Seit vielen Jahren haben Radfahrende am Kölner Altstadt-Ufer ein Problem. Bis zum Bau des Rheinufertunnels Anfang der 1980er Jahre gab es dort einen Zweirichtungsradweg, für den kein Ersatz geplant wurde. Der Tunnel wurde für den Radverkehr gesperrt, und die neu geschaffene Rheinpromenade als Fußgängerzone an der Oberfläche für den Radverkehr geöffnet. Der Zustand dort ist weder für Fußgänger noch für Radfahrer akzeptabel – insbesondere an Wochenenden und bei Märkten kommt es dort zu Konflikten. Für zügiges Pendeln mit dem Rad eignet sich der Abschnitt aber auch an allen anderen Tagen nicht.
Im Gutachten zum Radverkehrskonzept Innenstadt aus dem Jahr 2016 wird der Abschnitt zwischen Deutzer Brücke und Hohenzollernbrücke folgerichtig bezeichnet als „entscheidende Netzlücke, die nicht nur den touristischen Radverkehr beeinträchtigt, sondern besonders für den Alltagsradverkehr ein tägliches Problem darstellt.“
Keine Besserung in Sicht
Im Beschluss des Verkehrsausschusses zum Radverkehrskonzept Innenstadt gehört das Rheinufer zu den „Big Five“-Schwerpunktmaßnahmen. Als Lösung war angedacht, den Rheinufertunnel im Rahmen einer Sanierung so auszurüsten, dass er (wieder) für den Radverkehr geöffnet werden kann. Kurzfristig sollte die Rheinpromenade auf nicht näher beschriebene Art und Weise „optimiert“ werden. Man empfahl sogar, dass bis zu einer endgültigen Lösung „Veranstaltungen vermieden“ werden sollten, um den ohnehin knappen Platz nicht weiter zu verengen. Es ist überflüssig zu betonen, dass es nicht zu den besonderen Stärken der Kölnerinnen und Kölner gehört, Veranstaltungen zu vermeiden.
Bis heute hat es keinerlei Verbesserungen für das Dilemma am Rheinufer gegeben. Die Promenade ist immer wieder Gegenstand der Kölner Lokalpresse, zuletzt weil das schadhafter Pflaster zu Überraschung Vieler kurzerhand asphaltiert wurde. Auch die neuesten Maßnahmen der Stadtverwaltung beziehen sich alleine auf gestalterische Details. Es fehlt weiterhin eine Lösung, welche die Qualität der Rheinpromenade erhält und gleichzeitig geeignet ist, den steigenden Radverkehr auf dieser wichtigen Achse sicher abzuwickeln.
Die Vision des ADFC
Der ADFC Köln bringt nun mit der Vision eines Hochradwegs Bewegung in die Diskussion und ruft zudem die grundsätzlichen Möglichkeiten baulicher Führungsformen in Erinnerung. Während in Köln und vielen anderen Städten Radverkehrsinfrastruktur mittlerweile vornehmlich alleine durch „Farbe“ entsteht, also durch neue Markierungen auf der Fahrbahn, sind andernorts bemerkenswerte Bauwerke entstanden, wie beispielsweise der “Lightpath” in Auckland/Neuseeland, der “Bicycle Skyway” in Xiamen/China oder die “Cycleslangen” in Kopenhagen/Dänemark.


Der Architekt Rainer Evertz ist Mitglied der Radverkehrsgruppe des ADFC Köln. Unter dem Arbeitstitel „Skyride“ hat er einen Zweirichtungsradweg konzipiert, der das Rheinufer in Hochlage von südlich der Deutzer bis nördlich der Hohenzollernbrücke überspannt. Rampenbauwerke auf diese beiden Brücken schaffen Verbindungen zu den Ost-West-Achsen. Eine niveaugleiche Querung der Nord-Süd-Fahrt nördlich der Hohenzollernbrücke ermöglicht zudem eine direkte Anbindung zum höher gelegenen Breslauer Platz mit Radstation und Hauptbahnhof.
Der “Skyride” ist fünf Meter breit und besteht aus einer hellen, filigranen Stahlkonstruktion mit zurücknehmenden Geländern und breiten Handläufen mit integrierter Fahrbahnbeleuchtung. Die Konstruktion ruht auf Stahlstützen, welche den Fußgängerbereich und die Platanen auf der Promenade dank großem Stützenabstand und geschickter Wegführung praktisch nicht beeinträchtigen.
