich breit natürlich. Aber dann muss da genug Verkehr sein, um diesen Flächenverbrauch zu rechtfertigen.
Nein, da sind in der Regel mehr als zwei Spuren. Hier ein paar Zahlen zu Spuren und Kfz-Belastung. Konkrete Zahlen zum Radverkehr habe ich nicht. Da kann ich nur meine Einschätzung abgeben.
Auf der Nord-Südfahrt haben wir fast durchgehend 3-4 Spuren:
https://goo.gl/maps/nf5BO
>52 Tsd. Kfz/Tag
MIV fährt 50-70 km/h und hält sich auch halbwegs daran. Mäßige Nutzung durch Radfahrer, weil sich die Meisten hier nicht trauen. Wäre aber eine wichtige Nord-Süd-Verbindung, weil es die einzige Schneise durch die Stadt ist. Derzeit darf man einen getunnelten Teil nicht fahren. Da steht unvermittelt ein VZ 254 und man wird in ein Nebenstraßengewirr umgeleitet, das in geplanter Fahrtrichtung in einer Fußgängerzone endet.
Die Bäche haben derzeit großteils 3 und hier bis zu 4 Spuren:
https://goo.gl/maps/4wPV2
>42 Tsd. Kfz/Tag
Hier sind auch heute schon Radfahrer unterwegs, mein Weg von unserer ADFC-Geschäftsstelle nach Hause. Wenn man hier mal links rüber muss, weil sich da die Straße teilt, hat man derzeit regelmäßige Nahtoderlebnisse. Der MIV sieht sich hier schon gedanklich auf der Autobahn, obwohl die folgende Brücke und darüber hinaus theoretisch 50 km/h ist.
Rheinuferstraße mit 2-5 Spuren:
https://goo.gl/maps/TImlN
>44 Tsd. Kfz/Tag
Hier gibt es einen Zweirichtungsradweg an der Flußseite. Da es hier kaum Querungen gibt, geht das erstaunlicherweise ganz OK. Aber das Kernstück ist hier der verbotene Rheinufertunnel. Hier wird der Radverkehr in einer freigegebene und touristisch hochfrequentierte Fußgängerzone geleitet. Im Tunnel gilt 70 km/h, es wird da aber deutlich schneller gefahren.
Ja und? Das ist jetzt so. Ist aber kein Naturgesetz.
Die Bäche liegen auf meinem täglichen Arbeitsweg und diese Einschätzung kann ich nicht teilen. Ich nehme an, es geht um den Teil, wenn (aus Richtung Barbarossaplatz kommend) der Perlengraben nach rechts abbiegt und man zur Weiterfahrt auf den Bächen nach links hinüber muss. Von den üblichen Bergheimer Golf-Prolls und ähnlichem Gesocks abgesehen, die man leider überall hat, kann ich dort im Mischverkehr keine Probleme feststellen. ZWar ist diese Stelle durchaus eine, an der ich beim Fahrstreifenwechsel tatsächlich fast immer Handzeichen gebe, weil ich es dort für angebracht halte, aber “Nahtoderfahrungen” gehören dort nun wirklich nicht zu meinen Erlebnissen.
Deutlich problematischer finde ich den Rest der Bäche, der schon seit einer Weile Schutz- oder Radfahrstreifen (merkwürdiges Konstrukt ohne Zeichen 237) trägt. Zum Beispiel der trichterförmige Streifen, der an der Einmündung mit dem Filzengraben so schmal wird, dass noch nicht einmal das zusammengestauchte Fahrradpiktogramm vollständig darauf passt. Was das für die Befahrbarkeit mit dem Fahrrad bedeutet, kann sich jeder denken. Oder die seitlichen Parkplätze neben dem Radfahrstreifen, die so schmal sind, dass ein Smart wohl das einzige Auto ist, dass dort nicht regelmäßig in den Sicherheitsraum zwischen Parkplatz und Radfahrstreifen hineinragt. Oder die jüngste Schikane in dem Bereich des neu gebauten “Motel One”, zwischen der verlängerten Nord-SÜd-Fahrt und Waidmarkt, wo man Bushaltestelle, Schutzstreifen, Aufstellfläche an der Ampel und Tiefgaragen-Ein-/Ausfahrt in maximal schlechter Weise kombiniert hat.
Ich gebe auch Handzeichen etc. Vielleicht ist Nahtoderfahrung zu hoch gegriffen, aber mal ein Beispiel: Letzte Woche bin ich aus dem Kleinen Griechenmarkt mit dem ADFC Lastenrad links abgebogen und gleich links eingeordnet für den direkt folgenden Spurwechsel. Ein auch aus derselben Straße kommender Wagen überholt mich mit aufheulendem Motor halb in meiner Spur rechts mit sehr geringem Abstand. Ich hatte den Fehler gemacht, als Linksabbieger dem Gegenverkehr die Vorfahrt zu gewähren. Dafür musste man mich natürlich abstrafen. Um Geschwindigkeit ging es nicht, denn wenige Meter später durfte er sich an der Ampel Richtung Severinbrücke hinten an eine bereits vorhandene Autoschlange anstellen. Warum das? Wollen wir das Menschen von 8 bis 80 zumuten?
Die Radfahrstreifen, die Du beschreibst, hat ja sogar der Fahrradbeauftragte zwei Tage nach der letzten Bürgerversammlung aus allen Websites und Prospekten entfernt. ;-) Ich sehe die Streifen allerdings in Gegenrichtung noch enger und problematischer. Dort handelt es sich um eine reine Dooring-Zone-Markierung.
Das Beispiel für Fehlverhalten von Kfz-Insassen sehe ich nicht als Spezifikum der Bäche oder sonstiger mehrspuriger Straßen, sondern es fällt für mich in die genannte Kategorie „Bergheimer Golf-Prolls & Co.“. Begegnungen dieser Art habe ich auch hin und wieder. Nach meiner nicht-repräsentativen Erhebung hat man mit solchen Spinnern weniger zu tun, wenn man zu den üblichen „Pendlerzeiten“ (zwischen 7:30 bis 9 Uhr und ca. 16:30 bis 17:30 Uhr) unterwegs ist. Einen gewissen Prozentsatz von denen hat man leider immer, dagegen hilft aber auch keine noch so ausgeklügelte Radverkehrsanlage, sondern, wenn überhaupt, ein Einschreiten der Polizei (Stichwort Raser-Szene am Tanzbrunnen).
Sorry, aber ich bin in der Regel eher außerhalb der Pendlerzeiten unterwegs, vielleicht liegt unsere komplett unterschiedliche Wahrnehmung da dran. Ich muss echt nachdenken, wann ich zuletzt auf den Bächen *nicht* geschnitten wurde. Den Arbeitskollegen geht es ähnlich.
Von der Idee her finde ich das auch bestechend gut und würde nur zu gerne sehen, ob sich das in der Praxis bewährt. Das Problem hierbei sehe ich darin, dass das wohl ohne eine grundlegende Änderung der Straßenverkehrsordnung nicht eingeführt werden kann. Ein XXL-Radfahrstreifen hingegen macht da von den rechtlichen Aspekten her weniger Ärger.
Klar, das würde eine neue StVO nötig machen. Aber in Zeiten, in den in immer kürzeren Abständen neue Fahrzeugetypen entstehen, wird man eine Änderung brauchen.