Begeisterte Resonanz
Die Vision hat bereits einigen Wirbel erzeugt, auch dank der spektakulären Video-Animationen von Rainer Evertz und der Fotomontagen von Wolfgang Scheible. Einen ersten Blick auf den Hochradweg konnten die Mitglieder des ADFC Köln bei der jährlichen Mitgliederversammlung werfen. Bei der ersten öffentlichen Vorstellung im Kölner Haus der Architektur Anfang diesen Jahres gab es begeisterte Reaktionen. Am 4. Mai berichtete die Kölnische Rundschau umfangreich auf Seite 1 des Lokalteils.
Wir sind uns sicher: Diese Geschichte dieser Vision ist noch nicht zu Ende erzählt.
Links
- Video-Animationen im YouTube-Kanal des ADFC Köln
- Kölnische Rundschau vom 04.05.2019: ADFC präsentiert„Skyride“ – Für Radfahrer soll am Rhein ein separater Weg gebaut werden
- Gutachten zum Radverkehrskonzept Innenstadt
- Beschluss der Verkehrsausschusses der Stadt Köln zum RVK Innenstadt
Videos: Rainer Evertz, ADFC Köln
Fotomontagen: Wolfgang Scheible, ADFC Köln. zusätzliche Bilder eingesetzt von Kzenon/shutterstock.com, ARochau/fotolia.com
Es ist sehr interessant welche Ideenvielfalt sich olötzlich entwickelt (Hovenring, …) wenn steigender Radverkehr EIGENTLICH die Reduktion von Autokapazitäten (Mischnutzung, Umnutzung, etc) sinnvoll machen würde!
https://www.spiegel.de/reise/staedte/london-architekten-stellen-radwege-in-u-bahn-tunnel-vor-a-1018076.html
Auch der niederländische ‘Hovenring’ war ja ein wahres Glanzstück, weil mit dem Projekt “drastische Erhöhung der Leistungsfähigkeit für den Autoverkehr” knallhart durchgezogen wurde und der zu erklimmende Fahrrad-Kreisel obendrüber noch internationale Lorbeeren wegen umweltgerechter Verkehrspolitik einheimsen konnte.
Perverser gehts ja kaum, interessiert aber miemand, stattdessen ‘lets go dutch’.
Das Motto wie eh und je seit Anfang der 30er Jahre:
Hauptsache der geheiligte Autoverkehr erleidet keinerlei Einbußen bei Reisezeit und/oder Kapazität.
Ich persönlich lege Wert auf möglichst wenig Steigung und es gab mal Zeiten, da wollten für den Radverkehr engagierte Menschen Brücken und Unterführung deswegen weg bekommen. Wie kommt man eigentlich zwischen den Rampen auf diesen Weg? Oder wurden die Ziele/Quellen des Radverkehrs dazwischen vergessen.
Zu ergänzen wäre bei den Ausführung von Alfons noch, dass es interessant zu beobachten ist, dass die zur Ablenkung vom Defizit in der Fläche gedachten “Leuchtturm-Projekte” inzwischen von denen entwickelt werden, die damit von dem Defizit in der Fläche abgelenkt werden sollen. Und die interessante Beobachtung ist, dass auch von der “Rad-Lobby” nicht mehr von den Gefahren des Autoverkehrs gesprochen wird, sondern es der Fokus darauf gelegt wird, dass Radfahren gefährlich sei. Mehr Gefallen kann man der Autoverkehrslobby nicht tun.
Lieber Alfons Krückmann,
Lieber Norbert Paul,
vielen Dank für Eure Kommentare. Ich stimme prinzipiell zu: Es darf nicht sein, dass der Radverkehr komische Verrenkungen machen muss, nur damit Kraftfahrzeuge freie Bahn haben.
Im Fall des Kölner Altstadt-Ufers und des vorgeschlagenen Hochradweges geht es aber um die bauliche Lösung eines Dilemmas alleine zwischen Radfahrern und Fußgängern auf einer Promenade. Dieser Hochradweg ermöglicht Radverkehr auf der direkten Achse in einer attraktiven Art und Weise. Die Alternative wäre die Fahrt durch einen Tunnel entlang des Rheinufers – ohne jegliche Abzweigmöglichkeiten zur Altstadt oder auf die Brücken, und ohne Aussicht und frische Luft.
Insofern nochmals Dank für die Kommentare, aber glaubt mir: Unser Vorschlag heiligt weder den Autoverkehr, noch wollen wir damit von irgendetwas ablenken, und wir haben auch keine Ziele/Quellen des Radverkehrs vergessen.
Freundliche Grüße aus Köln!
Christian Hölzel
Aber auf dem Tunneldach ist doch (Grün-)Fläche?
Und diese Fläche sollte man den Spaziergängern, spielenden Kindern und Erholungssuchenden, die dort eine Pause machen möchten um in Ruhe auf den Rhein zu blicken oder sich sonstwie gerne dort aufhalten möchten, wieder wegnehmen? Ich glaube selbst bei den sehr für die Belange des Radverkehrs engagierten Menschen würde es dafür keine Zustimmung geben, von der Gesamtbevölkerung mal abgesehen. Es ist eine schöne, innenstadtnahe Fläche mit Bäumen und Grün, die einfach nicht verkehrlichen Zwecken dienen sollte, auch nicht dem Radverkehr. Zudem bekäme man spätestens im Bereich rund um Hohenzollernbrücke/Philharmonie/Bahnhof und der dortigen wirren unterirdischen Verkehrsführung ohnehin ein Platzproblem.
Ich nehme mal an, ist bekannt. Was spricht dagegen,als ersten Schritt das Verbot im Rheinufertunnel aufzuheben ?
Besonders an Wochenenden,wenn keine LKWs fahren, müsste es möglich sein,den Tunnel für Radfahrer zu öffnen.
Wir freuen uns darüber, dass die Diskussion um eine Lösung des Dilemmas wieder in Gang gekommen ist, auch an dieser Stelle. Die Kölnische Rundschau hat gestern über die ersten Reaktionen berichtet.
Dass es unterschiedliche Standpunkte zu unserer Vision gibt, gehört dazu. Bei aller Kontroverse sehen wir aber eine große Einigkeit darüber, dass es nicht so bleiben kann, wie es ist. Jetzt ist die Stadtverwaltung am Zug: Wie sieht deren Lösung aus? Wann wird sie umgesetzt? Wir würden auch gerne wissen, was die nun schon mehrere Jahre dauernde Prüfung einer (Wieder)öffnung des Rheinufertunnels ergeben hat.
Der Kölner Stadtanzeiger hat die Diskussion aufgegriffen und gestern eine ganze Seite berichtet. Im Vordergrund steht die Frage, warum die Stadtverwaltung nun schon drei Jahre lang prüft, ob der Rheinufertunnel für den Radverkehr geöffnet werden kann.
Da ist man sich wohl nicht so einig hinter den Kulissen …
Ich benutze diesen Weg nicht häufig, bin aber dennoch genervt, wenn ab Hohenzollernbrücke das Chaos beginnt.
Mache mich aber stark dafür, diesen Radweg mit Solartechnik auszustatten, z.B. die Seitenwände, um die Energiewende sichtbar zu machen. Der Vorschlag eine Windanlage zu installieren ist in der Stadt nur unter Schwierigkeiten realisierbar (die Hafenspitze am Schokoladenmuseum oder Niehler Hafen wären ein idealer Sstandort), wenn aber eine WKA dann eine vertikale. Diese Bauform eignet sich für Stadtgebiete eher, auch wenn sie nicht die Wirtschftlichkeit der horizontalen Anlagen erreicht.
Zusammenfassung: ein Radweg mit PV-Anlage als Geländer und alle 100 m ein Windmast mit Vertikalläufer.
Ich finde die Idee der Höhenbahn gut, tatsächlich ist die Steigung bzw die Geschwindigkeit bei der Abfahrt ein Problem, und vor allem sehr überrascht dass die Bahn über die Grünflächen verläuft und nicht am Ufer über den Fußweg. Köln hat schon so wenige grüne attraktive Flächen. Als überzeugter rad-Pendler würde ich diesen Entwurf aus den Gründen dennoch ablehnen.
Der “Skyride” steht zur Abstimmung für den Nationalen Radverkehrsplan auf der Website des Bundesverkehrsministeriums bereit: https://zukunft-radverkehr.bmvi.de/bmvi/de/mapconsultation/52335/single/proposal/1778
Der Ruf der Radfahrer ist nicht der Beste und die Zustimmung für diese Gruppe auch nicht.
Ort Königswinter: Ampel an der Fähre und Absteigepflicht bis zum Eselsdenkmal. Das sind gerade 300 Meter. Rote Ampel kennen ca. 70 % der Radler nicht und absteigen tun nur etwa 30%. Dabei hat Königswinter aufwendig eine Ausweichroute (Radlerstrasse) angelegt.Es kommt immer wieder zu unschönen Auseinandersetzungen mit den Fußgängern. Das muss doch nicht sein. Das der Ruf der Radler schadet ist doch Logisch. Leider haben viele SUV Fahrer das Fahrradfahren für sich entdeckt; könnte man meinen. Bin 70 Jahre und fahre über 35 Jahre Fahrrad; angemessen mit dem City, Trekking oder Rennrad.